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Landkreis Lindau: AfD-Chefin Petry im Allgäu: Beifall, Protest und offene Fragen

Landkreis Lindau

AfD-Chefin Petry im Allgäu: Beifall, Protest und offene Fragen

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    Frauke Petry spricht in Lindenberg im Allgäu vor 300 Menschen.
    Frauke Petry spricht in Lindenberg im Allgäu vor 300 Menschen. Foto: Ralf Lienert

    Wer von Frauke Petry am Samstag in Lindenberg Aussagen erwartet hatte, die für bundesweite Aufregung sorgen, wurde enttäuscht: Die Parteichefin der AfD sprach bei einer Veranstaltung des Kreisverbandes Oberallgäu/Lindau/Kempten viele bekannte Punkte an. Kritik an der Bundesregierung hat man von anderen schon deutlicher gehört, beispielsweise von CSU-Minister Markus Söder, der manchmal so tut, als sei seine Partei in Berlin nicht mit an der Macht.

    Für Lindenberg im Westallgäu war das am Samstag eine besondere Situation: Über 600 Menschen beteiligten sich an zwei Demonstrationen gegen die AfD. Eine war von SPD und Grünen angemeldet, die andere von linken Gruppierungen. So viele Polizisten waren wohl nie zuvor gleichzeitig im Stadtgebiet, um Auseinandersetzungen zu verhindern – mit Erfolg, alles blieb ruhig. Im städtischen Löwen-Saal erwarteten knapp 300 Menschen die AfD-Chefin, hinein kam man nur nach Anmeldung und Ausweiskontrolle. Störer gab es nicht.

    600 Menschen protestierten in Lindenberg gegen Frauke Petry und ihre AfD.
    600 Menschen protestierten in Lindenberg gegen Frauke Petry und ihre AfD. Foto: Ingrid Grohe

    Petry umwarb zunächst die Landwirte, rief auf zur Zusammenarbeit, um deren Probleme zu lösen. Subventionen seien falsche Anreize zu Wachstum und Investition, sagte sie, wollte aber „nicht in die Tiefe gehen, wir müssen das noch ausarbeiten“. Dabei wäre gerade dieser Punkt für die Bauern im Allgäu interessant gewesen, denn im Grundsatzprogramm der AfD werden „marktgerechte Preise von landwirtschaftlichen Produkten“ gefordert. Mit diesem Schlagwort kontern auch Discounter die aktuelle Kritik, sie verramschten die Milch.

    Der Saal war nicht voll, im Publikum saßen viele Menschen im Rentenalter, es waren aber auch Jugendliche unter den Gästen. Den größten Applaus gab es, als Petry den Begriff „Patriotismus“ definierte als „Achtung des anderen, ohne aber dabei die eigene Kultur unterzuordnen“ - das würden viele Politiker anderer Parteien wohl nicht anders sagen.

    Ob die Einwanderung Deutschland wirtschaftlich nützt, bleibt fraglich, so Petry

    Die 41-Jährige ist eine gute Rednerin, sie sprach eine Stunde lang frei, benutzte nur einen Stichwortzettel, um geschickt von Thema zu Thema zu leiten. Sie forderte, Familien mit mehr als zwei Kindern von der Steuerzahlung zu befreien („Familiensplitting“), kam darüber zum Verwaltungsabbau und von dort zum Thema Bildung, wo sie einen „massiven Investitionsstau bei Schulen“ beklagte. Gerade im Allgäu gibt es zwar viele andere Beispiele, aber Petry nutzte dieses Argument, um die Gruppen anzugreifen, die vor dem Saal gegen die AfD pfiffen: Sie seien Beispiele für die Probleme des Bildungssystems.

    Die These, dass die Einwanderung Deutschland wirtschaftlich nütze, sei ebenso wenig belegt wie die, dass der Klimawandel von Menschen verursacht werde. „Wir sind nicht gegen Einwanderung, aber sie muss

    Was darf man nicht sagen?

    Die AfD habe viele Diskussionen angestoßen, „der Meinungskorridor ist wieder größer geworden“, sagte die sächsische Landtagsabgeordnete - ohne zu erklären, was genau man angesichts der grundgesetzlich garantierten Rede- und Meinungsfreiheit vor der AfD nicht sagen durfte.

    Nach der Bundestagswahl 2017 solle die AfD als stärkste Oppositionspartei in den Bundestag einziehen, „2021 regierungsfähig“ ein. Auf die Frage aus dem Publikum, warum sie nicht schon im kommenden Jahr die Regierungsübernahme anstrebe, antwortete Petry: „Wir haben noch keine eigenen Leute in Ministerien und Verwaltungen, es wäre fahrlässig, dann schon Verantwortung anzustreben.“ Man müsse deshalb zunächst „Unterstützung akquirieren“. Im Grundsatzprogramm der Partei liest sich das deutlich anders: Da wird „die Allmacht der Parteien und deren Ausbeutung des Staates“ als demokratiegefährdend angeprangert.

    Wie das zusammenpasst, hätten wir Frauke Petry gern gefragt. Auch, warum die AfD fordert, Parteien dürften sich nicht an Unternehmen beteiligen, aber selbst Gold verkauft, „um in den Genuss der vollständigen staatlichen Teilfinanzierung zu gelangen“, wollten wir wissen und hätten noch viele andere Fragen gehabt. Aber für Antworten hatte Petry leider keine Zeit – ein mehrfach zugesagtes Interview mit unserer Zeitung gab es nicht.

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