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Corona-Krise: Kritik nach Corona-Panne in Bayern: Söders Regierung unter Druck

Corona-Krise

Kritik nach Corona-Panne in Bayern: Söders Regierung unter Druck

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    Die Opposition übt wegen der Panne scharfe Kritik an Ministerpräsident Markus Söder.
    Die Opposition übt wegen der Panne scharfe Kritik an Ministerpräsident Markus Söder. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Es wären so schöne Bilder geworden am Donnerstag an der Nordsee: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Kieler Amtskollege Daniel Günther (CDU) gemeinsam auf Wattwanderung, gemeinsam auf einer Schifffahrt zu Seehundbänken draußen im Meer. Ein großer Medien-Tross hätte den Unions-Politikern viele schöne Fotos, Videos, Texte und auch manche große Schlagzeilen beschert.

    Die großen Schlagzeilen hat Söder nun auch - aber anders: Am Mittwoch holt die Corona-Krise den 53-Jährigen in schnellem Tempo ein und bringt seine Staatsregierung und ihn selbst erstmals seit langer Zeit in schwere Bedrängnis. Söder bleibt nichts anderes, als die Reise an die Küste abzusagen. "Bayern geht vor", schreibt er auf Twitter.

    Die eigentliche Hiobsbotschaft hatte am späten Nachmittag Söders Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) in einer eilends einberufenen Pressekonferenz überbringen müssen: Es gibt eine schwere Panne ausgerechnet bei den Corona-Teststationen an bayerischen Autobahnen, mit denen Söder mal wieder bundesweit vorgeprescht war, um sich als zupackender, vorbildlicher Krisenmanager zu profilieren. "Ein Dienst, den wir für Deutschland machen", sagte er erst am Montag nach einer außerplanmäßigen Videoschalte seines gesamten Kabinetts.

    Test-Panne in Bayern: 44.000 Getestete warten auf ihre Ergebnisse

    Schon zu dem Zeitpunkt existieren Berichte und immer neue Hinweise und Klagen, dass es Probleme mit der Übermittlung von Testergebnissen an Reiserückkehrer gibt. "Die Verzögerungen müssen natürlich reduziert und abgestellt werden", verlangte Söder. Er erklärte die Probleme auch damit, dass Bayern die Tests kostenlos für alle deutschen Rückkehrer anbiete - Zehntausende Abstriche waren da schon genommen.

    Zwei Tage später wird nun aber das ganze dramatische Ausmaß der Panne bekannt: 44.000 Getestete warten noch immer auf ihre Ergebnisse, wie Huml einräumen muss. Und noch viel schlimmer: Darunter sind auch 900 positive Corona-Tests. Heißt also: 900 Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland zurückkehrten, sind corona-infiziert und wissen es nicht. Und könnten theoretisch Tag für Tag Menschen anstecken.

    Huml verweist darauf, dass für Reiserückkehrer aus definierten Risikogebieten eine Quarantänepflicht gilt, bis sie ihr Testergebnis haben. Für Urlauber, die aus anderen Ländern - darunter fast alle EU-Länder - zurückkehren, gibt es eine solche Pflicht aber nicht. Diese Männer, Frauen und Kinder könnten also, wenn sie bis zu ihrem Testergebnis nicht freiwillig zu Hause bleiben, das Virus weiter verbreiten. Und keiner weiß, Stand Mittwochabend, wo in Deutschland sie sich aufhalten. Man weiß nur, dass bei einer Stichprobe zuletzt 40 Prozent der Getesteten an Autobahnen aus dem Freistaat kamen - die übrigen 60 Prozent dagegen irgendwo aus dem restlichen Bundesgebiet.

    Auch Söders Tempo war wohl mitverantwortlich

    Die Panne hat wohl diverse Ursachen. Darunter auch das Tempo, mit denen die Teststationen nach Söders Vorpreschen eingerichtet werden mussten. Zuerst war dies nur mit Unterstützung vieler Ehrenamtlicher möglich - erst in diesen Tagen wurden die Stationen an private Dienstleister übergeben, wie dies bei den Stationen an Flughäfen schon Standard war. Und das Verfahren lief bislang vorwiegend manuell: schriftliche Testanträge, Formulare, eine händische Eingabe von Daten. Es gebe eine "Übermittlungsproblematik", "da gibt es nichts schönzureden", sagt Huml. Sie und der Chef des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf, müssen zudem eingestehen, dass man die Zahl der Tests unterschätzt habe.

    Ungeachtet all dieser Erklärungen und Erklärungsversuche: Für Söder, der vor allem wegen seines bisherigen Corona-Krisenmanagements in Kanzlerkandidaten-Umfragen vorne liegt, sind die Zahlen und Eingeständnisse ein Fiasko. Dass wegen einer bayerischen Panne 900 Infizierte länger als nötig unwissend durch Bayern und den Rest der Republik reisen können, bringt insbesondere Huml, aber auch die gesamte Staatsregierung und Söder selbst in Bedrängnis.

    SPD in Bayern fordert Rücktritt von Gesundheitsministerin Melanie Huml

    Die bayerische Opposition kritisiert die Panne bei den Tests scharf. Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann spricht von "eklatantem Regierungsversagen". "Das ist eine Schocknachricht für Deutschland und kratzt am Nimbus des selbstgefälligen Krisenmanagers Söder." FDP-Fraktionschef Martin Hagen twittert: "Söders Inszenierung als Corona-Musterschüler bekommt zunehmend Risse." Und der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Oppositionsführer Markus Rinderspacher schreibt: "Dieses Versagen erfordert Aufklärung."

    Die bayerische SPD fordert den Rücktritt von Gesundheitsministerin Melanie Huml. Generalsekretär Uli Grötsch sagte am Donnerstag dem Bayerischen Rundfunk: "Frau Huml muss zurücktreten und Herr Söder muss sich erklären."

    Kritik an den Behörden kommt am Donnerstag auch vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), das eine Mitschuld von sich weist. Man habe innerhalb eines Tages fünf Teststationen errichten müssen. "Da das LGL sich nicht in der Lage gesehen hat, in dieser kurzen Zeit eine entsprechende Software zur Verfügung zu stellen, mussten die Reisenden händisch mit Formularen erfasst werden." Es sei bedauerlich, dass der "schweißtreibende Einsatz der Ehrenamtlichen" in ein negatives Licht gerückt werde, sagte ein BRK-Sprecher.

    Söder, der mit dem Krisenmanagement des Gesundheitsministeriums schon länger unzufrieden ist, nennt den "Fehler" bei den Testzentren "sehr, sehr ärgerlich". "Das muss sofort behoben werden und darf nicht mehr passieren. Alle Strukturen sind umgehend zu überprüfen", fordert er.

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußerte sich zurückhaltend dazu. Die Panne sei sehr ärgerlich. "Gleichzeitig ist es so, dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren." Entscheidend sei, dass die Fehler transparent gemacht und schnell behoben werden - und das mache die bayerische Staatsregierung. (dpa)

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