Die bayerische Staatsregierung will künftig Beschäftigte im öffentlichen Dienst besser vor psychischer und physischer Gewalt schützen. "Gewalt ist nie eine Lösung, egal gegen wen. Wir wollen das Thema Gewalt nicht verschweigen", sagte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) am Mittwoch in München.
Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte und auch fast alle anderen Bereiche des öffentlichen Dienstes seien zunehmend von gewalttätigen Übergriffen aller Art betroffen. Zusammen mit dem Vorsitzenden des Bayerischen Beamtenbundes (BBB), Rainer Nachtigall, unterschrieb Füracker deshalb eine Grundsatzerklärung für ein gemeinsam erarbeitetes neues Gewaltschutzprogramm.
Beschäftige im öffentlichen Dienst sollen sich an "Soforthelfer" wenden können
Das Programm setze mit Maßnahmen zur Prävention, Intervention und Nachsorge auf allen Ebenen an. Zu den Neuerungen sollen unter anderem Schulungsmodule für Vorgesetzte, Mitarbeiter und für sogenannte "kollegiale Soforthelfer" gehören, an die sich Betroffene direkt wenden könnten.
Betroffene sollen außerdem künftig ihre Ansprüche gegen Gewalttäter gerichtlich leichter durchsetzen können. "Es soll jeder wissen: Wenn er Gewalt ausübt, wird er auch hinterher selbst an den Pranger gestellt werden", betonte Füracker. So soll der Freistaat auf Wunsch Schmerzensgeldklagen übernehmen, was Betroffene psychisch entlasten könne.
Mit dem Programm, das innerhalb des letzten Jahres von einer Arbeitsgruppe von Finanzministerium, BBB, Innenministerium und weiteren Experten erarbeitet worden sei, reagiere man auf einen klar erkennbaren Trend zu mehr Gewalttaten gegen die Beschäftigten. Insgesamt sei die Zahl der angezeigten Fälle potenzieller Straftaten deutlich gestiegen - bei der Polizei seien es 2019 beispielsweise 7959 Fälle gewesen, 2015 waren es noch 6919, sagte Füracker. "Jeder Fall ist einer zu viel."
Opfer leiden körperlich und psychisch
Der BBB-Vorsitzende Rainer Nachtigall sensibilisierte besonders für die möglichen Folgen psychischer Gewalt. "Die sichtbaren Verletzungen mögen geringer sein, die psychischen Belastungen können aber ein Vielfaches davon betragen und zeigen sich eben nicht so unmittelbar." Beschäftigte würden immer wieder etwa im Internet, aber auch im persönlichen Umfeld Opfer von Anfeindungen oder Drohungen.
Zwar gelte es vor allem, gewalttätige Vorfälle generell zu vermeiden, betonte Nachtigall. Käme es doch dazu, müssten Beschäftigte ausreichend gewappnet sein: "Jeder soll in der Lage sein, Grenzüberschreitungen bestmöglich und ohne Schaden zu nehmen, zu bewältigen." Dabei komme es auf jeden Einzelnen, den Zusammenhalt im Team und das Einfühlungsvermögen der Vorgesetzten an. (dpa)
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