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Krankenversicherung: Gesetzeslücke treibt Frau in den Ruin

Krankenversicherung

Gesetzeslücke treibt Frau in den Ruin

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    Maria Hupfer aus Issing. Bild: Ulrich Wagner
    Maria Hupfer aus Issing. Bild: Ulrich Wagner

    Die Lücke, durch die Maria Hupfer gefallen ist, ist gut versteckt: Im fünften Sozialgesetzbuch, Paragraf 5, Absatz 5a. Seit Anfang des Jahres heißt es dort, dass Hartz-IV-Bezieher, die vor ihrer Arbeitslosigkeit privat krankenversichert waren, nicht wie früher gesetzlich versichert werden können. Die Beiträge für die viel teurere private Krankenversicherung aber kann

    Deshalb geht sie nicht zum Hausarzt, wenn sie krank ist. Sie geht seit Monaten nicht zum Zahnarzt, obwohl sie eine Plombe verloren hat. Und sie lässt sich keine Tabletten verschreiben, die ihr helfen würden, ihre psychischen Probleme in den Griff zu bekommen. Medizinische Versorgung kann die frühere Geschäftsfrau, einst Mitinhaberin zweier kleiner Damenboutiquen in Landsberg am Lech, sich einfach nicht leisten.

    Mehr als zwanzig Jahre lang verkaufte die heute 52-Jährige aus Issing (Kreis Landsberg) gemeinsam mit einer Freundin Hosen an "modebewusste Menschen". Einige der Werbe-Flyer, die damals ihre Ware anpriesen, hat Maria Hupfer bis heute aufgehoben. Die beiden Läden, das "Jeans for you" und der "Schenko", waren ihr ganzer Stolz. Irgendwann aber passierte, was kleinen Läden so oft passiert: Die Kunden kauften weiter Hosen, nur eben nicht mehr dort.

    Auch einen der Flyer, die auf den Räumungsverkauf hinwiesen, hat Maria Hupfer aufbewahrt. Es war der 20. April 2006. Wie lange sie anschließend im Krankenhaus war, weiß sie nicht mehr so genau. "Der Boden unter meinen Füßen war weg", sagt sie. Doch sie erholte sich, wurde entlassen und begann "wieder zu leben". Nur ein paar Monate später starb ihr Freund, "plötzlicher Herzstillstand", sagt sie, er fiel einfach um, auf einem Parkplatz. Und Maria Hupfer brach zusammen, kam wieder in eine Klinik.

    Die private Krankenkasse, bei der sie auch nach ihrer Geschäftsaufgabe war, zahlte damals noch - Maria Hupfer hatte ihre Beiträge weiter überwiesen, lebte seit fast zwei Jahren von ihren Ersparnissen. Doch im März dieses Jahres war auch das letzte Geld aufgebraucht - und Maria Hupfer wurde zum Opfer der Gesundheitsreform.

    918,83 Euro bekommt sie seither monatlich von der Arbeitsagentur, nach Abzug der laufenden Kosten bleiben ihr davon 340,35 Euro zum Leben - 288,77 Euro würde der Beitrag für ihre private Krankenversicherung kosten, die gesetzliche Kasse nimmt sie nicht auf, weil sie zuletzt selbstständig war.

    "Frau Hupfer ist das unschuldige Opfer einer Gesetzeslücke", bestätigt deshalb der Caritasverband Landsberg. Auch der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Goppel hat sich ihres Falls angenommen. "Frau Hupfer gerät mehr und mehr in eine Schuldenfalle, aus der es auf Sicht kein Entkommen gibt", schreibt er in einem Brief an Sozialministerin Christine Haderthauer. Eine Antwort auf sein Schreiben hat er noch nicht bekommen.

    "Schuld ist die Bundesregierung, die haben einfach übersehen, dass sie Leute in den Ruin treiben mit ihrer Gesetzesänderung", ärgert sich Maria Hupfer. Deshalb will sie ihren Fall jetzt vor Gericht sehen - sie hat, glauben Rechtsanwälte, reale Chancen: Erst vor ein paar Wochen hat das Sozialgericht Gelsenkirchen einen ähnlichen Fall behandelt, es hat per Eilbeschluss entschieden, dass das Jobcenter einer arbeitslosen dreifachen Mutter die vollen Beiträge ihrer privaten Krankenkasse erstatten muss.

    Auf solch ein Urteil hofft nun auch Maria Hupfer. Und sie hofft auf mehr. Sie will, sagt sie, dass die Bundesregierung die Lücke im Gesetz schließt. Damit nicht noch mehr Menschen durch Paragraf 5 Absatz 5a des Sozialgesetzbuches fünf fallen - direkt in den Ruin. Karin Seibold

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