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Konzentrationslager: Ermittlungen: 92-Jährige aus dem Chiemgau soll Ex-KZ-Helferin sein

Konzentrationslager

Ermittlungen: 92-Jährige aus dem Chiemgau soll Ex-KZ-Helferin sein

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    Die 92-Jährige aus dem Chiemgau soll während dem Krieg im KZ Stutthof bei Danzig geholfen haben.
    Die 92-Jährige aus dem Chiemgau soll während dem Krieg im KZ Stutthof bei Danzig geholfen haben. Foto: Piotr Wittman, dpa

    Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen eine 92 Jahre alte Frau aus dem Chiemgau als ehemalige Helferin im Konzentrationslager Stutthof. "Es geht um eine Tätigkeit im Bereich des KZs", sagte der Sprecher der Anklagebehörde, Florian Weinzierl, am Mittwoch. Es gehe um den Verdacht der Beihilfe zum Mord.

    Der "Münchner Merkur" hatte zuerst über den Fall berichtet. Demnach soll die Frau Nachrichtenhelferin gewesen sein. Die gebürtige Danzigerin sei als Telefonistin in das bei

    Keine Anhaltspunkte gegen die Frau

    Weinzierl sagte, welche Aufgabe die Frau genau hatte, müsse noch ermittelt werden. "Wir müssen erst mal schauen, was die tatsächliche Tätigkeit war und wie sie ausgestaltet war", sagte Weinzierl.

    Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass die Frau unmittelbar an der Selektion von Gefangenen beteiligt gewesen sei. "Aber das hindert nicht die nähere Prüfung einer strafrechtlichen Relevanz." Die Frau blieb auf freiem Fuß. Es gebe derzeit keinen Haftgrund. 

    Die Ermittlungen seien in einem sehr frühen Stadium und würden voraussichtlich "nicht zeitnah" abgeschlossen. Er rechne aber damit, dass in drei bis vier Monaten eine neue Einschätzung möglich sei, sagte Weinzierl. "Dann kann man vielleicht eine Bewertung vornehmen." Im KZ Stutthof starben mehr als 60 000 Menschen. 

    Die Staatsanwaltschaft München I hat die Ermittlungen gegen die angebliche KZ-Helferin aus dem Chiemgau eröffnet. Welche Rolle sie damals in Stutthof hatte, ist unlar.
    Die Staatsanwaltschaft München I hat die Ermittlungen gegen die angebliche KZ-Helferin aus dem Chiemgau eröffnet. Welche Rolle sie damals in Stutthof hatte, ist unlar. Foto: Jannis Mattar, dpa (Symbolfoto)

    Die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg hatte den Fall nach München abgegeben. "Aus unserer Sicht kann eine Beihilfestrafbarkeit auch für Angehörige des Verwaltungsapparates gegeben sein", sagte der stellvertretende Leiter Thomas Will. Verfahren gegen vier Frauen sowie vier Männer, die im KZ Stutthof beschäftigt waren, seien zuletzt an die zuständigen Anklagebehörden abgegeben worden. 

    Staatsanwaltschaftliche NS-Ermittlungen

    Die Ludwigsburger Juristen, die Vorarbeit für staatsanwaltliche NS-Ermittlungen in ganz Deutschland leisten, hatten sich nach der Verurteilung des Ex-Wachmannes John Demjanjuk 2011 systematisch Verbrechen von Gehilfen in KZs und Vernichtungslagern vorgenommen. Das Landgericht München hatte Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 28 000 Menschen in Sobibor verurteilt, obwohl er nicht direkt an ihrer Tötung mitgewirkt hatte.

    Der frühere KZ-Wachmann John Demjanjuk nach der Urteilsverkündung im Mai 2011. Seit diesem Urteil gehen die Ludwigsburger Juristen gegen Helfer der KZ und Vernichtungslager vor.
    Der frühere KZ-Wachmann John Demjanjuk nach der Urteilsverkündung im Mai 2011. Seit diesem Urteil gehen die Ludwigsburger Juristen gegen Helfer der KZ und Vernichtungslager vor. Foto: Andreas Gebert, dpa (Archivfoto)

    Das - wegen Demjanjuks Tod nie rechtskräftige - Urteil war als neue Wende in der Rechtsprechung gewertet worden. Es folgten Verfahren gegen andere Wachmänner, etwa den 95-jährigen Reinhold Hanning und den gleichaltrigen Oskar Gröning, dessen Verurteilung der BGH bereits bestätigt hat. "Es war ein ausschlaggebender Punkt für die Überprüfungen, und wir sind noch mittendrin", sagte Will. 

    Allein 2016 leitete Ludwigsburg rund 30 neue Vorermittlungsverfahren ein und gab sie überwiegend an die Staatsanwaltschaften ab. Seit dem Jahr 2000 gab es gut 380 Vorermittlungsverfahren. Viele der früheren Nazi-Helfer sind allerdings bereits tot - oder sind nicht verhandlungsfähig, wie eine ehemalige Funkerin aus Auschwitz. Sie war wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 260 000 Juden angeklagt. Doch sie war schon 2016 zu gebrechlich für einen Prozess. dpa/lby

    Lesen Sie mehr dazu: Holocaust in Schwaben: Das waren die KZ-Außenlager in der Region

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