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Kommunalwahl: Viele wollen Landrat von Günzburg werden: Warum ist der Posten so beliebt?

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Viele wollen Landrat von Günzburg werden: Warum ist der Posten so beliebt?

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    Wer wird künftig auf diesem Stuhl sitzen? Momentan gibt es fünf Bewerber – darunter ein Minister und zwei Landtagsabgeordnete.
    Wer wird künftig auf diesem Stuhl sitzen? Momentan gibt es fünf Bewerber – darunter ein Minister und zwei Landtagsabgeordnete. Foto: Bernhard Weizenegger

    Es ist „das schönste Amt der Welt nach dem Papst“. So betitelte Horst Seehofer einst die Position des bayerischen Ministerpräsidenten, die er selbst nicht mehr bekleidet. Ähnliches scheint für den Posten des Günzburger Landrats zu gelten. Fünf Kandidaten bewerben sich bislang zum 15. März 2020 um die Nachfolge von Hubert Hafner (CSU), der aus Altersgründen nicht mehr antritt; darunter ein Minister und zwei Landtagsabgeordnete. Einen begehrteren Landratsstuhl gibt es wohl in ganz Bayern nicht.

    Der Landkreis mit seinen gut 120.000 Einwohnern ist wirtschaftsstark, was er unter anderem seiner günstigen Verkehrslage zwischen Stuttgart und München an der A8 zu verdanken hat. Die Firma Wanzl ist als Hersteller von Einkaufswagen Weltmarktführer. Das mittelständische Unternehmertum ist ausgeprägt. Legoland Deutschland gehört zu den größten touristischen Attraktionen Bayerns. Der Freizeitpark, der seine Saison gerade wieder beendet hat, wirkt wie ein großer Magnet, an dem sich Hotellerie und Gastronomie in der Region aufladen können.

    Landrats-Posten in Günzburg: Es geht um die Erfüllung eines Machtanspruchs

    Das aber sind nicht die Gründe für einen Landratswahlkampf, der intensiv und wohl durch viel Prominenz unterstützt geführt werden wird. Es geht um die Erfüllung des Machtanspruchs, den die selbstbewusste CSU im Kreis Günzburg an sich hat. Ein kommunalpolitischer Dammbruch – und der Verlust des Landratspostens wäre einer – passt da so gar nicht in dieses Bild. Dass die CSU im Landkreis den Landrat stellt, gehört für die Christsozialen gewissermaßen zu den Naturgesetzen. An Nahtstellen wie dem Abschied Hafners muss besonders aufgepasst werden, dass nichts Unvorhergesehenes passiert.

    Lange ist die Kandidatur des bayerischen Bau- und Verkehrsministers Hans Reichhart selbst in seinem Günzburger CSU-Kreisverband wie ein Staatsgeheimnis gehütet worden. Nur ein sehr kleiner Kreis wusste Bescheid über die wachsende Bereitschaft des ehemaligen Landesvorsitzenden der Jungen Union, das Münchner Ministerium gegen die Chance einzutauschen, ab dem Frühjahr 2020 im zweiten Stock des Landratsamtes Platz zu nehmen. Ein Argument für die kommunalpolitische Lösung ist die familiäre Situation. Seine beiden kleinen Kinder sieht Reichhart unter der Woche höchstens in der Früh in Aktion, wenn er mit ihnen spielt, bevor er das Haus verlässt. Nun ist das Amt eines Landrats auch nicht gerade ein Nine-to-five-Job. Doch es macht schon einen Unterschied, ob einer eben mal nach Breitenthal und Winterbach fährt oder nach Bamberg und Würzburg.

    Hans Reichhart hat gute Chancen, Landrat im Kreis Günzburg zu werden

    Reichhart hat zwar gute Chancen, seinen väterlichen Parteifreund Hafner abzulösen. Eine ausgemachte Sache ist das freilich nicht. Einen Tag, nachdem durch unsere Redaktion bekannt geworden war, dass der Bauminister Günzburger Landrat werden möchte, meldete der Landtagsabgeordnete Maximilian Deisenhofer seine Ansprüche für die Grünen an. Der 32-Jährige, der vor dem Einzug ins Parlament vor gut einem Jahr Berufsschullehrer war, ist der jüngste unter den Bewerbern. Der ehemalige Handballer geht mit Elan an die Sache, ist redegewandt und wie Reichhart kommunalpolitisch verankert – etwa als Kreissprecher der Grünen.

    Er dürfte der härteste Konkurrent des 37 Jahre alten CSU-Politikers sein. Die Popularität der Grünen scheint in Bayern ungebrochen. Dem CSU-Kreisvorsitzenden Alfred Sauter, ein gewiefter Strippenzieher hinter den Kulissen, kam der Entschluss Reichharts, als Landratskandidat zur Verfügung zu stehen, gerade recht. Zwar haben auch andere in der Partei den Finger gehoben und hinter den Kulissen ihre Bereitschaft bekundet. Das aber wurde zur Makulatur, als der Minister die Kandidatenbühne betrat.

    Der Weg für Reichhart bis zu diesem Punkt war lang. Zwar hatte der Marktgemeinderat von Jettingen-Scheppach und CSU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag als Listenbewerber den Sprung im Herbst 2018 ins Maximilianeum nicht geschafft. Dennoch wurde er ohne diesen Fraktionsanker von Ministerpräsident Markus Söder befördert – und das zum zweiten Mal innerhalb von acht Monaten: im März 2018 zum Finanzstaatssekretär. Seit November, nach der Landtagswahl, ist er nun Minister für Wohnen, Bau und Verkehr. Aber für wie lange? Söder gilt als machtvoller Chefkontrolleur, der sich immer auch die Frage stellt, was und wer ihm nützt. Der Minister von heute könnte das Ex-Kabinettsmitglied von morgen sein.

    Wie man seine berufliche Lebensaufgabe findet, hat der amtierende Landrat vorgemacht. Nach fast einem Vierteljahrhundert „Regierungszeit“ Hafners wird die CSU alles daran setzen, auch nach 2019 den Ton anzugeben. Aber vielleicht ist im ersten Wahlgang noch gar nichts entschieden.

    Neben Deisenhofer hat auch der AfD-Bezirks- und stellvertretende Landesvorsitzende Gerd Mannes (Leipheim) seinen Hut in den Ring geworfen. Wie der Grünenpolitiker ist der 50-jährige Mannes 2018 in den Landtag gewählt worden. Der Landkreis Günzburg war – die zurückliegenden Wahlergebnisse betrachtet – eine Hochburg der AfD in Bayern. Aus diesem Nektar würde Mannes gerne weiter saugen.

    Außenseiterchancen haben Luise Bader (SPD) aus Offingen, die am Wochenende nominiert wurde, und Rudolf Ristl (Piraten), der für die Linke antreten soll. Erfolgreich bemüht hat sich Reichhart übrigens um die Freien Wähler im Landkreis. Denn auch die haben den CSU-Mann inzwischen zu ihrem Landratskandidaten gekürt.

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