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Kommunalgipfel: Rückendeckung für Corona-Strategie von Merkel und Söder

Kommunalgipfel

Rückendeckung für Corona-Strategie von Merkel und Söder

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    Beim digitalen Gipfeltreffen bayerischer Landräte und Oberbürgermeister mit Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Markus Söder herrschte offenbar gute Laune.
    Beim digitalen Gipfeltreffen bayerischer Landräte und Oberbürgermeister mit Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Markus Söder herrschte offenbar gute Laune. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Markus Söder (CSU) hat ein neues Wort geprägt. Bisher setzte der bayerische Ministerpräsident der Forderung nach einem „Stufenplan“ zur Lockerung der Corona-Regeln ein „Ampel-System“ entgegen, das sich nicht an festen Terminen, sondern an den konkreten Infektionszahlen – also den Inzidenzwerten 100, 50 und 35 – orientiert. Nach der Videoschaltkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 96 bayerischen Oberbürgermeistern und Landräten sprach Söder am Freitag erstmals von einer „intelligenten Öffnungsmatrix“.

    Die Erwartungen an das Treffen waren hoch. Mehrere bayerische Kommunalpolitiker hatten sich im Vorfeld unzufrieden mit der Corona-Strategie von Bund und Land gezeigt und auf die schwierige Lage der Schulkinder, den wachsenden Ärger der Einzelhändler und ungeklärte Fragen der Impfstrategie verwiesen. Ernsthaften Widerspruch für ihren vorsichtigen Lockerungskurs aber ernteten Söder und Merkel offenbar nicht.

    Chronologie der Corona-Pandemie in Deutschland

    Im Januar 2020 ist die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt geworden. Ein Rückblick:

    27. Januar: Erste bestätigte Infektion in Deutschland. Zwei Wochen später ist der Mann aus Bayern wieder gesund.

    25./26. Februar: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen melden erste nachgewiesene Fälle. Weitere Bundesländer folgen, am 10. März hat Sachsen-Anhalt als letztes Land seinen ersten Fall.

    9. März: In NRW gibt es die ersten Todesfälle innerhalb Deutschlands. Die Zahl der Infektionen steigt bundesweit auf mehr als 1000.

    12./13. März: Immer mehr Theater und Konzerthäuser stellen den Spielbetrieb ein. Die Fußball-Bundesliga pausiert.

    16. März: An den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz gibt es Kontrollen und Einreiseverbote. In den meisten Bundesländern sind Schulen und Kitas geschlossen.

    17. März: Mehrere Konzerne kündigen an, ihre Fabriken vorübergehend zu schließen.

    22. März: Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Menschen. Ausgenommen sind Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Cafés, Kneipen, Restaurants, aber auch Friseure zum Beispiel schließen.

    15. April: Auf eine schrittweise Aufnahme des Schulbetriebs ab 4. Mai verständigen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs.

    20. April: Geschäfte unter 800 Quadratmetern Fläche dürfen wieder öffnen. Als erstes Bundesland führt Sachsen die Maskenpflicht für ÖPNV und Einzelhandel ein. Alle anderen ziehen nach.

    22. April: Für Firmen, Arbeitnehmer und Gastronomie werden milliardenschwere Hilfen beschlossen.

    6. Mai: Die Länder bekommen weitgehende Verantwortung für die Lockerung von Beschränkungen - etwa für Hotels, Gastronomie, Fahrschulen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.

    16. Mai: Sachsen-Anhalt registriert als erstes Bundesland seit Ausbruch der Pandemie keine Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Die Fußball-Bundesliga legt wieder los - ohne Fans in den Stadien.

    16. Juni: Im Kampf gegen das Virus geht eine staatliche Warn-App an den Start. Sie soll dabei helfen, Infektionen nachzuverfolgen. 

    29. August: Etwa 40.000 Menschen protestieren in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Demonstranten durchbrechen die Absperrung vor dem Reichstag und stürmen auf die Treppe.

    30. September: Angesichts wieder steigender Infektionszahlen fordert die Kanzlerin zum Durchhalten auf. "Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben", sagt Merkel im Bundestag.

    7./8. Oktober: Die Bundesländer beschließen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Risikogebieten. 

    22. Oktober: Die Zahl der Neuinfektionen binnen eines Tages hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Das Robert Koch-Institut (RKI) macht vor allem private Treffen dafür verantwortlich.

    2. November: Ein Teil-Lockdown mit Einschränkungen bei Kontakten und Freizeitaktivitäten soll die zweite Infektionswelle brechen.

    9. November: Als erste westliche Hersteller veröffentlichen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer vielversprechende Ergebnisse einer für die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs entscheidenden Studie.

    18. November: Unter dem Protest Tausender in Berlin machen Bundestag und Bundesrat den Weg für Änderungen im Infektionsschutzgesetz frei.

    25. November: Die Beschränkungen für persönliche Kontakte werden für weitere Wochen verschärft. Darauf verständigen sich Bund und Länder.

    27. November: Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen in Deutschland hat nach RKI-Daten die Millionenmarke überschritten. 

    2. Dezember: Als erstes Land der Welt erteilt Großbritannien dem Impfstoff von Biontech und Pfizer eine Notfallzulassung und startet seine Impfkampagne wenige Tage später. 

    16. Dezember: Der seit November geltende Teil-Lockdown reicht nicht aus. Der Einzelhandel muss mit wenigen Ausnahmen schließen.

    18. Dezember: Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Infektionen in Deutschland ist erstmals auf mehr als 30.000 gestiegen.

    21. Dezember: Zum Schutz vor einer infektiöseren Virus-Variante dürfen keine Passagierflugzeuge aus Großbritannien mehr in Deutschland landen. Der Corona-Impfstoff von Biontech erhält von Brüssel die bedingte Marktzulassung. Somit können die Impfungen in der EU beginnen. Am 6. Januar wird auch der von Moderna zugelassen.

    24. Dezember: Heiligabend im Zeichen der Pandemie. Familienfeiern sollen klein bleiben, Christmetten wenn überhaupt nur auf Abstand stattfinden. Zudem wird die in Großbritannien aufgetretene Variante des Coronavirus erstmals auch in Deutschland nachgewiesen.

    26. Dezember: Einen Tag vor dem offiziellen Impfstart werden in einem Seniorenzentrum in Sachsen-Anhalt eine 101 Jahre alte Frau und etwa 40 weitere Bewohner geimpft. 

    27. Dezember: In allen Bundesländern beginnen die Impfungen. Zuerst sollen Menschen über 80, Pflegeheimbewohner sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal immunisiert werden.

    1. Januar 2021: Deutschland kommt vergleichsweise ruhig ins neue Jahr. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk war verboten. 

    14. Januar: Das Statistische Bundesamt schätzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent eingebrochen ist.

    15. Januar: Mehr als zwei Millionen Corona-Fälle sind hierzulande bekannt geworden, knapp 45.000 Menschen sind an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektion gestorben.

    19. Januar: Bund und Länder verlängern den Lockdown bis Mitte Februar. Zudem werden die besser schützenden FFP2-Masken oder OP-Masken in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen obligatorisch.

    21. Januar: Mehr als 1,3 Millionen Menschen haben in Deutschland bereits ihre erste Corona-Impfung erhalten, etwa 77.000 auch schon die zweite. (dpa)

    Söder spricht von einer bemerkenswert konstruktiven Konferenz

    Söder sagte nach der gut zweistündigen Konferenz, das Gespräch sei „bemerkenswert konstruktiv und einig“ verlaufen. Es habe, was den Einzelhandel betrifft, „keine einzige Forderung nach überstürzten Öffnungen gegeben“. Kein Oberbürgermeister und kein Landrat stelle „grundsätzlich infrage, was wir tun“, keiner wolle eine dritte Welle riskieren. Jedem Kommunalpolitiker sei die „Gratwanderung zwischen der Sorge um die Mutationen und die Hoffnung auf Veränderung“ sehr bewusst.

    Das, was er „intelligente Öffnungsmatrix“ nennt, ist für Söder ein „flexibles Instrument“, um angemessen auf die weitere Entwicklung in der Pandemie zu reagieren – und zwar in beide Richtungen. Bei „dauerhaft guten Zahlen“ etwa sei bald mehr Präsenzunterricht in Grundschulen sowie eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen auf zwei Haushalte möglich. „Beim Handel ist klar, wenn wir unter 35 kommen werden, muss es Konzepte geben“, sagte Söder mit Blick auf die Konferenz der Ministerpräsidenten am 3. März. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass er kein Risiko eingehen wolle. Mit einem dritten Lockdown innerhalb kürzester Zeit wäre jedes Vertrauen verspielt.

    Die Landräte und Oberbürgermeister tragen diesen Kurs mit. Der Präsident des Landkreistages, der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU), zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Keiner habe Merkel und Söder widersprochen, keiner habe „gefordert, dass sofort wieder alles aufgemacht werden müsse“. Die Runde sei sich einig gewesen, dass, wenn es die Infektionszahlen erlauben, die Schulen bei weiteren Lockerungen oberste Priorität haben. Erst in einem zweiten Schritt sei an den Einzelhandel zu denken. Ähnlich äußerte sich der Dillinger Landrat Leo Schrell (Freie Wähler). Er sprach von einem „sehr guten Gedanken- und Meinungsaustausch“.

    Augsburgs Oberbürgermeisterin Weber weist auf die schwierige Situation von Kindern hin

    Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) wies in der Videokonferenz auf die schwierige Situation von Kindern und Jugendlichen hin. Sie würden besonders unter der Pandemie und deren Folgen leiden. Die Kommunen seien bisher alleine für die Finanzierung der Jugendhilfe verantwortlich, hier müsse Unterstützung von Bund und Land kommen. „Es darf nicht sein, dass die Qualität der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen von der Haushaltslage einer Kommune abhängt“, sagte Weber im Gespräch mit unserer Redaktion.

    Einig war man sich in der Runde darüber, dass man sich um möglichst einheitliche Regelungen bemühen soll. Über schrittweise Schulöffnungen oder Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen könnte nach Ansicht des Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf lokaler Ebene entschieden werden. „Andere denkbare Erleichterungen, wie zum Beispiel im Handel, in Kultur, Gastronomie oder Amateursport machen meines Erachtens nur im Rahmen einer gesamtbayerischen Regelung Sinn“, betonte Reiter. Vorkehrungen gegen „Shopping-Tourismus“ forderten auch die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker und der Memminger Oberbürgermeister Manfred Schilder (beide CSU). Für die Hotellerie und Gastronomie müsse es eine bundesweite, mindestens aber eine bayernweite Öffnungsstrategie geben, „denn sonst haben wir wieder wie im vergangenen Jahr den Ausflugstourismus von Landkreis zu Landkreis und vollgeparkte Straßen und Wiesen“, sagte Landrätin Zinnecker.

    Lesen Sie dazu auch: Wer spielt ein doppeltes Spiel?

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