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Kommentar: Söders Kreuzzug kann noch Erlösung bringen

Kommentar

Söders Kreuzzug kann noch Erlösung bringen

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    Ministerpräsident Markus Söder hat für großen Trubel gesorgt. Die Kreuz-Pflicht wird im Freistaat hitzig debattiert, Kritiker gibt es viele, auch in den eigenen Reihen.
    Ministerpräsident Markus Söder hat für großen Trubel gesorgt. Die Kreuz-Pflicht wird im Freistaat hitzig debattiert, Kritiker gibt es viele, auch in den eigenen Reihen. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Seien wir mal einen Moment ganz gutgläubig und nehmen an, Markus Söder habe mit seinem jüngsten Kreuzgang wirklich nur eine fruchtbare Debatte anstoßen wollen. Indem er ein Symbol unseres Glaubens, unserer Kultur, unserer Region markant ausstellte – um so alle miteinander ins Gespräch zu bringen: Gläubige und Vertreter der Kirchen, aber auch all jene, die dem Kreuz neutral bis ablehnend gegenüberstehen. Söder wäre es also im besten Sinne des Wortes um einen argumentativen

    Ginge man von diesem sehr aufrechten Anliegen aus, müsste man rund eine Woche später konstatieren: Damit ist der Ministerpräsident krachend gescheitert. Denn zwar reden alle über das Kreuz, nur nicht miteinander. Der Rest Deutschlands schimpft über die CSU, der im Kampf um die absolute Mehrheit kein Mittel mehr heilig sei. Deren neuer Generalsekretär Markus Blume – gerne als besonnener Zeitgenosse beschrieben – weiß sich nicht anders zu helfen, als solche Kritiker eine „unheilige Allianz aus Religionsfeinden und Selbstverleugnern“ zu nennen. Dabei rumort es gar in Söders Kabinett. Wissenschaftsministerin Marion Kiechle hielt seinen Vorstoß für „keine besonders kluge Idee“ – und ruderte erst zurück, nachdem sie wohl einen Rüffel erhalten hatte.

    Übers Kreuz reden, aber miteinander statt gegeneinander

    Nicht einmal die Kirchen, die sich eigentlich über so viel Aufmerksamkeit für ihr Symbol freuen müssten, können den Ansatz einer frohen Botschaft erkennen. Kein Geringerer als der Chef der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, spricht über Söders Erlass, als handele es sich um einen Gewaltakt gegen das Kreuz – er sieht dieses von Söder zu einer Art bayerischer Traditions-Trophäe umgedeutet.

    Liegt es an Religionsfeindlichkeit im Rest der Republik, dass die Debatte so entgleist ist? Auch an Verzagtheit der Christen im Angesicht angeblicher „Islamisierung“? Nein, diese traurige Woche hat sich Markus Söder selber zuzuschreiben – weil es ihm um diese ehrliche Debatte niemals ging. Wer keinen Unterschied macht, ob er das Kreuz für die Kameras inszeniert oder Spargel aus Franken, verliert als Debatten-Initiator so gut wie jede Glaubwürdigkeit. Uns ist an Islamisten so unheimlich, dass sie keine Grenze zwischen Religion und Politik ziehen. Muss das Bundesverfassungsgericht nun den bayerischen Ministerpräsidenten an solche Grenzen erinnern?

    Debatten über unsere Kultur betreffen alle

    Und doch könnte Söder seinen Fehler wieder ausmerzen und die ausgeuferte Diskussion in fruchtbare Bahnen lenken. Kardinal Marx hat angedeutet, wie dies gelingen könnte. Man solle ruhig über die Rolle von Kreuzen diskutieren, sagte er – aber in einer breiten Debatte mit allen Gruppen der Gesellschaft. Ein anspruchsvolles Unterfangen, gewiss, aber notwendig für den Zusammenhalt in unserem Land. Warum also sollte der Ministerpräsident nicht einen Runden Tisch einberufen, der über die Bedeutung des Kreuzes diskutiert und dazu gezielt Vertreter einlädt, die dieses Kreuz ablehnen, es vielleicht sogar fürchten?

    Schließlich hat Söder gesagt, er sähe das Kreuz als kulturelles Symbol. Debatten über unsere Kultur betreffen alle. Und, ja, dazu gehört die Frage, warum so viele derzeit über christliche Werte und das Abendland reden, diese Werte aber nicht mehr so gerne praktizieren. So ein Schritt wäre keine Blamage für Söder. Er würde beweisen, dass sich aus Fehlern Erleuchtung gewinnen lässt – und das wäre, frei nach dem CSU-Wahlprogramm, gerade das Beste für Bayern.

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