Und wieder hat heute Morgen ein Unterrichtstag begonnen. Es ist weiter Schule – oder, wie es ein Rektor kürzlich formulierte: die einzige Massenveranstaltung, die in Corona-Zeiten noch stattfinden darf. Klassenzimmer, in denen der Maximalabstand nur 50 Zentimeter beträgt, Lehrer, die am Tag Kontakt zu geschätzt 30 Haushalten haben. Und jeden Morgen das große Bangen: Meldet sich jemand mit positivem Corona-Test? Wer muss dann in Quarantäne? Präsenzunterricht unter diesen Bedingungen ist ein unnötiges Risiko – für Schüler, für Lehrer, für deren Angehörige aus gefährdeten Gruppen. Diese Gefahr blenden die Ministerpräsidenten aus, wenn sie vorbeten, dass Schulen so lange wie möglich geöffnet bleiben müssen.
Beim Thema Schule argumentieren alle mit dem Wohl der Kinder
Natürlich, auch die Befürworter offener Schulen argumentieren mit dem Wohl der Kinder, denken an den Heimunterricht vom Frühjahr. Mit den Lerndefiziten aus dieser Zeit kämpfen manche Schüler noch heute. Eltern reklamierten damals, dass sie keine Hilfslehrer seien und ganz nebenbei übrigens noch Geld verdienen müssten. Kinder vereinsamten ohne ihre Freunde. Ganz zu schweigen von den Internetproblemen der bislang oft rein analogen Schulen.
Doch bei bundesweit rund 20.000 Neuinfektionen pro Tag ist nichts wichtiger, als die Pandemie einzudämmen. Das ist Ziel aller Restriktionen. An Schulen wird es konterkariert – während eine Studie des Münchner Helmholtz-Zentrums zeigt, dass die Dunkelziffer infizierter Kinder sechsmal so hoch ist wie die derer, bei denen Covid-19 entdeckt wurde. Schulen sind keine Pandemietreiber? Mittlerweile eine gewagte These.
Die Politik muss alles tun, damit Ausbrüche an Schulen verhindert werden und Kinder nicht das Virus weiterverbreiten. Einen ersten Schritt ist Nordrhein-Westfalen gegangen. Dort beginnen die Weihnachtsferien früher, um das Risiko zu senken, dass Kinder das Virus unter den Christbaum tragen. Das sollte auch in Bayern so sein.
Doch der entscheidende Kniff, mit dem die Klassenzimmer sicherer werden und Kinder trotzdem lernen, ist Wechselunterricht. Die Methode also, bei der Klassen in zwei Gruppen geteilt werden, die dann tage- oder wochenweise abwechselnd in der Schule und zu Hause lernen – im besten Fall digital, zur Not analog mit Arbeitsblättern des Lehrers. Dieses Hybrid-Modell ist ein fairer Kompromiss zum Wohl der Kinder – das dürften auch Eltern bestätigen, sofern sie Schule nicht nur als Abladestation für den Nachwuchs sehen.
RKI empfiehlt Teilung von Klassen in Corona-Zeiten
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt schon ab einem Inzidenzwert von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnern die Halbierung der Klassen. Und ursprünglich, als diese Zahl 50 noch lediglich in unseren schlimmsten Albträumen vorkam, war das auch mal so geplant – zumindest in Bayern. Jetzt wollen die Politiker davon nichts mehr wissen. Der Hybridunterricht scheint selbst zum Albtraum mutiert. Als wäre es von da nur noch ein winziger Schritt, bis die Schulen ganz schließen. Es ist genau umgekehrt. Je mehr Infektionen an den Schulen vermieden werden können, desto eher kann man sie doch offenhalten! Je weniger Schüler in einem Raum, desto weniger Risiko.
Bisher setzen die Ministerpräsidenten Schüler und Lehrer Tag für Tag neuer Infektionsgefahr aus. Wenn sie nächste Woche endlich über den weiteren Kurs an Schulen entscheiden, konferieren sie natürlich digital. Keiner von ihnen würde sich mit 30 anderen in ein viel zu kleines (Klassen-)Zimmer setzen, in dem womöglich der Luftfilter defekt ist und alle 20 Minuten beim Lüften ein eisiger Wind pfeift. Täten sie es doch, wäre der Wechselunterricht vermutlich ganz schnell beschlossene Sache.
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