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Kommentar: Riedberger Horn: Für Bayern geht es um mehr, als nur um einen Berg

Kommentar

Riedberger Horn: Für Bayern geht es um mehr, als nur um einen Berg

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    Der Blick vom Riedberger Horn im Allgäu.
    Der Blick vom Riedberger Horn im Allgäu. Foto: Ulrich Weigel

    So macht ein Berg Karriere: Vor wenigen Jahren kannte kaum jemand außerhalb des Oberallgäus das Riedberger Horn, jetzt weiß halb Bayern, dass es diesen Gipfel gibt. Ursache dafür ist der Wunsch einheimischer Unternehmer, dort einen neuen Skilift zu bauen. Die Debatte um Für und Wider wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie lassen sich Naturschutz und wirtschaftliche Interessen vereinbaren? Wie bleibt das Allgäu für Gäste attraktiv? Und wie kann der Alpenraum entwickelt werden?

    Riedberger Horn liegt teilweise in einer Alpenschutzzone

    Die Lage am Riedberger Horn ist juristisch kompliziert: Ein Teil der Anlage liegt in einer Alpenschutzzone, die nicht bebaut werden darf. Wäre der Strich auf der Landkarte Anfang der 1970er Jahre, als die Zonen eingerichtet wurden, etwas anders gezogen worden, gäbe es dieses Problem nicht. Eine Ausnahme vom Bauverbot könnte über ein Zielabweichungsverfahren gestattet werden. Das wäre ein Präzedenzfall, sagen die Kritiker – und befürchten, dass Investoren in anderen Regionen sich darauf berufen.

    Die Lage ist auch politisch kompliziert: In den betroffenen Gemeinden und im Kreistag gibt es ein klares Ja zum Bau. Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf hat Nein gesagt. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner befürwortet den Ausbau, ebenso wie Heimatminister Markus Söder. Aber sie können Scharf nicht überstimmen, deshalb möchte Horst Seehofer selbst entscheiden. Hat der Ministerpräsident nichts Wichtigeres zu tun?

    Ja, das hat er sicherlich. Aber es geht eben nicht nur um diesen einen Lift. Es geht auch um die Frage, wie bayerische Tourismusregionen sich im Wettbewerb um Gäste mit den Gebieten in Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich positionieren. Hat das Allgäu da in Zukunft noch eine Chance? Vor allem das Land Tirol stützt den Tourismus mit sehr viel Geld und mindestens ebenso viel Entgegenkommen.

    Allgäu: Wintertourismus bedeutet für viele Familien immer noch Skifahren

    Allgäuer Investoren werden zwar vom Freistaat nicht ständig Steine in den Weg gelegt, aber die rechtlichen Rahmen lassen im Süden erheblich mehr Spielraum. Das zieht Gäste an. Wintertourismus bedeutet nämlich auch für die meisten Familien immer noch, dass es alpinen Sport gibt.

    Das Allgäu braucht diesen einen Berg nicht, um attraktiv zu sein. Es gibt größere Skigebiete, hier wurde und wird investiert. Aber es ist naiv, zu glauben, man könne mit Verweis auf die mangelnde Schneesicherheit gänzlich auf den Ausbau von Wintersportgebieten verzichten – die Wintersportler geben viel mehr Geld aus als alle anderen Touristen.

    Sie sind wichtig für eine Branche, die unter hohem Wettbewerbsdruck steht. Und nur mit „sanftem Tourismus“ werden Hoteliers, Gastronomen und auch viele Bergbauern nicht über die Runden kommen. Den betreiben sie in Balderschwang ohnehin schon.

    Riedberger Horn: Für Bayern geht es um Grundsätzliches

    Für Bayern geht es also um Grundsätzliches. Wie kann man den Alpenraum überhaupt entwickeln, dort, wo ausschließlich der Tourismus ein Überleben der Familien und ihrer Betriebe ermöglicht? Ein Ja zum Bau am Riedberger Horn wäre also nicht nur aus juristischer Sicht ein Präzedenzfall, sondern auch aus politischer. Wer die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Freistaat postuliert, muss auch die Menschen in abgelegenen Regionen im Blick haben. Finden junge Menschen hier keine Arbeit, gehen sie weg.

    Die Gesellschafter des Skiliftes vergessen den Naturschutz nicht. Sie sind kompromissbereit – und sie wären auch dumm, ihr höchstes Gut, die wundervolle Natur auf ihrem Grund und Boden, zu zerstören. Sie wollen lediglich eine Chance bekommen. Und genau deshalb schaut die Tourismusbranche aus dem Alpenraum darauf, was an dem kleinen, unbedeutenden Berg im Oberallgäu passiert.

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