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Kommentar: Kein Bußgeld für Aiwanger – sein Tweet war trotzdem höchst fragwürdig

Kommentar

Kein Bußgeld für Aiwanger – sein Tweet war trotzdem höchst fragwürdig

Holger Sabinsky-Wolf
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    Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sorgte mit einem Tweet für Aufregung.
    Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sorgte mit einem Tweet für Aufregung. Foto: Tobias Hase, dpa

    Der Bundeswahlleiter hat also offenbar entschieden, dass Hubert Aiwanger nach seinem umstrittenen Tweet am Wahltag kein Bußgeld zahlen muss. Der Freie-Wähler-Chef hatte am Nachmittag der Bundestagswahl auf Twitter die angeblichen Ergebnisse einer sogenannten Nachwahlbefragung verbreitet und dies mit einem Appell versehen, jetzt noch schnell seine Partei zu wählen. Denn laut dieser angeblichen Befragung standen die Freien Wähler bei vier Prozent und konnten sich Hoffnungen auf den Einzug in den Bundestag machen.

    Berauscht wohl von dieser Hoffnung tat Aiwanger etwas, das laut Bundeswahlgesetz verboten ist. Dort steht klar drin: Ergebnisse von Wählerbefragungen vor Ablauf der Wahlzeit zu veröffentlichen, ist unzulässig. Die Aufregung war daher groß. Die CSU und andere Parteien tobten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zwang seinen Stellvertreter zu einer öffentlichen Entschuldigung. Der Bundeswahlleiter prüfte den Fall. Ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro für eine Ordnungswidrigkeit stand im Raum.

    Woher kommen die Zahlen, die Aiwanger veröffentlicht hat?

    Die Entscheidung des Bundeswahlleiters, kein Bußgeldverfahren einzuleiten, kommt sehr überraschend. Und es ist kein Zufall, dass die Gründe für diese Entscheidung noch nicht da sind. Nach Informationen unserer Redaktion basteln die Juristen noch an der offiziellen Begründung. Sie soll im Laufe des Tages veröffentlicht werden. So, wie es aussieht, greift rein juristisch einfach der Paragraf 32 des Bundeswahlgesetzes nicht. Denn bei den Zahlen, die Aiwanger verbreitet hat, soll es sich nicht um Zahlen einer Nachwahlbefragung handeln. So stellen es die Freien Wähler dar. Und das hat offenbar auch die Prüfung des Bundeswahlleiters ergeben.

    Nun stellen sich aber drängende Fragen. Zum einen war Aiwanger im Moment seines Tweets ganz offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass die Zahlen echt sind. Schließlich schrieb er oben drüber "Angeblich 15 Uhr: Forschungsgruppe Wahlen" Woher kommen also diese Zahlen? Kommen sie aus einer dubiosen Quelle und Aiwanger hat sie einfach fahrlässig weiterverbreitet? Hat Aiwanger die Zahlen falsch abgetippt? Oder hat Aiwanger die Zahlen erfunden, um in letzter Minute noch Stimmen für die Freien Wähler zu ergattern? Eine Erklärung hierfür liefern weder der Bundeswahlleiter noch die Freien Wähler. Das ist unbefriedigend. Denn es könnte ja bedeuten, dass es rechtlich in Ordnung ist, wenn ein Politiker am Wahltag Nachwahlbefragungen fälscht, um Unentschlossene dazu zu bewegen, für ihn oder seine Partei zu stimmen.

    Aiwanger hat aus fragwürdigen Motiven gehandelt

    Aiwangers Verhalten am Wahltag bleibt falsch. Die Tatsache, dass er nun nicht bestraft wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er aus fragwürdigen Motiven gehandelt hat. Das weiß er selbst, das wissen die Freien Wähler. Dafür spricht, dass der Tweet nach wenigen Minuten gelöscht war. Dafür spricht Aiwangers Entschuldigung im Landtag. Die Freien Wähler sollten sich daher vor allzu aggressiven Gegenreaktionen und Angriffen auf den politischen Gegner hüten. Sie sind nichts weiter als ein Manöver, um vom Fehlverhalten des eigenen Parteichefs abzulenken.

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