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Kommentar: Die Jungen sollten endlich auch für die Pflege auf die Straße gehen

Kommentar

Die Jungen sollten endlich auch für die Pflege auf die Straße gehen

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    Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern fordert einen grundlegenden neuen Ansatz einer pflegerischen Versorgungssicherung in Bayern.
    Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern fordert einen grundlegenden neuen Ansatz einer pflegerischen Versorgungssicherung in Bayern. Foto: Mascha Brichta, dpa

    Verdrängt wird vieles. Vor allem, was zu sehr ängstigt. Wer denkt schon gerne daran, schwerkrank werden zu können, gar pflegebedürftig? Wer überlegt in jungen Jahren, wie er im Alter leben will, wenn die körperlichen und geistigen Kräfte schwinden? Pflege wird für viele erst zum Thema, wenn sie selbst betroffen sind oder eine nahe stehende Person. Das muss sich ändern. Denn seit so vielen Jahren ist bekannt, wie groß die Not in der

    Dass das Thema Pflege im Wahlkampf nur eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, ist erschreckend. Hat doch die Pandemie noch einmal verdeutlicht, wie sehr unser Gesundheitssystem auf Kante genäht ist. Dass alles von gut ausgebildeten Fachkräften abhängt, weil auch zig weitere Intensivbetten nichts nützen, wenn das Personal fehlt, das die Menschen in diesen Betten betreuen kann. Doch nicht nur in Kliniken ist die Lage angespannt. Es fehlt beim Thema Pflege an allen Ecken und Enden.

    Holetschek fordert eine Revolution in der Pflege

    Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern hat nun zu Recht einen grundlegend neuen Gesamtentwurf der pflegerischen Versorgung gefordert. Gerade die Kommunen sind gefragt, neue Strukturen vor Ort aufzubauen. Andernfalls ist eine wohnortnahe Versorgung wie bisher nicht mehr realisierbar. Selbst einzelnen Politikern ist klar, dass ein „Weiter so“ nicht möglich ist und die bisherigen „Reformen“ viel zu wenig bringen: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fordert zu Recht eine „Revolution“ in der Pflege. Doch gefordert wurde schon viel, versprochen auch.

    Das Problem ist auch das Geld. Denn gute Pflege ist teuer. Und die Kosten werden in einer alternden Gesellschaft massiv steigen. Daher ist es höchste Zeit, die Finanzierung der Pflege neu zu regeln. Eine solidarisch finanzierte Bürgerversicherung, in die wirklich alle – auch Beamte und Selbstständige – einbezahlen, ist zwar ein großes Anliegen von SPD und Grünen. Mit der FDP steht dieser Systemwechsel aber wieder auf der Kippe.

    Eine solide Finanzierung ist die Basis für nachhaltige Verbesserungen. Schließlich müssen vor allem die Arbeitsbedingungen in der Pflege attraktiver werden, damit sich viel mehr junge Leute für diesen wichtigen Beruf entscheiden und die jetzt Aktiven auch lange und gesund dort arbeiten können.

    Viele pflegende Angehörige stehen vor dem Burn-out

    Nicht vergessen werden dürfen aber bei einer echten Reform die vielen pflegenden Angehörigen, der größte Pflegedienst des Landes. Sie müssen endlich die Unterstützung erfahren, die sie brauchen. Viele von ihnen stehen vor dem Burn-out. Was fehlt, sind etwa Kurzzeitpflegeplätze. Es müssten generell viel mehr Tages- und Nachtpflegeplätze zur Entlastung geschaffen werden. Und die Pflegeleistung der Angehörigen muss wesentlich besser anerkannt werden. Auch finanziell. Die Pflege Angehöriger muss den gleichen Wert genießen wie die Kindererziehung.

    Damit dies endlich nicht nur mit Worten gefordert, sondern in die Praxis umgesetzt wird, müssen die Bürger stärker aktiv werden. Fridays for Future hat gezeigt, wie mit Hartnäckigkeit ein existenzielles Thema zumindest die nötige Aufmerksamkeit erfährt. Auch die Pflege hat diesen Einsatz verdient, denn auch sie ist ein wichtiges Zukunftsthema. Menschen jeden Alters, auch junge Leute, sollten für eine gute Pflege auf die Straße gehen und damit zeigen, dass es ernst ist. Schließlich kann Pflegebedürftigkeit Menschen jeden Alters betreffen. Verdrängen hilft hier nichts.

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