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Kommentar: Den Lehrermangel spürt bald jeder von uns

Kommentar

Den Lehrermangel spürt bald jeder von uns

Sarah Ritschel
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    Gähnende Leere: Schulen tun sich an manchen Tagen schwer, den Unterricht aufrechtzuerhalten.
    Gähnende Leere: Schulen tun sich an manchen Tagen schwer, den Unterricht aufrechtzuerhalten. Foto: Ulrich Wagner

    Lehrer, arme Schweine oder faule Hunde? Sagen wir es doch, wie's ist: Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Diskussion über die angespannte Lage an bayerischen Schulen. Familien, Kollegen, Kommentatoren: Sie alle streiten darüber, ob Bayerns Lehrer zu Recht dagegen demonstrieren, dass sie so viel arbeiten – oder ob sie sich nicht so anstellen sollen, bei all ihren Privilegien als Beamte. Die Debatte ist zeitraubend und geht am wichtigsten Punkt vorbei. In einem nämlich sollten sich alle einig sein: Der Lehrermangel darf auf keinen Fall die Schüler treffen. Sonst bekommen wir bald nicht nur leere Klassenzimmer, sondern ein richtig großes gesellschaftliches Problem.

    Mit dem Lehrermangel ist es wie mit dem Klimawandel

    Fest steht: An Grund-, Mittel- und Förderschulen gibt es zu wenig Personal. Nicht morgen, nicht in ferner Zukunft, sondern jetzt. Auf Verstärkung von den Universitäten zu warten, ist keine Option. Bayern hat zwar 1000 neue Studienplätze allein zur Ausbildung von Grundschullehrern geschaffen. Bis es genügend neue Pädagogen gibt, werden aber sechs, sieben Jahre vergehen. Deswegen müssen die vorhandenen Lehrer jetzt gemeinsam anpacken. Es ist wie beim Klimawandel. Um dessen Folgen aufzuhalten, braucht es auch jeden Einzelnen und keine Zauderer, die die Augen verschließen und hoffen, dass sich das Problem schon irgendwann selber lösen wird.

    Die Pädagogen wissen das. Sie müssen jetzt dafür sorgen, dass Schüler auch mit wenigen Ressourcen viel lernen. Das geht im Moment nur, indem die vorhandenen Lehrer zusätzliche Stunden übernehmen und indem vor allem die Teilzeitkräfte aufstocken, die an Grundschulen zwei Drittel aller Beschäftigten ausmachen.

    Eine Alternative gibt es nicht

    Eine Alternative zur Mehrarbeit gibt es nicht. Man könnte zwar Quereinsteiger ohne pädagogische Ausbildung an die Schulen holen, wie das andere Bundesländer machen. Oder man müsste die Klassen vergrößern. Beides darf nicht sein. Denn jede dieser Maßnahmen brächte Nachteile für die Schüler, vor allem für die schwachen.

    Sie brauchen mehr Zeit, um die Lerninhalte zu verstehen. Sie haben oft keine engagierten Eltern, die nachmittags bei den Hausaufgaben helfen, einen Nachhilfelehrer finanzieren und schauen, dass das Kind in seiner Freizeit auch genügend liest. Sie brauchen die Aufmerksamkeit eines Lehrers mit pädagogischem Geschick.

    Man kann von einem Lehrer aber selbst in einer Notsituation nicht verlangen, dass er aus Idealismus und Selbstlosigkeit ohne Gegenleistung eine Zusatzstunde nach der anderen hält. Wenn die Verbände jetzt clever sind, können sie die Arbeitsbedingungen dauerhaft verbessern und ihre Schulart für angehende Lehrer attraktiv machen. Nie standen die Chancen besser, für Grund- und Mittelschullehrer eine höhere Gehaltsstufe auszuhandeln. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) würde sie lieber heute als morgen besser bezahlen. Doch er scheitert bisher am Widerstand der CSU.

    Lehrer kümmern sich um Integration

    Aber natürlich ist es nicht mehr zeitgemäß, dass die Pädagogen monatlich rund 600 Euro brutto weniger verdienen als ihre Kollegen an Realschulen und Gymnasien. Ja ja, diese studieren länger und fachlich vertieft. Dafür haben Lehrer an der Mittelschule den wohl wichtigsten und schwierigsten gesellschaftspolitischen Auftrag. Sie unterrichten Schüler aus zig Nationen. Sie unterrichten Toleranz. Oft bringen sie ihren Schülern eine Sprache bei, in die sie erst hineinwachsen müssen. Manche der Kinder haben in der Grundschule die ersten Brocken Deutsch gelernt. Kurz: Lehrer an Grund- und Mittelschulen sorgen dafür, dass Integration funktioniert. Und deshalb brauchen wir mehr von ihnen.

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