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Kommentar: Das Urteil gegen Georg Schmid: Gerecht, aber milde

Kommentar

Das Urteil gegen Georg Schmid: Gerecht, aber milde

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    Georg Schmid ist heute wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung  verurteilt worden.
    Georg Schmid ist heute wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung verurteilt worden. Foto: Ulrich Wagner

    Chronologie der "Verwandtenaffäre"

    15. April: Das Buch "Die Selbstbediener - Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen" von Hans Herbert von Arnim erscheint und tritt die Diskussion um die "Familienaffäre" los. Zwei Tage später diskutiert der bayerische Landtag über Arnims Kritik.

    19. April: Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte eine Liste von 17 Abgeordneten, die bis vor Kurzem rechtmäßig Verwandte ersten Grades beschäftigten.

    19. April: Ministerpräsident Horst Seehofer fordert die betroffenen Parteimitglieder auf, die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Familienangehörigen sofort zu beenden. CSU-Fraktionsvorsitzender Georg Schmid und Kultusminister Ludwig Spaenle kündigen daraufhin ihren Ehefrauen.

    23. April: Die Summe des Honorars von Georg Schmids Frau wird bekannt: Sie erhielt für ihre Leistungen monatlich zwischen 3.500 und 5.500 Euro brutto.

    25. April: Georg Schmid tritt aufgrund des schwindenden Rückhalts in der CSU und des medialem Drucks als Fraktionsvorsitzender zurück. Ein Neuburger Bürger zeigt Georg Schmids Ehefrau Gertrud wegen Scheinselbstständigkeit an.

    29. April: Georg Winter tritt als Haushaltsausschussvorsitzender im bayerischen Landtag zurück. Er hatte seine beiden Söhne im Alter von 13 und 14 Jahren sowie seine Frau beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg prüft Ermittlungen gegen Georg Schmid und seine Ehefrau wegen Scheinselbstständigkeit.

    30. April: Münchens Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude fordert Schmid und Winter auf, auch ihre Landtagsmandate niederzulegen. Mittlerweile sind 17 Abgeordnete der CSU, zwei der SPD, ein Grüner sowie Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger in die Familienaffäre verwickelt.

    2. Mai: Georg Schmid gibt seinen Rückzug aus der Berufspolitik bekannt. Justizministerin Beate Merk, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Kulturstaatssekretär Bern Sibler räumen ein, enge Verwandte beschäftigt zu haben.

    3. Mai: Landtagspräsidentin Barbara Stamm veröffentlicht eine Liste mit 79 Abgeordneten, die nach 2000 Familienangehörige beschäftigt haben oder hatten. Kultusminister Spaenle kündigt an, das volle Gehalt seiner Frau zurückzuerstatten. Ministerpräsident Seehofer fordert betroffene Abgeordnete auf, diesem Beispiel zu folgen.

    4. Mai: Fünf Kabinettsmitglieder kommen der Forderung Seehofers nach und wollen dem Staat die Gelder zurücküberweisen.

    6. Mai: Ministerpräsident Seehofer stellt seinen Drei-Punkte-Plan zur Überwindung der Familienkrise vor. Das Landtagsamt vertritt die Meinung, dass die Anstellung von Georg Winters Söhnen illegal war. Der will daraufhin das komplette Gehalt seiner Söhne an die Staatskasse zurückzahlen.

    7. Mai: Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International fordert alle betroffenen Abgeordneten auf, die Gelder zurückzuerstatten. Die Staatsanwaltschaft Ausburg will gegen den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid nach Angaben des Landtags ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg kommentiert den Bericht vorerst jedoch nicht.

    8. Mai: Der Bayerische Oberste Rechnungshof schaltet sich in die Affäre ein. Er will rückwirkend die Vergabe von Abgeordneten-Jobs an Familienangehörige sowie die Neuregelung des Abgeordnetengesetzes prüfen.

    23. Februar 2014: Auf dem Höhepunkt der Verwandtenaffäre im Landtag beschließt die CSU einstimmig einen Verhaltenskodex. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hatte zusammen mit anderen CSU-Spitzenpolitikern den Kodex für ihre politischen Mandatsträger entwickelt, um Filz- und Amigo-Vorwürfen künftig jede Grundlage zu entziehen.

    25. Februar: Der schwäbische SPD-Abgeordnete Harald Güller wird im Rahmen der Verwandtenaffäre wegen Betrugs verurteilt. Er hatte den Sohn seiner Frau aus erster Ehe im Jahr 2009 für zwei Monate beschäftigt und 7500 Euro für Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge aus der Landtagskasse gezahlt. Die Richterin argumentierte, dass Güller, der selbst Jurist ist, vorsätzlich gehandelt habe. Güllers Anwalt kündigte Berufung an.

    11. Juni: Nach einer Verfassungsklage der SPD werden im Landtag die Summen veröffentlicht, die Kabinettsmitglieder ihren Verwandten bezahlt haben. Bei den fünf Ministern und Staatssekretären der CSU – Helmut Brunner, Ludwig Spaenle, Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler – liegt die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen seit 1997 bei über 1,3 Millionen Euro.

    25. Juli: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhebt Anklage gegen Georg Schmid. Der frühere CSU-Fraktionschef soll 350.000 Euro Sozialabgaben nicht bezahlt haben. Im Einzelnen lauten die Vorwürfe auf vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 262 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 59 Fällen. Seiner Frau werden Beihilfe und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

    Es ist selten in Bayern, dass ein früherer Spitzenpolitiker zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird. Der ehemalige CSU-Fraktionschef Georg Schmid aus Donauwörth gehört nun zu den raren Fällen. Das Amtsgericht Augsburg hat ihn zu einer 16-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er durch die Scheinselbstständigkeit seiner Frau die Sozialkassen um fast 350 000 Euro betrogen hat. Zusätzlich muss er 120 000 Euro Geldauflage zahlen. Die Höhe der Strafe ist milde ausgefallen. Andere Menschen sind für Sozialbetrug in dieser Höhe glatt ins Gefängnis gewandert.

    Die eigentliche Strafe besteht für Georg Schmid im sozialen und gesellschaftlichen Abstieg. Für den leutseligen Mann aus Donauwörth ist es eine Qual, in die Bedeutungslosigkeit gefallen zu sein. Eine weitere Strafe besteht in den sehr deutlichen Worten, die Richter Michael Nißl in der Urteilsbegründung gefunden hat und die man nur unterstreichen kann: Man nimmt es Schmid nicht ab, dass er eben mal aus Versehen 22 Jahre lang die Sozialkassen geprellt hat.

    Vielmehr ist Georg Schmid derjenige Politiker, der in der Verwandtenaffäre des Landtags am kräftigsten von allen hingelangt hat. Er hat nicht nur seine Frau auf Kosten des Steuerzahlers beschäftigt. Das haben andere auch getan, das ist moralisch zu verurteilen und wurde Gottseidank vom Landtag inzwischen geändert. Nein, Georg Schmid hat dabei auch noch mithilfe seines Steuerberaters so getrickst, dass er sich einen sechsstelligen Betrag an Sozialabgaben gespart hat. Das spezielle „Modell Schmid“ hat es ihm auch noch ermöglicht, über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg die Geldtöpfe des Landtags, in die jedermann einzahlt, bis auf den letzten Cent zu plündern. Und das, obwohl Schmid jahrelang einer der bestverdienenden Politiker in Deutschland war.

    Georg Schmid hat es mit der Mitleidstour versucht

    Das ist Georg Schmid

    Georg Schmid ist ein CSU-Politiker aus Donauwörth. Er war zuletzt Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag.

    Georg Schmid ist katholisch, verheiratet und hat zwei Kinder.

    Geboren wurde er am 20. April 1953 in Donauwörth.

    Das Abitur machte er 1972 in Donauwörth. Danach studierte er Rechtswissenschaften.

    1979 ging er als Jurist zum Landratsamt Dillingen.

    1982 wurde er Vorsitzender der Jungen Union in Donauwörth.

    1987 wurde Schmid Vorsitzender der CSU Donauwörth und 1989 Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes Donau-Ries.

    1990 wurde der Unions-Politiker er in den Bayerischen Landtag gewählt.

    1999 wurde Schmid zum Staatssekretär im Bayerischen Sozialministerium berufen.

    Im Jahr 2003 wechselte er als Staatssekretär ins Bayerische Innenministerium.

    2007 wurde er CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag.

    Am 25. April 2013 trat Schmid vom Amt des Fraktionsvorsitzenden zurück, nachdem er wegen der Beschäftigung seiner Ehefrau auf Kosten der Steuerzahler unter Druck geraten war.

    Im März 2015 stand Schmid wegen der Verwandtenaffäre vor dem Augsburger Amtsgericht.

    Am 18. März 2015 verurteilte ihn das Gericht zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung. Er hatte seine Ehefrau fast 22 Jahre lang als Scheinselbstständige in seinem Donauwörther Abgeordnetenbüro beschäftigt.

    Am Ende hat Georg Schmid es noch mit der Mitleidstour versucht. Auch diese Strategie ist nicht aufgegangen. Die Aussagen seiner Verteidiger, Schmid stehe vor dem finanziellen Ruin, hat das Gericht im Urteil fein säuberlich auseinandergenommen. Schmid wird grob geschätzt auf Kosten von einer Million Euro sitzenbleiben. Aber er hat mehrere Immobilien, Grundbesitz - und hohe Pensionsansprüche. Sie seien „fürstlich“, sagte der Richter, und er hat recht. Kaum ein anderer Pensionär oder Rentner erhält so hohe Bezüge.

    Mitleid hat Georg Schmid nicht verdient. Er hat als Politiker geldgierig gehandelt und das Vertrauen der Bevölkerung missbraucht. Mitgefühl für die momentane Situation des Menschen Georg Schmid und seine Familie ist dagegen angebracht. Er hat beruflich alles verloren. Er weiß nicht mehr, wie er seine Tage verbringen soll. Die psychische Belastung war und ist enorm. Doch das alles hat das Gericht berücksichtigt. Es hat Georg Schmid nicht komplett vernichtet, sondern ihm eine Chance gelassen. Insofern ist es ein gerechtes Urteil.

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