Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Bayern hat die Zeit der Sommerferien für den Schulstart nicht genutzt

Kommentar

Bayern hat die Zeit der Sommerferien für den Schulstart nicht genutzt

    • |
    Die Sommerferien in Bayern enden bald. Trotzdem sind kurz vor dem Schulstart noch viele Fragen offen.
    Die Sommerferien in Bayern enden bald. Trotzdem sind kurz vor dem Schulstart noch viele Fragen offen. Foto: Marijan Murat, dpa

    Immerhin in einem Punkt scheinen sich kurz vor dem Ferienende wohl alle, die mit Schule in Bayern zu tun haben, einig: Der Distanz-Unterricht, der vor den Sommerferien für Schüler, Eltern und Lehrer vier lange Monate zum Härtetest wurde, muss die absolute Ausnahme bleiben. Lerndefizite und Bildungsungerechtigkeiten, die die improvisierte Not-Schule zwangsläufig mit sich brachte, können nur im Klassenzimmer wieder ausgeglichen werden.

    Insofern ist sehr zu begrüßen, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beteuert, dass ihm die Präsenz-Schule bei wieder steigenden Infektionszahlen deutlich wichtiger ist als eine Rückkehr von Fans in die Fußballstadien. Trotzdem: Eine Garantie für einen möglichst normalen Regelbetrieb in den Schulen kann es natürlich auch in Bayern nicht geben. Denn letztlich wird erst die Realität in den Schulen zeigen, was dort tatsächlich möglich ist und was nicht.

    Vorteil Bayern: Man kann von den Erfahrungen anderer Bundesländer lernen

    Einen Vorteil hat Bayern gegenüber anderen Bundesländern: Weil im Freistaat die Sommerferien später enden, kann man hier von den Erfahrungen anderswo profitieren. So hat sich etwa zum Schulstart die Maskenpflicht im Unterricht zum Schutz vor Urlaubsinfektionen bereits in NRW bewährt.

    Umso mehr verwundert allerdings, dass in Bayern so kurz vor Schulbeginn noch immer so viele Fragen offen sind. So gibt es etwa von Kultusminister Michael Piazolo bislang keine klare Antwort, ob überhaupt genügend Lehrer in den Klassen verfügbar sein werden. Die als Corona-Verstärkung angekündigten 800 „Team-Lehrer“ haben derzeit noch nicht einmal Arbeitsverträge – und werden möglicherweise erst im Oktober zur Verfügung stehen.

    Auch im Unterricht gibt es jede Menge Fragezeichen: Wie lassen sich etwa im Fremdsprachen- oder Religionsunterricht geteilte Klassen mit der Vorgabe fixer Lerngruppen vereinbaren? Viele Schulleiter sind zudem skeptisch, ob der ehrgeizige Hygieneplan vom Lüften bis zur Handdesinfektion umsetzbar ist. Und klappt die Reihentestung der Lehrer in Bayern wirklich besser als in anderen Ländern – oder werden viele Schulleiter mit der Organisation am Ende alleine gelassen?

    Erst jetzt organisiert der Freistaat Bayern zusätzliche Schulbusse

    Erst jetzt kündigt der Freistaat zudem an, für zusätzliche Schulbusse die Kosten zu übernehmen, und drängt auf einen gestaffelten Schulbeginn. Darauf hätte man auch schon im Juli kommen können, dann wäre die Organisation vor Ort sicher einfacher gewesen. Gleiches gilt für die Ausstattung der Schulen mit Leih-Computern, die trotz Söders „Digital-Turbo“ erst jetzt noch einmal kräftig aufgestockt werden soll.

    Neue Corona-Fälle und einzelne Schulschließungen werden auch in bayerischen Schulen kaum zu vermeiden sein. Trotzdem scheint das Kultusministerium nur mangelhaft vorbereitet auf neuen Distanz-Unterricht zu sein. Bessere Inhalte für die Online-Schule scheinen jedenfalls bisher ebenso wenig verfügbar wie ein „Online-Lehrplan“.

    Natürlich kann es hundertprozentige Planungssicherheit in den Schulen angesichts der unkalkulierbaren Dynamik einer Pandemie nicht geben. Trotzdem bleibt zum Schulstart der bittere Eindruck, dass der schon in normalen Zeiten schwerfällige Tanker der bayerischen Schulbürokratie den Sommer effektiver hätte nutzen können, um auf drohende Herausforderungen bestmöglich vorbereitet zu sein.

    Bayern hat zu Recht die höchsten Ansprüche an die Qualität seines Bildungssystems. Allen unvermeidbaren Einschränkungen durch die Pandemie zum Trotz: Schule in Bayern muss sich auch in Corona-Zeiten an diesen Ansprüchen messen lassen.

    Lesen Sie auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden