Die Zahlen einer Studie des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung klingen dramatisch: Ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen könnte sich die Zahl der Menschen, die von einem möglichen Jahrhunderthochwasser betroffen wären, in den kommenden 20 Jahren vervierfachen.
Mussten laut der Studie in der Zeit zwischen 1971 und 2004 pro Jahr rund 25.000 Menschen im Freistaat mit diesem Risiko leben, könnten es den Berechnungen der Wissenschaftler zufolge im Jahr 2040 rund 97.000 sein.
"Wir rechnen damit, dass die Fluten stärker werden", sagt Klimaforscher und Autor der Studie Sven Willner. Der Klimawandel sorge für Gletscherschmelzen, damit komme vermehrt Tauwasser in die Täler. Die Folge: Die Pegel der Flüsse steigen immer weiter an, das Risiko für Überschwemmungen droht.
Seit 2001 sanierte der Freistaat Bayern 320 Kilometer Deiche
Um dieses zu minimieren, wurden nach Angaben des bayerischen Umweltministeriums seit 2001 etwa 320 Kilometer Deiche saniert. Aktuell laufen laut Ministerium 250 staatliche Projekte zum Schutz vor Hochwasser: vom kleinen Rückhaltebecken bis hin zu Großprojekten.
3,4 Milliarden Euro stecke der Freistaat mit dem Aktionsprogramm "2020 plus", das nach dem Junihochwasser 2013 vom Umweltministerium ins Leben gerufen wurde, in den Hochwasserschutz an den bayerischen Flüssen.
Aus gutem Grund, wie Andreas Lindenmaier vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth erklärt. Der Hochwasserschutz in Bayern sei "eine Generationenfrage", müsse also langfristig geplant werden. Besonders betroffen sei der Süden Bayerns. Dieser sei wegen seiner Alpenvorlage immer wieder von starken Regenfällen und dadurch verursachtem Hochwasser betroffen.
Widerstand gegen große Naturbecken regt sich in der Region
Was die Schutzmaßnahmen betrifft, seien momentan vor allem die Flutpolder in aller Munde, sagt Andreas Lindenmaier. Vielerorts, beispielsweise in den Landkreisen Dillingen und Donau-Ries, rege sich Widerstand gegen die großen Naturbecken, die sich bei steigendem Pegel der Flüsse wie eine Badewanne füllen sollen.
Landwirte haben Bedenken, wie sie im Falle einer Flutung entschädigt werden. Bürgermeister fürchten um sauberes Grundwasser. Doch Lindenmaier beruhigt: "Die Flutpolder sind eigentlich nur als Sicherung gedacht, wenn der normale Hochwasserschutz nicht greift." Entlang der Donau sollen im Rahmen von "2020 plus" zwölf Flutpolder gebaut werden.
Lindenmaier betont, dass es viele weitere Bausteine zum Hochwasserschutz in Bayern gebe. Als Beispiel nennt er das Projekt "Wertach vital" im Raum Augsburg. Dabei haben Experten im Dialog mit Bürgern Konzepte für die Wertach, 14 Kilometer bevor sie in den Lech fließt, erarbeitet. So wurden etwa Deiche gebaut und eine Schutzmauer errichtet.
Schadenspotential bei Hochwasser ist auch rund um Donauwörth hoch
Eine Untersuchung eines vom Wasserwirtschaftsamt beauftragten Ingenieurbüros ergab, dass das Schadenspotenzial im Falle eines Hochwassers rund um Neu-Ulm, Günzburg und Donauwörth am höchsten ist. Im Allgäu sind besonders entlang der oberen Iller, zwischen dem Illerdurchbruch bei Thanners und dem Illerursprung nördlich von Oberstdorf, aufwendige Hochwasserschutz-Projekte entstanden.
In aktuelle Schutzprojekte werde laut Lindenmaier auch der Klimawandel und seine Folgen mit einberechnet. Die Verfasser der Potsdamer Studie weisen genau auf diesen Punkt hin: Um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, müssten klimabedingte Risiken ernst genommen werden.
Die Potsdamer Forscher wollen ihre Studie daher über die betroffene Bevölkerungszahl hinaus weiterentwickeln. "Wir wollen uns auch mit den ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels beschäftigen", sagt Autor Willner.
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