Eine Delegation aus Dattenhausen (Landkreis Dillingen) reiste vor zwei Jahren ins Pfrunger Ried bei Ravensburg. Die Besucher verschafften sich ein Bild davon, wie ein Moor beispielhaft und mit modernster Technik wiederbelebt wird. Denn das, was in dem baden-württembergischen Naturschutz-Großprojekt geschah, soll Vorbild sein für das Dattenhauser Ried, das zwischen den Gemeinden Ziertheim und Bachhagel liegt.
Seit Jahrzehnten leidet das Feuchtgebiet unter Wassermangel. Der Wasserhaushalt ist massiv gestört. Mit der Folge, dass sich der Torfkörper rapide zersetzt. Kaputte Moore aber geben große Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids in die Atmosphäre ab. Der Prozess kann nur gestoppt werden, wenn der Torfkörper wieder nass ist. Das soll nun auch im Dattenhauser Ried geschehen, sagt Anton Burnhauser von der Naturschutzabteilung der Regierung von Schwaben in Augsburg. Das Gebiet wurde deshalb 2009 in das Bayerische Klima- und Moorschutzprogramm (Klip 2020) der Staatsregierung aufgenommen.
Der Moorhydrologe Alois Kapfer, der fünf Kilometer entfernt in der baden-württembergischen Nachbarschaft aufgewachsen ist, hat ein Renaturierungskonzept erarbeitet. In der Kernzone wird das Entwässerungssystem quasi auf den Kopf gestellt. Dafür sollen 25 größere und zahlreiche kleinere Stauwehre in den Gräben sorgen. Die Bauteile aus Kunststoff werden wie Spundwände in den Moorboden gerammt. Dann wird nach einem ausgeklügelten System Wasser in der Fläche verteilt – bis es eine Handbreit unter Flur steht. So kann das Moor wieder wachsen. Das ehrgeizige Hightechprojekt wird etwa eine halbe Million Euro kosten. Kosten, die sich rechnen, sagt Burnhauser. Denn der Niedermoorschutz sei eine äußerst effiziente Form des Klimaschutzes. Burnhauser ist beeindruckt vom Interesse der Bürger und der Unterstützung durch die Gemeinden. Auch die Landwirte ziehen mit und stellten sich ihrer Verantwortung.
Die Sanierung des Dattenhauser Rieds ist nur eines von mehreren Renaturierungsprojekten im Donautal zwischen Neu-Ulm und Donauwörth. Dort gibt es eine Kette von bedeutenden Mooren, die mit Blick auf die Klimaschutzziele der Staatsregierung dringend saniert werden sollten. Im Leipheimer Moos kann man sehen, wie schnell eine Wiedervernässung zum Erfolg führt. „Das Moor ist zum Leben erwacht“, sagt Ulrich Mäck, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos. Es wirkt wie ein Schwamm.
Alle Beteiligten ziehen an einem Strang
An einem Strang ziehen alle Beteiligten auch im Gundelfinger Moos. Die Stadt konnte dort – unterstützt von Klimaschutzmitteln der Regierung – für fast 300000 Euro Grundstücke erwerben. Sie werden im Rahmen einer Flurneuordnung getauscht, sodass auch hier bald mit der dringend notwendigen Renaturierung des Torfkörpers begonnen werden kann.
Der Flächenerwerb gestaltet sich aber zunehmend schwieriger. Diese Erfahrung musste Burnhauser besonders im Fall der Lauterbacher Ruten, einem Moor bei Mertingen, machen. Es fehlen noch Flächen, um das moorhydrologische Konzept umsetzen zu können. „Die Leute verkaufen zurzeit nicht.“ Verschärft wird die Lage durch den Biogasanlagen-Boom. Die Grundstückspreise explodieren.
Man könne und wolle aber nicht alle Moorflächen aufkaufen. Von den insgesamt 176000 Hektar Anmoor- und Niedermoorflächen in Bayern wird der größte Teil landwirtschaftlich genutzt. Die Bauern sollen dort bleiben, aber möglichst extensiv wirtschaften. Auch eine Beweidung mit robusten Rindern wäre denkbar.
Extensiv bewirtschaftetes Grünland mit hohem Grundwasserstand bringe am meisten für den Klimaschutz, sagt Burnhauser. „Doch momentan können wir den Landwirten finanziell nichts anbieten.“ Für den Klimaschutz gibt es nämlich bislang kein maßgeschneidertes Agrarumweltprogramm. Und aus der Naturschutzkasse könne man das aber nicht bezahlen.
Burnhauser und seine Mitstreiter suchen nun nach innovativen Programmen. Vorstellen kann sich der Biologe beispielsweise zeitlich begrenzte Nutzungsfenster. Das Dattenhauser Ried, das in drei hydrologische Zonen eingeteilt wird, könnte der Vorreiter werden. Während die Kernzone dauerhaft nass bleibt und optimalen Klimaschutz leistet, soll in der angrenzenden Zone weiter eine extensive, „klimakonforme“ Grünlandwirtschaft betrieben werden. Bis zu einem bestimmten Datum bleibt das Moor aufgestaut. Dann senkt der „Wasserwart“ den Pegel, der Bauer kann auf die Wiese.