Andere Zeiten, andere Argumente. Über viele Jahre hinweg plagten sich die CSU-Landtagsabgeordneten bei ihren Klausurtagungen in Wildbad Kreuth mit einem milliardenschweren Problem der Haushaltspolitik: den stetig steigenden Pensionslasten für Beamte, die in gar nicht mehr so ferner Zukunft die Spielräume im Staatshaushalt so stark einschränken werden, dass für andere wichtige Aufgaben kaum mehr Geld übrig bleibt. Um dieser Bedrohung die Spitze zu nehmen, wurden 1999 eine Versorgungsrücklage und 2008 ein Versorgungsfonds eingerichtet. Damit verbunden war das Versprechen, weniger Schulden in die Zukunft zu verlagern und nachfolgende Generationen nicht zu belasten.
Werden Zahlungen eingeklagt?
Bei ihrer Klausurtagung, die gestern in Wildbad Kreuth begann, holt das Problem die CSU-Abgeordneten wieder ein – unter geänderten Vorzeichen: Die Fraktion sieht sich mit einem Beschluss des CSU/FDP-Kabinetts konfrontiert, die Zahlungen in die Fonds, die 2009 aufgrund der Finanz- und Landesbankkrise ausgesetzt wurden, vorerst nicht wiederaufzunehmen – trotz mittlerweile wieder üppig sprudelnder Steuereinnahmen. Mit 560 Millionen Euro liegt Bayern angeblich schon hinter seinen selbst gesteckten Zielen zurück. Die zusätzlichen Steuereinnahmen allein für 2011 sind um ein Mehrfaches höher. Doch Finanzminister Markus Söder (CSU) argumentiert, dass es schließlich egal sei, ob die Mehreinnahmen in dem zweckgebundenen Fonds oder in der allgemeinen Haushaltsrücklage geparkt werden.
Einigen CSU-Abgeordneten gefällt das gar nicht. Bereits bei den Klausur-Vorbesprechungen des Fraktionsvorstands sahen sich Ministerpräsident Horst Seehofer und Fraktionschef Georg Schmid mit Einwänden konfrontiert. Die Kritiker fürchten zum einen, „dass uns die Opposition bei den Haushaltsberatungen im Landtag nach allen Regeln der Kunst vorführen wird“. Zum anderen wiesen sie darauf hin, dass jemand auf die Idee kommen könnte, die Zahlungen einzuklagen.
Schmid: „Die Frage wird hier ganz intensiv diskutiert werden“
Die dürften nämlich laut Gesetz nur dann ausgesetzt werden, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört sei. Und davon könne bei 700 Millionen Euro, die allein in den Monaten November und Dezember 2011 zusätzlich in die Staatskasse geflossen sind, keine Rede mehr sein.
Fraktionschef Schmid bestätigte gestern Mittag zunächst nur auf Nachfrage, dass es die Debatte gibt. Er sicherte zu: „Diese Frage wird hier ganz intensiv diskutiert werden.“ Allerdings, so Schmid vor der Beratung in der Fraktion, sei noch nicht klar, in welcher Form die Zahlungen wiederaufgenommen werden und ob dies mit dem Nachtragshaushalt für dieses Jahr oder mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 geschieht. Auf jeden Fall werden „erhebliche dreistellige Mittel bereitgestellt werden müssen“.
Dass die Fraktion dem Kabinett offen widerspricht, damit rechnete in Kreuth zunächst niemand. Doch die Kritiker des Kurses der Regierung setzten in den Beratungen am Nachmittag zumindest ein Zeichen. Es bestehe Einvernehmen, so sagte Schmid am Abend, dass die Zahlungen wenn möglich schon 2012 wiederaufgenommen werden. Mit einer endgültigen Entscheidung sei erst kommende Woche zu rechnen.