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Kirche: Verschwörungstheorien um Mixas Rücktritt

Kirche

Verschwörungstheorien um Mixas Rücktritt

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    Der Bischofsstuhl im Augsburger Dom
    Der Bischofsstuhl im Augsburger Dom Foto: Silvio Wyszengrad

    Wer wird nach dem Rücktritt Walter Mixas neuer Bischof von Augsburg? Nach Informationen unserer Zeitung tauchen vier Namen auf einer Vorschlagsliste auf, die das Domkapitel erstellt und bereits an den Vertreter des Papstes in Deutschland, den Apostolischen Nuntius Jean-Claude Perisset, geschickt hat. Während über die Namen wild spekuliert wird, steht fest: Prälat Wilhelm Imkamp, Wallfahrtsdirektor in Maria Vesperbild (Kreis Günzburg), steht nicht auf dieser Liste.

    Bischof von Augsburg könnte er theoretisch dennoch werden. Der Vatikan zieht zur Bischofssuche mehrere Listen heran, und Imkamp soll auf einer genannt worden sein. Letztendlich ausschlaggebend ist das aber nicht, da Papst Benedikt XVI. über die Personalie entscheidet - und relativ frei in seiner Entscheidung ist. Es ist anzunehmen, dass er um die Brisanz der Neubesetzung des Augsburger Bischofsstuhls weiß.

    Die Lage im Bistum Augsburg ist katastrophal. Zwischen Linken und Rechten verlaufen tiefe Gräben; seit dem Rücktritt von Mixa sind sie tiefer geworden. Die Spaltung des Bistums ist perfekt. Linke? Rechte? Gibt es das wirklich in der katholischen Kirche? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Die Linken wollen keine Linken sein und die Rechten keine Rechten. Die Etiketten hängt man lieber den anderen an als sich selbst. Doch nüchtern betrachtet, muss man feststellen, dass sich längst zwei große, verfeindete Lager gegenüberstehen. Das gilt umso mehr im Klerus und unter engagierten Laien.

    Zur Spaltung tragen viele bei. Zum Beispiel Mixa. Der kämpft beharrlich um seine Rehabilitierung, unterstützt von Erzkonservativen, die ihn zum Märtyrer stilisieren, obwohl der Vergleich schief ist. Unter einem Märtyrer versteht man gemeinhin jemanden, der seines Glaubens wegen verfolgt wurde - und einen gewaltsamen Tod fand. Mixa hingegen ist recht umtriebig. Kürzlich hat er in der umstrittenen Gebetsstätte Wigratzbad bei Lindau angefragt, ob er dort sein 40-jähriges Priesterjubiläum feiern kann - bei der erzkonservativen Petrusbruderschaft. Mixa, fürchteten viele, wäre an diesem Ort regelrecht verehrt worden. Das Bistum Augsburg untersagte ihm eine Feier in der Gebetsstätte. Das Fest wird nun im Exerzitienhaus St. Paulus in Leitershofen (Kreis Augsburg) unter Ausschluss der Öffentlichkeit im kleinen Rahmen stattfinden.

    Zudem war Mixa in Rom und hat dem Präfekten der Bischofskongregation seine Sicht der Dinge geschildert: Er sei zum Rücktritt gedrängt worden. Demnächst will er dem Papst seine Version unterbreiten. Eine Zusage für ein Gespräch hat er schon. Allerdings enthält der Brief des Papstes den vieldeutigen Hinweis, dass die laufenden Vorgänge abgeschlossen sein müssen, bevor er Mixa empfangen kann.

    Mixas Version findet Gehör, vor allem bei konservativen Katholiken, die an eine Verschwörung von Linkskatholiken und Medien gegen einen aufrechten konservativen Bischof glauben. In Vergessenheit gerät dabei, dass Mixa nicht wegen des - entkräfteten - Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs sein Amt verlor, wie Eingeweihte wissen, sondern dass ihn eine ganze Reihe von Vorwürfen, die zum Teil nie öffentlich wurden, in eine ausweglose Situation gebracht hat. Alkohol spielt dabei ebenso eine Rolle wie eine problematische Nähe zu jungen Männern im Priesterseminar Eichstätt.

    Kurioserweise nähren auch die Linkskatholiken die rechte Verschwörungstheorie: "So wie die Linken jetzt triumphieren, müssen die Konservativen ja glauben, dass die Linken Mixa zur Strecke gebracht haben", heißt es an einflussreicher Stelle. Auch die "Pfingsterklärung", eine Art Mini-Kirchenvolksbegehren, habe diese Wirkung und vertiefe die Spaltung: "Das Papier ist auch in Rom aufmerksam gelesen worden. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir einen konservativen Bischof bekommen." Beinahe täglich gibt es neue Spekulationen dieser Art. Imkamp wird immer wieder ins Spiel gebracht. Die Linken versuchen, ihre Truppen zu mobilisieren, weil sie ihn verhindern wollen. Die Rechten schüren die Imkamp-Gerüchte, weil es dann später leichter ist, einen konservativen Bischof als "Mann der Mitte" zu präsentieren: Es hätte ja Imkamp werden können.

    Hinter den Kulissen, rechts wie links, wird eifrig daran gearbeitet, den Boden für den jeweiligen Wunschkandidaten zu bereiten. So haben die Regionaldekane der Diözese ein Papier verfasst, in dem sie ihre Anforderungen an einen Bischof darlegten und mit dem sie das Domkapitel beeinflussen wollten. Zugunsten eines eher liberalen Geistlichen. Der künftige Bischof soll, sagt einer der Dekane, "verwurzelt in Gott und mitten im Leben" sein. Das Papier wurde in der vergangenen Woche Prälat Dietmar Bernt, Mitglied des Domkapitels, übergeben. Man hoffe, dass Nuntius Perisset die Vorschlagsliste aus Augsburg besonders würdigen werde. Der konservative Imkamp, heißt es in linken Kreisen, sei "schlimmer als Mixa" und der Mehrzahl der Priester im Bistum als Bischof nicht vermittelbar. Er würde, so sagen linke Kleriker, die Spaltung vorantreiben.

    Einer, der das nach Einschätzung vieler Dekane seit Jahren tut, ist Dirk Hermann Voß. Erst in der Pfingstausgabe der Katholischen SonntagsZeitung, die zum Ulrichsverlag gehört und von Voß herausgegeben wird, hatte er Mixa - wider besseres Wissen - von Prügel- und Veruntreuungsvorwürfen freisprechen lassen. Der Unmut der Priester über den Einflüsterer Mixas und weiterhin aktiven Geschäftsführer der Mediengruppe Sankt Ulrich Verlag ist in den vergangenen Wochen stetig gewachsen. "Voß äußert sich immer wieder extrem mit seinen Meinungen. Das darf nicht sein", sagt etwa Regionaldekan Hubert Ratzinger. "Der Ulrichsverlag braucht ein anderes Gesicht."

    Wie Voß' Entmachtung vonstattengehen könnte, wird eifrig im Bistum diskutiert. Eine Spekulation lautet: Das Bistum verkauft seinen Ulrichsverlag an die Verlagsgruppe Weltbild. Als wahrscheinlicher gilt, dass man mit Voß eine einvernehmliche Lösung anstrebt und ihn mit einer hohen Summe abfindet. Zurzeit werden verschiedene Möglichkeiten geprüft. "Der Neuanfang kann nur glaubwürdig sein mit einem neuen Gesicht", lautet offensichtlich der Konsens in Domkapitel und Diözesanleitung. Von Daniel Wirsching und Markus Günther

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