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Kirche: Münchner Missbrauchsgutachten wird bald veröffentlicht

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Münchner Missbrauchsgutachten wird bald veröffentlicht

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    Kardinal Reinhard Marx, früherer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Münchner Erzbischof. Welche Verantwortung wird er laut Gutachten für den Umgang mit Missbrauchsfällen in seinem Bistum tragen?
    Kardinal Reinhard Marx, früherer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Münchner Erzbischof. Welche Verantwortung wird er laut Gutachten für den Umgang mit Missbrauchsfällen in seinem Bistum tragen? Foto: Andreas Arnold/dpa

    Das ursprünglich für den Sommer angekündigte unabhängige Missbrauchsgutachten für das katholische Erzbistum München und Freising wird nun Anfang das nächsten Jahres veröffentlicht. Das erklärte die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) am Mittwoch. Demnach werde es bei einer Pressekonferenz zwischen dem 17. und dem 22. Januar vorgestellt.

    Als Grund für die Verzögerung nannte die Kanzlei „neue Erkenntnisse“, die man in der jüngeren Vergangenheit gewonnen und die man „kurzfristig einer intensiven Überprüfung unterzogen“ habe.

    Das Gutachten „zu sexuellem Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtlich Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945–2019“ wird mit großer Spannung erwartet. Nach einem im März veröffentlichten Rechtsgutachten für den Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln wird mit München und Freising ein weiteres weltweit bedeutendes Bistum der katholischen Kirche im Fokus stehen.

    Und damit sogar ein heute emeritierter und hoch betagter Papst, Benedikt XVI. Denn Joseph Ratzinger, wie der 1927 Geborene mit bürgerlichem Namen heißt, wurde 1977 zum Münchner Erzbischof ernannt. Er blieb es bis Anfang 1982, um dann in den Vatikan zu wechseln.

    Das Gutachten wird auch die Rolle von Joseph Ratzinger untersuchen, der heute als emeritierter Papst im Vatikan lebt

    Seit Jahren stellen sich Beobachter und Missbrauchsbetroffene die Frage, welche Verantwortung Ratzinger zukommt – insbesondere im Falle eines Priesters, der 1980 aus dem Bistum Essen nach München kam. Ratzinger stimmte dem Umzug zu. Der Geistliche hatte den sexuellen Missbrauch von Jungen eingeräumt, wurde dennoch im Erzbistum München und Freising eingesetzt und missbrauchte abermals Kinder. Der jetzige Münchner Erzbischof, Reinhard Kardinal Marx, bat vor wenigen Monaten in Garching an der Alz, wo der Priester wirkte, um Entschuldigung für die damalige Vorgehensweise.

    Marx, 2007 zum Münchner Erzbischof ernannt, beauftragte auch die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl mit dem Missbrauchsgutachten. Es wird auch seinen Umgang mit Verdachtsfällen thematisieren. Und das, so kennt man es aus vergleichbaren Gutachten der Kanzlei, in aller Deutlichkeit. Nach Angaben vom Mittwoch wird sie dabei „eventuell bestehende systemische Ursachen bzw. Defizite“ sowie „soweit rechtlich möglich“ Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising benennen, „die unserer Einschätzung nach im Untersuchungszeitraum möglicherweise fehlerhaft oder unangemessen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs gehandelt haben“.

    Westpfahl Spilker Wastl betonte, die Repräsentanten würden bei der Vorstellung des Gutachtens erstmals dessen Feststellungen und Ergebnisse erfahren. Man werde es „eigenverantwortlich“ präsentieren und auch auf der eigenen Homepage veröffentlichen.

    Wie wird Kardinal Marx reagieren?

    Diese beiden Punkte dürften der Kanzlei besonders wichtig sein: Denn der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der sich derzeit wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen in einer mehrmonatigen Auszeit befindet, hatte die Münchner Anwälte ebenfalls beauftragt – und deren Gutachten dann unter anderem wegen angeblicher methodischer Mängel unter Verschluss nehmen lassen. Eine der Folgen: massive Kirchenaustritte im Erzbistum Köln.

    Wie Marx auf das Gutachten für sein Erzbistum reagieren wird, wird sich zeigen. Er hatte bereits dem Papst seinen Amtsverzicht angeboten, um Mitverantwortung für „die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs“ zu tragen. Der Papst nahm das Rücktrittsgesuch nicht an, Marx wiederum erklärte: „Wenn sich eine neue Situation ergibt oder veränderte Umstände, die meinen Dienst grundsätzlich in Frage stellen, werde ich prüfen, ob ich nicht erneut das Gespräch mit dem Heiligen Vater suchen sollte.“

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