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Kirche: Anti-Corona-Aufruf unter Katholiken: Augsburgs Bischof geht auf Abstand

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Anti-Corona-Aufruf unter Katholiken: Augsburgs Bischof geht auf Abstand

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    Bischof Bertram Meier distanziert sich von dem von Kardinal Gerhard Ludwig Müller unterzeichneten Aufruf.
    Bischof Bertram Meier distanziert sich von dem von Kardinal Gerhard Ludwig Müller unterzeichneten Aufruf. Foto: Ulrich Wagner

    Was hat nur den ehemaligen obersten Glaubenshüter des Vatikans, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, angetrieben, einen Aufruf zu unterzeichnen, der das Coronavirus als Vorwand ansieht, eine „verabscheuungswürdige technokratische Tyrannei“ zu errichten? Müller beruft sich auf eine „zum Teil unzulängliche kirchliche Reaktion“ auf die angeordneten Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten.

    Der Augsburger Bischof Bertram Meier distanziert sich von dem Aufruf

    Von ihm hat sich nun auch der ernannte Augsburger Bischof Bertram Meier distanziert. Zwar äußere er sich grundsätzlich nicht zu derartigen Aussagen anderer Bischöfe und Kardinäle. „Jeder muss in einer freiheitlichen Gesellschaft seine Meinung frei äußern dürfen“, sagte er unserer Redaktion.

    Umso klarer fährt Meier fort: „Aber in unserem Bistum haben wir einen Priester an Corona verloren. Und ich denke vor allem auch an die vielen Menschen, die in verschiedenen Altenheimen in unserer Region inzwischen nach einer Covid-19-Infektion gestorben sind. Hier von einer Weltverschwörung zu reden, empfinde ich geradezu als zynisch.“

    Was sein Bistum betrifft, werde die Kirche in der Corona-Pandemie weiterhin eng mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten. „Denn nur gemeinsam können wir dieses Virus besiegen.“

    Corona und Seniorenheime: Diese Regeln gelten

    Regeln: Seit vergangenen Samstag dürfen Oma und Opa im Seniorenheim wieder besucht werden – allerdings nur unter strengen Auflagen und nicht, wenn der Bewohner in Quarantäne ist.

    Erlaubt ist eine feste Kontaktperson, die einmal täglich zu einer festen Besuchszeit kommt. Alle müssen Schutzmasken tragen und mindestens 1,5 Meter Abstand halten. Das Gleiche gilt für Krankenhäuser und Pflegeheime. Ausnahmen gibt es, wenn Menschen im Sterben liegen.

    Reaktionen: "Wir freuen uns sehr, dass Besuche wieder möglich sind", sagt Daniel Wagner von der Diakonie, Bayerns zweitgrößtem Wohlfahrtsverband. Bewohner, Angehörige und viele Angestellte hätten unter den Besuchseinschränkungen gelitten, "so sinnvoll diese auch waren".

    Die Diakonie hat sich mit einem großen Vorrat an Schutzmasken eingedeckt, geht aber davon aus, dass Besucher eigene Masken mitbringen. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, mahnt zu Besonnenheit. Die Bewohner benötigten weiter besonderen Schutz, sagt der Staatssekretär im Gesundheitsministerium. "Besuche können in dieser Situation nicht so flexibel stattfinden, wie dies vor der Pandemie der Fall war."

    Rechtskatholisch: Kardinal Müller regierte in Regensburg als Hardliner-Bischof

    Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, bekundete im Kölner Domradio unterdessen „Mitleid“ mit Kardinal Müller. „Was in aller Welt bringt einen Menschen, der doch mal ein durchaus angesehener Professor in München war und ein wichtiger Bischof für Regensburg, ein bedeutender Kirchenmann, dazu, auf seine alten Tage seinen gesamten Ruf zu ruinieren, indem er so etwas unterschreibt?“, fragte Sternberg.

    Tatsächlich gehörte Müller, Ende 1947 bei Mainz geboren, zu den führenden deutschen Theologen. Sein Dogmatik-Lehrbuch ist ein Standardwerk, eine enge Freundschaft verbindet ihn mit dem peruanischen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez. Doch als Bischof von Regensburg regierte er von 2002 bis 2012 als Hardliner, der die Mitsprache der Laien aushebelte. Seit ihn Papst Benedikt XVI. 2012 als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre nach Rom holte, positionierte sich Müller vollends in der rechtskatholischen Ecke.

    So teilte Kardinal Müller gegen die deutschen Katholiken aus

    Mit Vorliebe teilte der Kardinal gegen die deutschen Katholiken aus. Den Synodalen Weg verglich er mit Hitlers Ermächtigungsgesetz von 1933 und schimpfte im Internet: „Eine selbst ernannte Versammlung, die weder von Gott noch von dem Volk autorisiert ist, das sie vertreten soll, hebt die Verfassung der Kirche göttlichen Rechts auf.“

    Den Ratgebern von Papst Franziskus sprach er die theologische Kompetenz ab („sie richten fahrlässig Verwirrung unter den Gläubigen an“). Indes lobte er Franziskus für dessen Schreiben nach der Amazonas-Synode („ein Dokument der Versöhnung“). Es enthielt nicht die erhoffte Lockerung des Zölibats und kein Signal für das Weiheamt für Frauen.

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