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Kiefersfelden: Bayerische Grenzorte leiden unter Pickerl-Pflicht

Kiefersfelden

Bayerische Grenzorte leiden unter Pickerl-Pflicht

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    Die Pickerl-Pflicht an der österreichischen Grenze lenkt den Verkehr durch bayerische Grenzorte.
    Die Pickerl-Pflicht an der österreichischen Grenze lenkt den Verkehr durch bayerische Grenzorte. Foto: imago stock&people, Symbolbild

    Hans Hanusch hat genug. Genug vom Warten, genug von verstopften Straßen und genug vom vielen Verkehr in seiner Gemeinde. Rund ein Jahr ist es nun her, dass der Kiefersfeldener auf die Straße ging, um gegen die Pickerl-Pflicht ab der österreichischen Landesgrenze zu protestieren. So, wie tausende andere Bürger in der Grenzregion zwischen Bayern und Österreich.

    Ausflügler sparen sich die Maut und fahren durch Kiefersfelden

    Mit einer Blockade der Inntal-Autobahn zwischen Kiefersfelden und Kufstein wollten Bayern und Tiroler gemeinsam die österreichische Regierung zwingen, auf die Mautkontrollen im Grenzbereich zu verzichten – so wie es 16 Jahre lang praktiziert worden war. Die Angst der Gemeinden: Die Tagesausflügler sparen sich die Maut lieber und fahren stattdessen durch die Dörfer. Auch Hanusch machte damals seinem Ärger Luft. Als Gemeinderat und Kieferfeldens zweiter Bürgermeister initiierte er sogar eine Bürgerinitiative und rief zum Protest. Genutzt hat es nichts. „Jetzt müssen wir mit den Konsequenzen leben“, sagt er und seufzt.

    Die Folgen: Das sind durchschnittlich 40 Prozent mehr Fahrzeuge, die sich an Wochentagen durchs bayerische Kiefersfelden quälen, seit die österreichische Autobahnmaut in Grenznähe gilt. An den Wintersonntagen nahm der Verkehr im Schnitt sogar um zwei Drittel zu. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Land Tirol und der österreichische Autobahnbetreiber Asfinag in Auftrag gegeben haben.

    Die Folgen der Maut spüren laut Studie vor allem die Bayern. In Kufstein und den österreichischen Grenzorten sind die Ergebnisse nicht so eindeutig. „Die Bürger in Kiefersfelden sind zu Recht verärgert“, sagt Hanusch. Und dabei seien die Zahlen aus dem ersten Jahr ja erst ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte.

    Österreichische Autobahngesellschaft ist zufrieden

    Denn der vergangene Winter war für Skifahrer ein miserabler. „So richtig schlimm wird es erst, wenn Wochenenden mit guter Schneelage kommen“, sagt deshalb auch Kiefersfeldens Bürgermeister Hajo Gruber. Tatsächlich sei der Zusammenbruch des Verkehrs bislang weder in Kufstein noch in Kiefersfelden eingetreten. Schaden habe seine Gemeinde aber auch so schon genug. Gruber ist nicht nur davon genervt, dass seine Bürger an manchen Tagen kaum mehr über die Hauptstraße kommen. Auch der Tourismus werde beeinträchtigt. „Die Menschen glauben ja, in unserer Gemeinde gibt es nichts anderes zu sehen als Stau.“ Das sei ein völlig falsches Bild. „Die Asfinag kassiert und wir tragen die Folgen“, sagt Gruber verärgert.

    Die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag ist indessen zufrieden mit der Einführung der Vignettenpflicht zwischen Landesgrenze und Anschlussstelle Kufstein-Süd. Eine gewisse Verlagerung des Verkehrs sei zwar festzustellen, allerdings sei diese bei weitem nicht so schlimm, wie manche befürchtet hätten. „Das große Chaos auf den Straßen blieb bislang aus“, sagt Sprecher Alexander Holzedl. Auch sei ein Verkehrsrückgang auf der A 12 nicht festzustellen. Im Gegenteil: An der Vertriebsstelle Kiefersfelden registriert die Asfinag vor allem bei den Jahresvignetten einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Die Rechnung scheint also aufzugehen.

    Der zweite Bürgermeister Hanusch setzt Hoffnungen in die Pkw-Maut

    In Kiefersfelden klammert sich Bürgermeister Gruber derweil an jeden Strohhalm. Nachdem die Hilferufe in München, Berlin und Wien im Nirgendwo verhallten, hofft er jetzt auf Rückendeckung aus Brüssel. Eine Petition haben sie verfasst und an das Europäische Parlament geschickt. „Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt“, sagt Gruber.

    Auch für Hans Hanusch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Auch wenn sein Protest von damals kein Gehör gefunden hat – aufgeben, möchte er noch nicht. In ihm schlummert eine neue Hoffnung: Und die heißt ausgerechnet Pkw-Maut. Hanuschs Rechnung: Geht die Bundesregierung mit gutem Beispiel voran und verlangt für die ersten Kilometer auf Autobahnen und Bundesstraßen keine Maut, ließe sich vielleicht auch mit Österreich wieder reden. „Dann würde ich gegen die jetzige Vignetten-Pflicht auch wieder auf die Straße gehen.“

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