Gleich in seinem ersten großen Interview nach seiner Ernennung sagte der neue Augsburger Bischof Bertram Meier unserer Redaktion etwas, das bundesweit Beachtung fand: Er könne sich Zahlungen in Höhe von 25.000 Euro an Missbrauchsopfer vorstellen, „in schweren Fällen aber auch mehr“. Kirchensteuermittel wolle er nicht dafür verwenden. Eine Entschädigung von bis zu 400.000 Euro für das lebenslange Leiden von Missbrauchsopfern, wie das Opfervertreter gefordert hatten, lehnte er ab. Das war Anfang Februar.
Im Juni machte der katholische Oberhirte erneut Schlagzeilen: Das Bistum Augsburg kündigte an, über bislang geleistete Beträge von in der Regel 5000 Euro deutlich hinauszugehen. Fortan würden Einmalzahlungen von bis zu 25.000 Euro geleistet – sowie zudem monatliche Zahlungen an Opfer, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könnten. Für sie sei ein Gesamtbetrag von maximal 75.000 Euro möglich. Damit befand sich das Bistum Augsburg – nach dem Erzbistum Freiburg – in einer Vorreiterrolle. „Ich wollte hier nicht länger zuwarten und die betroffenen Personen vertrösten“, sagte Bertram Meier.
Kirche verspricht Missbrauchsopfern mehrere Tausend Euro Entschädigung
Im September dann beschloss die Deutsche Bischofskonferenz, der Zusammenschluss aller Bischöfe, auf ihrer Vollversammlung in Fulda einheitliche Einmalzahlungen von bis zu 50.000 Euro von Januar 2021 an. Über die je nach Schwere des Missbrauchsfalls unterschiedliche Höhe solle ein unabhängiges Entscheidungsgremium beraten. Was zu der Frage führt: Was gilt denn nun im Bistum Augsburg?
Bertram Meier erklärte bereits, den Beschluss der Bischöfe umsetzen zu wollen. Am Montag sagte ein Bistumssprecher auf Anfrage aber: Bis auf Weiteres werde die seit Juni gültige diözesane Regelung in Kraft bleiben. „Dies betrifft zunächst auch die Höhe beziehungsweise Summe der Zahlungen.“ Derzeit liege für die von der Deutschen Bischofskonferenz beschlossene Neuregelung noch keine finale Verfahrensordnung vor. „Von dieser wird jedoch die Beschlussfassung der Diözese abhängen.“
Bistumssprecher: Bislang wurden knapp 777.000 Euro an Missbrauchsopfer gezahlt
Eine Entscheidung könnte nach Informationen unserer Redaktion noch im Oktober fallen. Was aber ist damit genau gemeint? Könnte es etwa das Ende der monatlichen Zahlungen im Bistum Augsburg bedeuten? Derzeit herrscht darüber Unklarheit. Was auch damit zu tun hat, dass sich die Bischöfe aller 27 (Erz-)Diözesen in Deutschland nur auf „einen einheitlichen Leistungsrahmen“ geeinigt haben – und eben noch nicht auf eine detaillierte Verfahrensordnung.
Fest steht dagegen: In den vergangenen Jahren zahlte die Diözese Augsburg in 127 Fällen Geld „in Anerkennung des Leids“ sowie für therapeutische Hilfen – insgesamt knapp 777.000 Euro. Im Rahmen der zum 1. Juni in Kraft getretenen Anerkennungs- und Unterstützungsordnung seien bislang acht Fälle behandelt und entschieden worden. Überwiegend handele es sich dabei um Fälle körperlicher Gewalt. Zwei von ihnen seien neu bekannt worden.
Der Kommentar: Die Regelung muss einheitlich sein
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