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Katholikentag: Frauen in der Kirche mucken auf

Katholikentag

Frauen in der Kirche mucken auf

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    Tausende Gläubige haben sich am Samstagabend in der Donau-Arena zu einem Abendgebet eingefunden.
    Tausende Gläubige haben sich am Samstagabend in der Donau-Arena zu einem Abendgebet eingefunden. Foto: Armin Weigel, dpa

    Ermutigt hat sie der Dialogprozess der deutschen Bischöfe. „Ich möchte nicht länger eine von Männern geleitete Kirche, sondern dass sie den Frauen ihren gerechten Anteil geben!“, begehrt Claudia Lücking-Michel, Bundestagsabgeordnete und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) auf dem Katholikentag in Regensburg auf. Denn: „Die Zeit rennt der Kirche davon und mir ihr die Frauen.“

    Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der die Bischofskonferenz auf dem Podium „Frauen fragen nach“ im voll besetzten Audimax der Universität vertritt, weiß, was die Stunde geschlagen hat. Er hält eine Quote von 30 Prozent für Frauen in kirchlichen Führungspositionen als mittelfristiges Ziel für realistisch. Und erforderlich: „Sonst ändert sich nichts.“ Derzeit gebe es 13 Prozent Frauen in der oberen Führungsebene und 19 Prozent in der mittleren. Und leider noch keine einzige Bistums-Pressesprecherin.

    Barmherziger Umgang mit Geschiedenen gefordert

    Fast noch drängender fordern die Frauen einen barmherzigeren Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen. Bislang werden sie unterschiedslos von der Kommunion ausgeschlossen. Kirchlichen Angestellten droht die Entlassung. „Es muss etwas geschehen“, fordert Maria Theresia Opladen, die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. 100.000 Unterschriften von Frauen hat sie hinter sich. Die der Ausschluss schmerzt, „sind ja die Treuesten“, sagt Opladen.

    Bischof Bode bereut, dass die Kirche mit dem „wirklich schweren Problem“ fast nur rechtlich umgeht. Dabei sei die zweite Ehe oft „eine reifere, heilvollere Beziehung“, bei der es keinen Rückweg mehr zum Ausgang gibt. Die Bischöfe müssten eine Lösung finden. Papst Franziskus, der mehr Barmherzigkeit verlangt, „kommt uns sehr entgegen“.

    Jugend wünscht sich besseren Umgang mit Homosexuellen

    In Fragen der Sexualmoral muss die katholische Kirche wohl ganz neu anfangen. „Zentrale Instanz für Jugendliche ist hier das eigene Gewissen“, weiß Andrea Heim, Vorsitzende des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend im Erzbistum Freiburg, aus Umfragen. Die katholische Haltung zu Empfängnisverhütung und vorehelichen Sex dürfe nicht auf einer Verbotsmoral basieren. Vor allem wünsche sich die Jugend, so Heim, dass der „menschenverachtende Umgang“ der Kirche mit Homosexuellen aufhört.

    So kontrovers der Nachmittag im Audimax verläuft, so sehr üben sich am Vormittag Katholiken und Sozialdemokraten in Harmonie. Ist das wirklich der Vorsitzende der SPD? „Es stimmt alles, was der Kardinal gesagt hat“, bestätigt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx. In Sachen notwendiger Mindestlohn und krass überzogene Managergehälter passt auf dem Katholikentag kein Blatt Papier zwischen die beiden Schwergewichte.

    Beide sind sich völlig einig darin, dass der Staat regulierend eingreifen muss, um einen aus den Fugen geratenen Arbeitsmarkt wieder zu ordnen. „Ein Mensch, der den ganzen Tag arbeiten geht, soll nicht hinterher beim Staat betteln müssen, damit sein Lohn zum Leben reicht, das ist demütigend“, fordert Gabriel.

    Marx kritisiert Kapitalismus

    Marx übt heftige Kapitalismuskritik. Eine entfesselte Marktwirtschaft habe ihre Verheißungen auf Wohlstand für alle nicht eingelöst, „das Auseinanderdriften der Gehälter wird eher stärker“, moniert der Kardinal. Das Instrument Mindestlohn, so Marx, reiche gar nicht aus, die soziale Schieflage zu korrigieren. „Es wird den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht fördern, nur die Armen etwas besserzustellen“, bemerkt der Münchner Erzbischof. Es brauche eine Regulierung des Kapitalmarkts, um die Diskrepanzen auszuräumen.

    Dass millionenschwere Managergehälter dazu dienen sollten, deren hohes Risiko abzufedern, wie es ein Filmstatement eines Unternehmers behauptet, bringt Marx und Gabriel gemeinsam zum Staunen. „Es wäre schon klug, wenn ein Manager haftet, wenn etwas schiefläuft.“ Üblich sei eher ein „goldener Handschlag“.

    Der Sozi und der Kardinal werfen sich locker die Bälle zu, fast bedarf es keiner Moderation. „Darf ich Sie verteidigen?“, springt Gabriel ein, als Marx wegen der niedrigen Löhne für soziale Berufe in Bedrängnis gerät. Pflegeleistungen seien eben ungenügend von der Sozialversicherung refinanziert. Aber schlagfertig gibt sich der SPD-Chef auch, als die Agenda 2010 als Ursache zunehmender Niedriglohn-Beschäftigter benannt wird. „Auch wir Politiker machen Fehler, wir tun uns nur leichter, es zuzugeben, als die katholische Kirche“, unkt Gabriel.

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