Januar 2012: Sechs Pistolenschüsse feuert der Todesschütze im Dachauer Amtsgericht ab. Im Kugelhagel stirbt ein junger Staatsanwalt. Richter, Protokollant und Verteidigerin können sich unter einen Tisch retten. Tags darauf fordert Bayerns Justizministerin Beate Merk mehr Wachpersonal für bayerische Gerichte, eine bessere Sicherheitstechnik und durchgängige Einlasskontrollen.
Bis Ende des Jahres sollen alle Gerichte Metalldetektoren haben
Vier Monate nach dem Drama sind laut Ministeriumssprecher Wilfried Krames „bereits die meisten Gerichte“ mit Metalldetektorrahmen ausgerüstet: „Bis Ende des Jahres wird die Maßnahme abgeschlossen sein.“ An Justizeingängen, wo derzeit noch keine Metallrahmen installiert sind, erzielen laut Krames Handdetektoren „den gleichen Sicherheitseffekt“. Einziger Unterschied: Es dauert länger und ist für die Wachtmeister aufwendiger.
Um durchgängige Zugangskontrollen zu stemmen, werden laut Krames 140 neue Justizmitarbeiter eingestellt. Die Neuen kommen in Etappen: Zum 1. Juni beginnen die ersten 70, im März 2013 weitere 40 und ein Jahr später noch einmal 30. Finanziert wird das Personal aus dem Justizhaushalt. Gut 25 Millionen Euro werden in den nächsten drei Jahren für Sicherheitskräfte privater Firmen lockergemacht, von denen 300 das Wachpersonal der Justiz unterstützen sollen. Diese sind laut Krames billiger und flexibler als die Beamten.
Ministeriumssprecher: Es wurde nur stichprobenartig kontrolliert
Insgesamt sollen künftig 1240 Sicherheitskräfte statt bislang 800 die bayerischen Gerichte vor einem Drama wie in Dachau – oder 2009 in Landshut, als zwei Menschen bei Schüssen im Landgericht ihr Leben lassen mussten – schützen. „Sowohl der schreckliche Vorfall in Landshut als auch die Tragödie von Dachau hingen damit zusammen, dass nach dem damaligen Sicherheitskonzept anlassbezogen und stichprobenartig kontrolliert wurde“, sagt Krames. „Die Gefahr, dass auch zunächst unspektakulär erscheinende Verfahren eskalieren können, wird durch durchgängige Sicherheitskontrollen entscheidend verringert.“
Laut Krames hatte sich das Justizministerium auch nach dem Landshuter Amoklauf, als ein Mann zwei Schwägerinnen tötete, für zusätzliches Sicherheitspersonal eingesetzt: „Das wurde aber aufgrund der Haushaltslage und des damals offenen Sicherheitskonzepts nicht bewilligt.“ Gerichtsgebäude sollten für Besucher transparent und leicht zugänglich bleiben.
Amtsgerichtsdirektor: "Alles Menschenmögliche tun, um die Mitarbeiter zu schützen"
Vieles hat sich geändert: In den Strafjustizzentren Augsburg, Würzburg und München, am Münchner Justizpalast und im Zentraljustizgebäude Nürnberg wurden „Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit“ durchgeführt, sagt Katja Winkler, Sprecherin des Innenministeriums. Auch an kleineren Justizgebäuden ist Hand angelegt worden: Am Günzburger Amtsgericht beispielsweise wurde vor wenigen Wochen die Sicherheit durch Detektorrahmen erhöht. Kameras überwachen Hof und Gebäudeinneres. Auch personell wurde aufgestockt.
Am Amtsgericht Schwabmünchen werden an Sitzungstagen ab sofort alle Besucher auf Waffen abgetastet und deren Handtaschen, Aktenkoffer und Rucksäcke durchsucht. Das gilt auch für das Amtsgericht Sonthofen. Einlasskontrollen für jeden gibt es auch am Dillinger Amtsgericht. „Man muss alles Menschenmögliche tun, um die Mitarbeiter zu schützen“, so Amtsgerichtsdirektor Johann Popp.
Doch ausschließen lässt sich eine Tragödie wie im Januar 2012 nie: „Absolute Sicherheit wird man niemals garantieren können“, sagt Ministeriumssprecher Krames. AZ