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Justiz: Vergewaltiger stellt nach Entlassung Frauen nach

Justiz

Vergewaltiger stellt nach Entlassung Frauen nach

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    Featurebild Foto: dpa

    Ein Unbekannter befestigt morgens einen Zettel an einem Opel Corsa. "Hallo, kannst Du mich bitte heute mal kurz anrufen?" Er gibt seine Handynummer an, verabschiedet sich mit einem lieben Gruß.

    Die junge Frau, die in einem Kasino-Klub in Donauwörth arbeitet, traut sich fortan nachts nicht mehr, allein nach Hause zu kommen. Seit Längerem ist ihr ein Kerl aufgefallen, der sich zu verstecken scheint, wenn sie sich nach Mitternacht ihrer Wohnung nähert.

    Fast zur gleichen Zeit erhält eine Frau in Buttenwiesen (Landkreis Dillingen) nachts auf ihrem Handy eine SMS. "Hallo liebe Anita, kannst Du mich bitte heute mal kurz anrufen?" In weiteren Kurzmitteilungen erklärt der Unbekannte, der nur Vornamen und Handynummer angibt, der Frau, dass er sie süß fände und schon längere Zeit beobachte.

    Anita bekommt Panik, wendet sich an die Polizei, verriegelt Fenster und Türen. Die Frau glaubt zu wissen, um wen es sich bei dem Verfasser handelt. Neun Tage später wird in Donauwörth ein 39 Jahre alter Mann verhaftet. Unter dem Verdacht zwei Frauen nachgestellt zu haben - besser bekannt unter dem englischen Begriff "Stalking".

    Bundesgerichtshof hob die Sicherungsverwahrung auf

    Der Donauwörther sorgte schon 2002 als brutaler Vergewaltiger in der Region für Schlagzeilen. Und abermals 2008, als das Augsburger Landgericht nachträglich Sicherungsverwahrung anordnet, obwohl seine Haftstrafe verbüßt ist. Im Prozess hatten zwei von drei forensischen Psychiatern dem Häftling bescheinigt, noch immer für andere gefährlich zu sein. Ähnliche Gewalttaten an Frauen seien auch künftig nicht auszuschließen, trotz jahrelanger medizinischer Behandlung und Therapie im Gefängnis.

    Eine Einschätzung, der sich später der Bundesgerichtshof nicht anschließen mag. Dem Revisionsantrag seines Augsburger Verteidigers Ralf Schönauer gibt der 1. Strafsenat im Februar 2009 statt. Es sei Wille des Gesetzgebers, so die Karlsruher Richter, dass die Sicherungsverwahrung "nur bei einer geringen Anzahl denkbarer Fälle in Betracht kommt, bei denen der Verurteilte zum Entlassungszeitpunkt als hochgefährlich einzustufen ist". Noch bevor der Beschluss geschrieben und veröffentlicht ist, befindet sich der Mann auf freiem Fuß, zieht wieder zu seinen Eltern nach Donauwörth. Das Gericht ordnet Meldeauflagen an, stellt ihm einen amtlichen Betreuer an die Seite.

    Dennoch wird der 39-Jährige bald wieder rückfällig. Wieder bedrängt er Frauen, wird angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt wegen der jüngsten Vorfälle Anklage erhoben. Im Prozess dürfte weniger die Höhe einer Haftstrafe eine Rolle spielen, als erneut die Frage, ob der Täter aus Sicherheitsgründen lebenslang weggesperrt wird. Das Gericht wird wieder auf den Sachverstand der Mediziner zurückgreifen müssen. Im Vorfeld ist zwischen Verteidiger Schönauer und der

    Fälle wie dieser sind der Hintergrund des momentanen Koalitionsstreits um das Wegsperren jener gefährlichen Straftäter, die die Haftstrafe verbüßt haben. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plant, die seit 2004 geltende, aber umstrittene Regelung wieder abzuschaffen. Von Peter Richter

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