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Justiz: Schreiber-Prozess: "Die Sturheit des Kaffernbüffels"

Justiz

Schreiber-Prozess: "Die Sturheit des Kaffernbüffels"

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    Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber steht wieder vor dem Augsburger Landgericht.
    Ex-Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber steht wieder vor dem Augsburger Landgericht. Foto: Stefan Puchner/ dpa

    Wenn man immer schon mal wissen wollte, wie es an der Schnittstelle zwischen Rüstungsindustrie und Politik so zugegangen ist vor gut 20 Jahren, dann empfiehlt sich ein Besuch beim Revisionsprozess gegen Karlheinz Schreiber, 78.

    Dort stehen nun die Beziehungen des früheren Waffenlobbyisten zu zwei ehemaligen Managern des Rüstungskonzerns Thyssen Henschel im Fokus. Beide waren in Augsburg zu Haftstrafen verurteilt worden, weil sie von Schreiber Schmiergeld erhalten hatten. Der Bundesgerichtshof hatte später die Strafen reduziert. Einer der beiden, Winfried Haastert, war ursprünglich als Zeuge im Schreiber-Verfahren geladen. Er ließ aber über seinen Anwalt ausrichten, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache. Dieses steht ihm nur zu, weil zwei neue Anklagen gegen ihn laufen. Ihm wird uneidliche Falschaussage vorgeworfen: Haastert soll im Verfahren gegen Max Strauß und im ersten Schreiber-Prozess gelogen haben.

    Briefwechsel: Schreiber schreibt Thyssen-Manager

    Von Kiep bis Strauß: Urteile in der Schreiber-Affäre

    Walther Leisler Kiep hatte als CDU-Schatzmeister von Karlheinz Schreiber eine Million Mark als Parteispende entgegengenommen. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Die Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert hatten von Schreiber Schmiergeld kassiert und erhielten Bewährungsstrafen von 24 und 20 Monaten.

    Ludwig-Holger Pfahls: Der Ex-Rüstungsstaatssekretär hat sich von Schreiber mit 3,8 Millionen Mark schmieren lassen. Er wurde zu 27 Monaten Haft verurteilt.

    Max Strauß: Der Politikersohn erhielt 2004 wegen Steuerhinterziehung eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Nach der Revision wurde Strauß freigesprochen.

    Dieter Holzer wurde 2008 wegen Fluchthilfe für Pfahls zu neun Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.

    Karlheinz Schreiber wurde 2010 wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

    Ein weiteres Mal wurde Ludwig-Holger Pfahls im November 2011 verurteilt. Wegen Bankrotts und Steuerhinterziehung muss der frühere Spitzenpolitiker für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

    Dieter Holzer wurde im November 2011 verurteilt, weil er Pfahls nach Ansicht des Landgerichts Augsburg bei der Steuerhinterziehung half. Aufgrund seiner zwei offenen Bewährungen lautete das Urteil auf dreieinhalb Jahre Haft.

    Karlheinz Schreiber wird 2013 im Revisionsverfahren wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

    Die 10. Strafkammer des Augsburger Landgerichts las daher gestern aus Dokumenten vor, die Licht ins Dunkel der Beziehungen zwischen Schreiber und den Thyssen-Leuten bringen sollen. Zum Beispiel wurde aus einem Briefwechsel zwischen Haastert und Schreiber zitiert. Zunächst bedankt sich der Thyssen-Manager für „ausgesuchte Geschenkideen“ Schreibers zu Weihnachten und sendet ihm im Gegenzug einen Bildband über Franz Josef Strauß. Schreiber repliziert und überhäuft Haastert mit Komplimenten: Er vereine in sich „die Präzision des Schweizer Uhrmachers, die Sturheit des Kaffernbüffels und die Schlauheit des armenischen Teppichhändlers“. Diese Mischung sei selten anzutreffen.

    Sind wirklich Millionen ohne Geschäftsinteressen geflossen?

    Vor dem Hintergrund solch vertraulicher Briefwechsel erscheint es zumindest fraglich, dass der frühere Thyssen-Manager nicht wusste, wofür ihm Schreiber Millionen zugesteckt hatte. Das Geld sei ohne  Geschäftsinteressen geflossen. Genau das aber hat Winfried Haastert in den beiden damaligen Augsburger Prozessen ausgesagt. Im ersten Schreiber-Verfahren blieb er auch auf Nachhaken des Vorsitzenden Richters Rudolf Weigell bei seiner Version. Der Richter sagte daraufhin: „Es ist noch ein Verfahren wegen Falschaussage gegen Sie anhängig – das überrascht mich nicht.“ Das Revisionsverfahren gegen Karlheinz Schreiber läuft jetzt bereits seit zwei Monaten. Nach den anfänglichen Attacken der Verteidiger ist etwas Ruhe eingekehrt. Am 28. November soll Politikersohn Max Strauß als Zeuge aussagen, Ex-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls am 19. Dezember nochmals, nachdem die erste Aussage wegen eines Schwächeanfalls Schreibers unterbrochen worden war.

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