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Justiz: Fall Ursula Herrmann: Ist Werner M. wirklich der Täter?

Justiz

Fall Ursula Herrmann: Ist Werner M. wirklich der Täter?

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    Fall Ursula Herrmann: Ist Werner M. wirklich der Täter?
    Fall Ursula Herrmann: Ist Werner M. wirklich der Täter?

    Augsburg/Eching. War er es wirklich? Dreieinhalb Monate nach der Verhaftung von Werner M. ist die Beweislage immer noch verbesserungswürdig. Dabei tun die Ermittler alles, um den 58-Jährigen als Entführer von Ursula Herrmann zu überführen. Doch je gründlicher Werner M.s Anwalt Walter Rubach die Ermittlungsakten studiert, desto mehr Zweifel kommen ihm, dass sein Mandant der Täter war.

    Denn fünf Jahre lang verfolgten Kripo und Staatsanwaltschaft eine ganz andere heiße Spur: Der frühere Münchner Polizist Harald W. wurde beschattet, abgehört und immer wieder vernommen. Erst nach Jahren wurden die Ermittlungen mit dem Aktenzeichen 51 Js 542/81 gegen ihn eingestellt, weil ihm nichts nachgewiesen werden konnte. W. trank sich später zu Tode. Er starb im Juli 1995.

    Anwalt Rubach hält den Ex-Polizisten W. nach dem Aktenstudium für den "weitaus wahrscheinlicheren" Täter. "Mein Mandant fragt sich angesichts der damaligen Ermittlungsergebnisse, warum er jetzt in Untersuchungshaft sitzt."

    Oberlandesgericht entscheidet demnächst

    Deshalb hat sich Rubach ans Oberlandesgericht München gewandt. Es geht um den Haftbefehl gegen M. Nachdem das Landgericht Augsburg eine Beschwerde gegen die Inhaftierung abgelehnt hatte, muss nun die höhere Instanz entscheiden, ob der Hauptverdächtige bis zu einem Prozess hinter Gittern bleibt. Die Entscheidung wird in einigen Wochen fallen.

    Am Montag ist es auf den Tag genau 27 Jahre her, dass die zehnjährige Ursula Herrmann aus Eching am Ammersee entführt wurde. Über Jahrzehnte blieb eines der spektakulärsten Verbrechen der Republik ungeklärt. Die Ermittler verfolgten Tausende Spuren. Dann Ende Mai dieses Jahres die sensationelle Verhaftung des Mannes, der früher nur wenige Meter von der Familie Herrmann in Eching gewohnt hatte und dann nach Schleswig-Holstein gezogen war. Auch Werner M. war bereits damals im Visier der Ermittler.

    Ab Mai 1984 aber widmeten sich Kripo und Staatsanwaltschaft stark dem Ex-Polizisten Harald W. Da lagen die Entführung und der Tod Ursulas bereits zweieinhalb Jahre zurück. Indizien gegen W. waren:

    Er diente einem Zahnarzt als Jagdhelfer. Dessen Revier befand sich am Ammersee, zwischen Schondorf und Eching.

    Ein Zeuge behauptete, er habe W.s Ford Transit am Tag der Entführung in Tatortnähe gesehen.

    Außerdem besaß W. einen Jagdhund - in der Kiste, in der Ursula Herrmann lebendig begraben worden war, hatte man neben Menschen- auch Tierhaare gefunden.

    Was die Augsburger Staatsanwaltschaft heute als Indiz gegen Werner M. wertet, trifft auch auf den Ex-Polizisten zu: Er hatte handwerkliches Geschick, eine Ausbildung als Feinmechaniker und als Kfz-Elektriker. Außerdem war W. in einer Fernmeldehundertschaft der Polizei ausgebildet worden. Die Fähigkeiten, eine Holzkiste als Gefängnis zu bauen und mit Elektrik auszustatten, hätte auch Harald W. gehabt.

    Er besaß genaue Ortskenntnis durch das Jagen - die Polizei war immer davon ausgegangen, dass Ursulas Entführer sich sehr gut in der Gegend ausgekannt haben muss.

    Nicht zuletzt waren die Ermittler damals der Meinung, dass ihr Ex-Kollege von der Persönlichkeitsstruktur her durchaus in der Lage zu einem solchen Verbrechen gewesen wäre. W. und sein Streifenpartner waren berüchtigt dafür, dass sie immer wieder Obdachlose schwer misshandelten.

    Freilich sind das alles nur Indizien. Aber auch gegen den in Haft sitzenden Werner M. hat die Staatsanwaltschaft nur Indizien, wie selbst Chefankläger Reinhard Nemetz einräumt. Anklage soll noch dieses Jahr erhoben werden. In einem Indizienprozess könnten mehrere Hundert Zeugen aussagen müssen, so Nemetz. Es wäre eines der aufwendigsten Verfahren, die je in Augsburg geführt wurden. Und eines der spannendsten.

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