Bis zum 2. Juni sind zunächst neun Verhandlungstage vorgesehen. Die 1. Jugendkammer ließ zudem die Nebenklage der Mutter von Peggy zu.
Das damals neun Jahre alte Mädchen aus Lichtenberg (Landkreis Hof) war im Mai 2001 spurlos verschwunden; es wurde bislang keine Leiche des Kindes gefunden. Als Mörder wurde der geistig behinderte Ulvi K. verurteilt, doch die Zweifel an der Schuld des 36-Jährigen nahmen immer mehr zu. Daher ordnete das Landgericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihn an. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft zudem gegen weitere Verdächtige.
Fall Peggy: Ehemaliger Nachbar wird befragt
"Das sind sehr umfassende Aufgaben", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel aus Bayreuth. Demnach wird momentan ein ehemaliger Nachbar von Peggys Familie überprüft. Das Alibi des 40-Jährigen sei aus heutiger Sicht "nicht mehr so fest", sagte Potzel. Ein dringender Tatverdacht bestehe derzeit allerdings nicht.
Als Peggys Mörder galt der geistig behinderte Ulvi K.
Der Fall Peggy
07. Mai 2001: Die neunjährige Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg wird letztmalig auf dem Heimweg von der Schule gesehen. Ihre alleinerziehende Mutter gibt noch am Abend eine Vermisstenanzeige auf. Wochenlange Suchaktionen - unter anderem mit Tornados der Bundeswehr - bleiben ohne Erfolg.
August 2001: Der geistig behinderte Gastwirtssohn Ulvi K. wird festgenommen. Er gesteht, sich an Peggy und drei weiteren Kindern sexuell vergangen zu haben.
22. Oktober 2002: Die Ermittler präsentieren den 24-jährigen Gastwirtsohn als mutmaßlichen Mörder der spurlos verschwundenen Schülerin.
28. Februar 2003: Die Staatsanwaltschaft Hof erhebt Anklage wegen Mordes.
07. Oktober 2003: Vor dem Landgericht Hof beginnt der Prozess. Nach fünf Verhandlungstagen platzt er wegen einer fehlerhafter Besetzung der Strafkammer.
11. November 2003: Das Verfahren beginnt erneut.
30. April 2004: Nach 26 Verhandlungstagen wird Ulvi K. wegen Mordes an Peggy zu lebenslanger Haft verurteilt.
17. September 2010: Ein wichtiger Belastungszeuge hat seine Aussage widerrufen und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden.
19. Juli 2012: Die Staatsanwaltschaft Bayreuth kündigt eigene Prüfungen an.
04. April 2013: Der Anwalt Michael Euler beantragt beim Landgericht Bayreuth die Wiederaufnahme des Falls.
22. April 2013: Die Polizei sucht wieder nach Peggys Leiche. Hinweise führen die Ermittler zu einem Anwesen mitten in Lichtenberg. Knochen in einer Sickergrube stammen aber nicht von Peggy-
21. November 2013: Ein Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt ist ins Visier der Ermittler gerückt. Er war ein enger Freund von Peggys Familie und gilt für die Staatsanwaltschaft mittlerweile als Tatverdächtiger. Sein Elternhaus wird durchsucht.
09. Dezember 2013: Das Landgericht Bayreuth ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Ulvi K. an.
08. Januar 2014: Auf dem Friedhof Lichtenberg öffnen die Ermittler ein Grab - sie vermuten, dass im Zuge einer Beerdigung im Mai 2001 Peggys Leiche dort abgelegt worden sein könnte. Doch es gibt laut Staatsanwaltschaft keine Hinweise auf die sterblichen Überreste eines Kindes in dem Grab.
02. April 2014: Der im Fall Peggy zuständige Staatsanwalt wird auf eigenen Wunsch ausgewechselt. Er hatte einem neuen Verdächtigen bei einer Vernehmung den Anwalt verweigert.
10. April 2014: Prozessauftakt im Wiederaufnahmeverfahren gegen Ulvi K. vor dem Landgericht Bayreuth.
07. Mai 2014: Das Landgericht Bayreuth beendet die Beweisaufnahme aus Mangel an Beweisen nach nur sechs Verhandlungstagen vorzeitig.
14. Mai 2014: Ulvi K. wird freigesprochen.
An der Schuld von Ulvi K., heute 36 Jahre alt, hatte es immer wieder Zweifel gegeben. Die Wiederaufnahme stützt sich auf zwei Punkte: Ein Zeuge hat seine damalige Aussage, mit der er Ulvi im Verfahren 2004 belastet hatte, inzwischen zurückgezogen. Zudem hatten die damaligen Ermittler den mutmaßlichen Tatverlauf rekonstruiert, erst später gestand Ulvi - und seine Angaben ähnelten verblüffend der These der Polizei. Das Gericht wusste von diesem Vorgehen der Ermittler nichts. Ulvi hat dieses Geständnis später nie wiederholt, stattdessen dementiert.
Seit 2012 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bayreuth wieder in dem brisanten Fall. Im April 2013 wurde in einem Anwesen in Lichtenberg nach Peggys Leiche gesucht - vergeblich. dpa/lby/AZ