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Interview: Julia Koschitz sagt: "Ich hasse Shoppen" - und spielt eine Kaufsüchtige

Interview

Julia Koschitz sagt: "Ich hasse Shoppen" - und spielt eine Kaufsüchtige

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    Julia Koschitz, 44, ist eine österreichische Schauspielerin, die in Belgien geboren wurde und in München lebt.
    Julia Koschitz, 44, ist eine österreichische Schauspielerin, die in Belgien geboren wurde und in München lebt. Foto: Georg Wendt, dpa

    Sie stellen in der modernisierten Fassung des Fontane-Klassikers "Unterm Birnbaum" zusammen mit Fritz Karl ein mörderisches Ehepaar dar. Was hat Sie an der Filmidee fasziniert?

    Julia Koschitz: Es hat mich neugierig gemacht, dass Regisseur Uli Edel und die Produzenten diesen Stoff ins Hier und Heute übersetzen wollten. Vor diesem Hintergrund hatte ich beim Lesen des Drehbuchs sofort einen Claude-Chabrol-Film vor Augen, also eher das Psychogramm eines Paares als einen Krimi. Und scheinbar lag ich damit auch richtig, wie mir die Produzenten bestätigt haben. Ich fand es spannend, zu erzählen, wie ein nach außen hin funktionierendes Ehepaar ein Verbrechen begeht und danach die Kapazitäten verliert, die Fassade noch aufrecht zu erhalten.

    Warum ist der Stoff so einer 140 Jahre alten Novelle immer noch zeitgemäß?

    Koschitz: Ich denke, das bürgerliche Drama ist schwerer in die Gegenwart zu versetzen als so eine Geschichte. Hier spielen zeitlose Phänomene wie Gier, Eitelkeit und Hochmut eine große Rolle und ein sprachlos gewordenes Paar. In "Unterm Birnbaum" geht es um zwei Menschen, die eine ehemals große Liebe verbindet, die ihre Probleme, die Enttäuschungen und Verletzungen aber lieber verdrängen, statt sich damit zu konfrontieren. Das kann am Ende nur in eine Katastrophe führen. Ich würde sagen, ein zeitloses Thema.

    Im Film arrangiert Ihr Mann den "perfekten Mord". Glauben Sie, dass es den perfekten Mord gibt?

    Koschitz: Nein. Was soll an einem Mord perfekt sein? Ich muss aber gestehen, dass ich kein Krimifan bin. Was mich interessiert, sind die psychologischen Aspekte hinter dem Geschehen.

    Sie haben ja auch schon in der Verfilmung der Sigfried-Lenz-Novelle "Schweigeminute" mitgespielt. Mögen Sie Literaturklassiker oder täuscht der Eindruck?

    Koschitz: Es gibt viele gute Beispiele von Literaturverfilmungen. Mir fällt beispielsweise sofort "Brokeback Mountain" ein, der nach einer Kurzgeschichte von Annie Proulx verfilmt wurde. Vorlagen dieser Art haben sich schon vor einer Leserschaft bewähren müssen und sind qualitativ meistens hochwertig. So eine Vorlage ist eine gute Basis für ein Drehbuch und das wiederum verspricht oft ein gutes Ergebnis. Aber es gibt natürlich auch andere Beispiele, bei denen die Vorlage deutlich besser als der Film war.

    Sie spielen Ursel, eine Frau, die sich mit exzessivem Shoppen und mondänen Attitüden über den Tod ihres Kindes und ihre triste Leben in einem abgelegenen Dorf hinwegzuretten versucht? Da stellt sich natürlich die Frage: Shoppen Sie privat auch gerne?

    Koschitz: Nein. Ich hasse Shoppen!

    Warum kaufen Sie nicht gerne ein?

    Koschitz: Online-Shoppen mache ich gar nicht. Die Alternative ist ein Raum mit so vielen Dingen, dass die Auswahl schwer fällt, viele Menschen, enge Umkleidekabinen mit furchtbarem Licht, meistens ist einem zu heiß, weil man zu viel an hat, man muss sich ständig aus- und anziehen. Nein, oft ist der Anreiz, mir etwas zu kaufen, zu klein und das Alternativprogramm zu gut.

    Sie sind also kein Konsummensch?

    Koschitz: Ich würde eher sagen: nein. Wenn ich mir etwas leiste, muss ich es brauchen und es muss mir echt gefallen. Dann habe ich das Stück auch lange und es ist vielleicht ein wenig teurer. Aber natürlich mache ich genauso Blödsinnseinkäufe, Ich ärgere mich aber auch immer darüber. Es ist wahnsinnig sinnlos und im Zuge des Klimawandels einfach falsch. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das auch mich beschäftigt. Ich finde, dass man versuchen sollte, bewusst zu konsumieren. Es fällt mir natürlich leichter zu verzichten, wenn ich etwas sowieso nicht gerne mache. Es ist mir beispielsweise schwerer gefallen, mit dem Rauchen aufzuhören, als auf Fleisch zu verzichten.

    Im Film kompensiert die Ursel mit ihren vielen Einkäufen ihre innere Leere. Ist das nicht auch in unserer Zeit bei vielen Menschen der Fall?

    Koschitz: Ich glaube, auch das ist zeitlos. Das Anhäufen von Materie ist öfter mal eine Übersprunghandlung. Ich möchte aber nicht jedem, der gerne einkauft, eine so fragile Psyche zusprechen wie sie die Ursel hat. Bei ihr geht es um eine regelrechte Kaufsucht.

    Warum sehen die Deutschen eigentlich so gerne Krimis? Vielleicht, weil ihr Leben ansonsten zu langweilig ist?

    Koschitz: Ach nee, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass das Prinzip des Krimis vielen gefällt, weil es ihnen Spaß macht, einen Fall mitzudenken, ein Rätsel zu lösen. Außerdem ist das Genre Krimi ja auch breit gefächert. Von "Unterm Birnbaum" würde ich zudem nicht sagen, dass es ein Krimi ist, weil man ja weiß, wer die Tat begangen hat. Es ist eher ein Psychodrama.

    Scheinbar mühelos schlüpfen Sie in die verschiedensten Charaktere. Warum fällt Ihnen das so leicht?

    Koschitz: Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Eindruck entsteht. Es macht mir auf jeden Fall Spaß, in unterschiedliche Charaktere schlüpfen zu dürfen und sie zu verkörpern. Das fällt mir mal leichter, mal schwerer. Kürzlich wurde ich gefragt, was die schwerste Rolle in meinem Leben war? Ich würde sagen, die schwersten Charaktere sind die, die am weitesten von der eigenen Persönlichkeit weg liegen. Es sind meistens die, die Schauspieler am liebsten spielen wollen.

    Ein Filmexperte hat Sie die Meisterin des intensiven Blicks genannt. Was, meinen Sie, ist das Besondere an Ihrem Blick?

    Koschitz: Oh je! Das ist natürlich ein sehr schönes Kompliment. Aber ich weiß wirklich nicht, ob ich eine Meisterin des intensiven Blicks bin. Ich habe lange getanzt und das ist Kommunikation ohne Sprache. Etwas ohne Sprache auszudrücken, hat für mich tatsächlich eine Bedeutung. Vielleicht kommt das daher.

    Sie leben ja in München. Was mögen Sie an München? Warum wohnen Sie da?

    Koschitz: Ich bin nach München eher zufällig gespült worden und dann hängengeblieben. Berlin wäre eigentlich meine erste Wahl gewesen. Aber mal abgesehen davon, dass München leider bezüglich der Mieten für viele unerschwinglich wird, ist es eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Sie droht aber aufgrund der Mietsituation weniger bunt zu werden, was ich wirklich schade finde. Aber ich lebe hier gerne, die Natur drumherum ist herrlich, die Stadt selbst ist grün und vor allem habe ich einen Freundeskreis, der mich hier hält.

    TV-Tipp: Der Fontane-Klassiker "Unterm Birnbaum" läuft am 30. Dezember, 20.15 Uhr, im ZDF.

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