Legt man das Ausmaß der Unfreundlichkeit in den Schlagzeilen als Gradmesser für die Beliebtheit eines Ministers an, dann ist Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer der letzte Platz in der Riege der beliebtesten CSU-Minister in Bund und Land kaum streitig zu machen.
Freundlichkeiten finden sich am ehesten noch in seiner Heimatzeitung, der Passauer Neuen Presse. Doch auch dort beschränken sich die netten Worte auf recht spezielle Zusammenhänge – etwa wenn Scheuer in Berlin ein paar Millionen Euro für die Renovierung der Passauer Domorgel locker macht. Ansonsten sieht „der schöne Andy“ sich eher mit ärgerlichen Begriffen konfrontiert: „kein Konzept“, „schallende Ohrfeige“, „Kreuzverhör“ und – immer mal wieder – „Pannen-Minister“.
Melanie Huml bot ihren Rücktritt von sich aus an
Während Scheuer seinen (überwiegend selbst verschuldeten) Ärger schon aus dem Vorjahr ins Corona-Jahr 2020 mitgebracht hat, musste Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml erstmals in diesem Sommer erleben, was es heißt, für eine Panne verantwortlich zu sein.
Doch anders als ihr smarter Kollege im Bund musste sie nach den Testpannen nicht lange zum Rücktritt aufgefordert werden. Sie bot ihn von sich aus an. Zweimal. Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder lehnte zweimal ab. Ob er das auch bei Scheuer getan hätte? In der CSU würden da nicht viele drauf wetten.
Horst Seehofer provoziert den Widerspruch
Noch einmal ganz anders liegt der Fall beim dritten Problemminister der CSU: Horst Seehofer. Auch der Bundesinnenminister ist immer wieder mal mit unfreundlichen Schlagzeilen konfrontiert. Aber nicht Pannen sind hier das Problem, obwohl der ehemalige CSU-Chef seinen Anteil am Maut-Debakel, das Scheuer auszubaden hat, nicht ernsthaft bestreiten kann.
Seehofer provoziert inhaltlichen Widerspruch, irritiert nicht selten seine eigene Partei und hat anscheinend sogar Spaß daran, anderen ein Rätsel zu sein – mal als strenger Ordnungspolitiker (mehr Flüchtlinge abschieben), mal als erklärter Humanist (mehr Flüchtlingskinder aufnehmen). Negative Schlagzeilen bringen ihn nicht mehr aus der Ruhe. Nichts würde er im Rückblick anders machen, sagte er im Interview mit unserer Redaktion im Sommer dieses Jahres. Er kann es sich leisten. Er hört nächsten Herbst auf.
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