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Interview mit Meteorologe: Der Hagel ist ein Allgäuer

Interview mit Meteorologe

Der Hagel ist ein Allgäuer

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    Der Hagel ist ein Allgäuer
    Der Hagel ist ein Allgäuer

    Zufall oder Folge des Klimawandels? In den letzten Tagen spielte der Sommer in weiten Teilen Bayerns verrückt. Heftige Gewitter, starke Wolkenbrüche setzten ganze Regionen unter Wasser. Wir sprachen mit Wolfgang Fricke, Leiter des Meteorologischen Oberservatoriums am Hohenpeißenberg, über diese Wetterkapriolen.

    Wann müssen wir uns denn auf das nächste Unwetter einstellen?

    Fricke: Im Moment sind keine größeren Unwetter für die nächsten Tage in Sicht. Wir sind jetzt in etwas kühlerer Luft und Unwetter leben von Temperaturgegensätzen.

    Sind diese gewaltigen Gewitter der vergangenen Wochen in dieser Häufigkeit wie in diesem Jahr normal?

    Fricke: Sie sind für deutsche Sommer nicht ungewöhnlich. Es gibt aber immer wieder Sommer mit deutlich mehr oder weniger Gewittern.

    In diesem Sommer sind es eher mehr. Woran liegt das?

    Fricke: Wir erleben häufig Wechsel zwischen warmer Luft aus Süden und kühlerer feuchter Luft aus Westen. Beim Luftmassenwechsel kommt es dann zu Unwettern.

    Liegt das am Klimawandel?

    Fricke: Nein, nein. Wetter und Klima sind zwei verschiedene Sachen. Klima ist mindestens 30 Jahre Wetter. Man kann vom Wetter in einer Jahreszeit nicht auf eine Klimaänderung schließen.

    Worauf müssen wir uns aufgrund des Klimawandels einstellen?

    Fricke: Wir müssen uns auf eine weitere Erwärmung einstellen, die allerdings nicht gleichmäßig verlaufen wird, sondern je nach Häufigkeit verschiedener Wetterlagen schubweise erfolgen wird.

    Aber Palmen werden am Lech auch künftig keine wachsen?

    Fricke: Sicherlich nicht. Es besteht aber langfristig die Gefahr, sollte es in den Wintern nicht mehr genügend Frost geben, dass es bei uns in Deutschland Gegenden gibt, wo keine Apfelbäume mehr wachsen.

    Sie zeichnen am Hohenpeißenberg die Niederschläge seit 1879 auf. Regnet es eigentlich heutzutage in den Sommermonaten mehr als früher?

    Fricke: Übers Jahr hinweg haben die Niederschläge zugenommen. In Oberbayern regnete es seit 1880 rund 15 Prozent mehr, in Deutschland sind es elf Prozent mehr. Im Winter nahm der Niederschlag um ein Viertel zu, im Sommer nahm er um 1,6 Prozent ab.

    Lässt sich für den Laien an einem Gewitter ablesen, ob es hageln wird?

    Fricke: Das ist trügerisch. Hagelwolken sehen oft fahlgelb aus. Das Aussehen hat man aber auch, wenn der Schauer nicht sehr stark ist und die Sonne dahinter schon wieder durchscheint. Kurz und gut: Der Laie kann es nicht sicher erkennen.

    Hagelt es in Bayern öfter als in anderen Regionen Deutschlands?

    Fricke: Ja. Oberbayern und das Allgäu sind Hagelschwerpunkte. Über den Alpen bilden sich mehr und stärkere Gewitter.

    Ab wann spricht man von Hagel?

    Fricke: Hagel entsteht, wenn Regentropfen im Aufwindschlauch einer Gewitterwolke nach oben gerissen werden und gefrieren. Wenn sie dann fallen und wieder in den Aufwindschlauch kommen, bildet sich eine zweite Schicht Eis und so weiter. Das führt zu der Zwiebelstruktur, an der man ein Hagelkorn erkennt.

    Wie sieht die Wetterprognose für den restlichen Sommer aus? Lässt sich dazu etwas halbwegs Seriöses sagen?

    Fricke: Das sollten Sie Petrus fragen. Das ist so unsicher. Im Juli bleibt es unbeständig. Schöne Tage wechseln mit regnerischen. Und länger als 15 Tage lässt sich auch mit unseren modernen Wettervorhersagemodellen keine seriöse Prognose machen. Interview: Josef Karg

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