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Interview mit Eberhard von Gemmingen: Nach 27 Jahren verlässt er Radio Vatikan

Interview mit Eberhard von Gemmingen

Nach 27 Jahren verlässt er Radio Vatikan

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    Bildnummer: 52396184 Datum: 30.03.2006 Copyright: imago/Oskar Höher
    Bildnummer: 52396184 Datum: 30.03.2006 Copyright: imago/Oskar Höher Foto: imago

    Rom Pater Eberhard von Gemmingen (73) gibt zum 1. November nach 27 Jahren in

    Herr Pater von Gemmingen - 27 Jahre in Rom, das ist eine lange Zeit. Was sind Ihre schönsten Erinnerungen?

    Pater Eberhard von Gemmingen: Da fallen mir vor allem die riesigen Feiern im Jahr 2000 ein, die Weltjugendtage, Papstreisen in viele Länder Europas und einige Länder in Übersee, dann die sehr beeindruckende Beerdigung von Papst Johannes Paul II. mit dem Massenansturm aus aller Welt, das Konklave und die Wahl von

    Frage: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

    Gemmingen: Normalerweise komme ich um 8.30 Uhr ins Büro und gehe um sieben Uhr abends weg. In den ersten zehn Jahren habe ich mittags hier im Radio ein Brot gegessen, mich dann auf einen Klappstuhl gelegt und ein bisschen geschlafen. An der Türe war ein Schild mit einem Gewehr, damit man wusste: Man darf mich nicht stören. Später bin ich dann mittags zur Pause nach Hause gegangen.

    Haben sich in der langen Zeit die Themen geändert, auch die Art, wie Sie Radio machen?

    Gemmingen: Die Technik hat sich gewandelt, die Themen nicht so sehr. Früher hatte man Tonbänder zum Schneiden, heute geht das alles über den Computer. Am Anfang waren wir eher eine alte Mannschaft und kleiner. Inzwischen ist die Redaktion stark verjüngt und hat sich auch vergrößert.

    Hat sich die katholische Kirche gewandelt?

    Gemmingen: Oh ja. In diesen Tagen strahle ich Reden von Papst Johannes Paul bei seinem ersten Deutschlandbesuch 1980 aus. Damals fühlte man eine Art Aufbruch, eine neue Dynamik. Da kam dieser Papst aus Polen, hat wunderbar Deutsch gesprochen bei seinem Besuch und hat gleichsam Wissenschaftler, Medienleute, Künstler und auch die Jugend elektrisiert. Im Vergleich dazu sind wir heute eher resigniert, traurig, niedergeschlagen.

    Wie war Ihr Verhältnis zu Papst Johannes Paul II?

    Gemmingen: Johannes Paul war zu allen Menschen sehr offen und nett. Ich habe ihm wohl 20 Mal die Hand gegeben. Aber er hätte nicht gewusst, wie ich heiße. Nach seinem Tod hatte man den Eindruck, es sei ein ganz großer Mann der Weltgeschichte gestorben. Doch ich darf daran erinnern, dass wir auch zu Johannes Pauls Zeiten sehr viel über ihn im deutschen Sprachraum gemeckert haben. Über die Nicht-Frauenordination, über die Befreiungstheologie, über Bischofsernennungen.

    Haben Sie zu Benedikt XVI. eine besondere Beziehung?

    Gemmingen: Das würde ich sagen. Aber ich drücke es mal scherzhaft aus. Der Papst würde manchmal gern mit mir plaudern und kommt nicht runter und ich würde ganz gern mit ihm plaudern und komme nicht zu ihm hoch. Das ist nicht die Bosheit des Vatikans. Der Laden ist einfach zu groß. Ich bin zwar im deutschen Sprachraum bekannt, aber im Vatikan nur ein kleines Licht. Über den Papst werden viele Klischees weitergegeben. Ich bin der Meinung, dass Katholiken mal seine Bücher lesen sollten, um zu sehen, wie gescheit er ist.

    Sie sind bekannt für Ihre recht offenen Kommentare. Gab es auch mal vatikan-interne Beschwerden?

    Gemmingen: Also meine Kommentare kommen relativ spontan zustande. Die Medien wenden sich an mich und ich sage dann meistens ja. Ich bekam einmal sehr allgemeine und indirekte Kritik. Ein deutscher Bischof hatte den Vatikan gebeten, man solle mir sagen, ich solle doch ein bisschen vorsichtiger und zurückhaltender sein. Der Vatikan als solcher sieht weder unsere Homepage noch hört er unsere Kommentare.

    Wie sieht Ihre künftige Tätigkeit in München aus?

    Gemmingen: Ich werde versuchen, Spenden einzuwerben. Ich bin überzeugt: Wenn die deutschen Jesuiten von der Öffentlichkeit als gute, wirkungsvolle und zuverlässige Arbeiter im Weinberg des Herrn gesehen werden, dann kommen auch die Spenden. Wir haben in Deutschland drei große Schulen, zwei Hochschulen und einige paar Hundert Patres, die gute Seelsorge leisten, sowie rund 60 junge Jesuiten in Ausbildung. Ihr Leben und ihre Tätigkeit brauchen die nötigen finanziellen Voraussetzungen.

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