In seiner aktiven Zeit als Dokumentarfilmer hat Dieter Wieland (74) manchem Häuslebauer den Fernsehabend vermiest. Er ätzte gegen das, was viele schön fanden, den „Jodlerstil“ und die „Krüppelkoniferen“ – Wortschöpfungen, die in den allgemeinen Sprachgebraucheingeflossen sind, auch wenn heute viele nicht mehr wissen, von wem sie stammten. In mehr als 250 Sendungen hatte Wieland im Bayerischen Fernsehen Bausünden und Landschaftszerstörungen vorgeführt und dazu eindringlich anklagend Strafpredigten gehalten. Heute sind seine Filme nicht einmal mehr im BR-Shop zu haben. Aber seine Stimme am Telefon ist die alte.
Grüß Gott, Herr Wieland. Sie waren in den 1970er und 80er Jahren der Schrecken der Bauherren.
Wieland: Nicht nur der Bauherren. Ich hatte eine beträchtliche Anzahl von Feinden, auch in der Politik, bei den Landräten und Bürgermeistern.
Aber jetzt bekommen Sie neben dem Regisseur Christian Stückl den Kulturpreis des Bezirks Oberbayern.
Wieland: Seltsamerweise wegen meiner Verdienste um die Erneuerung der Flurbereinigung…
Dabei waren Sie einer der schärfsten Gegner der Flurbereinigung.
Wieland: Der Flurbereinigung und des Dorfverschandelungs-Wettbewerbs. Aber die Flurbereinigung heißt ja jetzt ländliche Neuordnung. Ein anonymes Wort. Farblos und ohne Inhalt.
Aber das, was Sie angeprangert haben, die Ausräumung der Landschaft, damit die Felder maschinengerecht wurden, hat sich doch geändert. Durch die ländliche Neuordnung sind viele Hecken gepflanzt worden.
Wieland: Es geht immer noch darum, Flächen zu gewinnen für Gewerbegebiete und den Bau von Straßen und Autobahnen, die wieder Landschaft zerstören. Und es wird immer noch das Falsche subventioniert. Heute gibt es Geld für Energiepflanzen. Das wird die Landschaft verändern wie nie zuvor.
Der Titel „Grün kaputt“ für eine Ausstellung und ein Buch, die Sie bundesweit bekannt machten, würde heute nicht mehr passen. Der Mais ist sehr grün, gerade jetzt wächst er prächtig.
Wieland: Es war immer ein anderes Grün gemeint. Hecken, Gehölze – das was eine Landschaft farbig und lebendig macht, das was für viele Viecher Trittstein und für die Vögel Nahrungsinsel ist. Das alles opfern wir kurzfristigen Erfolgen. Wir leben in der dritten Generation von Landwirten, die keine lange Erfahrung mehr hat. Der größte Schatz, den wir haben, ist reines Trinkwasser und ein intaktes Bodenleben, aber das wird zugeschüttet mit Kunstdünger oder Gülle.
Es gibt doch auch viele Biobauern.
Wieland: In Bayern könnten es viel, viel mehr sein. Die Biobauern sind die tollste Mannschaft, die wir überhaupt haben. Aber die staatliche Unterstützung für sie ist ja auch heruntergefahren worden.
Sind Sie noch irgendwie publizistisch tätig? Schreiben Sie ein Buch?
Wieland: Ich gebe ab und zu Interviews. Außerdem bin ich Vorsitzender des Förderkreises Murnauer Parklandschaft, der jetzt drei Jahre besteht und schon 200 Mitglieder hat. Wir arbeiten daran, die Parks berühmter Architekten wie Emanuel von Seidl zu restaurieren. Außerdem engagiere ich mich für zwei Stiftungen – die Stiftung Mecklenburger Dorfkirchen und die Gregor Louisoder Umweltstiftung, die auch gegen den Bau der A94 im Isental protestiert.
Sie kritisieren nicht nur. Sie versuchen auch, Kulturgüter zu retten.
Wieland: Es kann mir keiner nachsagen, dass ich nur ein böser Kasperl bin.
Und der Jodlerstil ist auch verschwunden.
Wieland: Dafür gibt es jetzt viele weiß lackierte Auf- und Ab-Zäune und gespreizte Traumhäuser aus amerikanischen Soap-Operas. Die Show hört nicht auf. Es gibt immer neuen Augenpfeffer, der wehtut. Interview: