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Interview: Wie erkennt man gutes Brot? Das sagt ein Brot-Sommelier

Interview

Wie erkennt man gutes Brot? Das sagt ein Brot-Sommelier

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    So sieht gutes Brot aus: Die Farbe wie Caramel, die Kruste schön splittrig und wenn man es aufschneidet, muss es knirschen, sagt Bäckermeister und Brot-Sommelier Andreas Rinninger.
    So sieht gutes Brot aus: Die Farbe wie Caramel, die Kruste schön splittrig und wenn man es aufschneidet, muss es knirschen, sagt Bäckermeister und Brot-Sommelier Andreas Rinninger. Foto: Martin Schutt, dpa

    Herr Rinninger, Sie sind Brot-Sommelier, woran erkennt man gutes Brot?

    Andreas Rinninger: Da müsste man erst einmal definieren, was gutes Brot ist. Entscheidend finde ich, dass man alle Sinne einschaltet bei der Wahl des Brotes, dann bekommt man auch ein gutes.

    Wie muss es aussehen?

    Rinninger: Ein gutes Brot hat eine Karamell-Farbe, eine schöne splittrige Kruste und wenn ich es aufschneide, muss es knirschen, da muss ich Leben spüren. Die Krume, das Innere des Brotes, hat eine leichte, unregelmäßige Porung.

    Wie muss sich gutes Brot anfühlen?

    Rinninger: Wenn ich in die Brotkrume mit dem Daumen fasse, muss sie mir wieder entgegenspringen. Die Krume muss locker-fluffig sein.

    Wichtig ist auch der Duft?

    Rinninger: Der Geruch von frischem Brot gehört zu den ältesten Düften der Menschheit. Ein gutes Brot verbreitet den Duft von gerösteten Kaffeebohnen. Ich spreche immer von der "Röst-Romantik", denn es soll so duften, als wäre das Brot soeben aus einem Holzofen geholt worden.

    Andreas Rinninger, 29, lebt in Ulm, ist Bäckermeister, gelernter Müller, Betriebswirt des Handwerks und Brot-Sommelier.
    Andreas Rinninger, 29, lebt in Ulm, ist Bäckermeister, gelernter Müller, Betriebswirt des Handwerks und Brot-Sommelier. Foto: Markus Hildebrand

    Und der Geschmack?

    Rinninger: Die Kruste muss sich zwischen den Zähnen gut lösen, ich darf sie nicht wie einen Kaugummi kauen müssen. Die Krume muss saftig sein und ich sollte eine milde Säure schmecken. Die Röstnote muss mit der Krume einen Einklang, eine Harmonie bilden.

    Ein Brot-Sommelier weiß also genau, wie gutes Brot schmeckt. Was macht er noch und wie viele Brot-Sommeliers gibt es eigentlich?

    Rinninger: Brot-Sommelier ist eine relativ neue, zehnmonatige berufsbegleitende Ausbildung mit anschließend sechs staatlichen Prüfungen. Man kann sie erst seit drei Jahren machen. Weltweit gibt es 44 Brot-Sommeliers – die Ausbildung ist stark im Kommen. Wir beschäftigen uns intensiv mit der Geschichte von Brot und lernen, welches Brot zu anderen Lebensmitteln passt.

    Welches Brot nehme ich zu einer Brotzeit mit Wurst und Käse am besten?

    Rinninger: Zu Wurst und Käse würde ich generell ein krustiges Roggenbrot empfehlen. Eines, das schön saftig ist und eine milde Säure hat. Allerdings kommt es immer auch stark auf die Käsesorte an: Ein cremiger Blauschimmelkäse passt besser auf Weizenmischbrot oder Hutzelbrot. Und zum Obazden würde ich ein Roggenbrot mit leichter Kümmelnote nehmen.

    Und zu Fisch – etwa zu Lachs?

    Rinninger: Zu Lachs und Garnelen empfehle ich helleres oder weißes Brot.

    Für viele ist Räucherlachs eine Delikatesse. Brot-Sommelier Andreas Rinninger empfiehlt die Omega-3-Quelle mit hellerem Brot oder Weißbrot zu essen.
    Für viele ist Räucherlachs eine Delikatesse. Brot-Sommelier Andreas Rinninger empfiehlt die Omega-3-Quelle mit hellerem Brot oder Weißbrot zu essen. Foto: Andrea Warnecke, dpa (Symbolbild)

    Wie sieht es mit den Getränken aus?

    Rinninger: Zum Roggenmischbrot würde ich Rotwein wählen, zu hellerem Brot Weißwein.

    Und wenn man lieber Bier trinkt?

    Rinninger: Zum dunklen Bier empfehle ich ein Roggenmisch- oder nur Roggenbrot. Auch ein Natursauerteigbrot mit einer ordentlichen Kruste passt gut. Zu hellem Bier passt meiner Ansicht nach Laugengebäck besser oder ein Weizenmischbrot. Es sollte keine zu starke Kruste haben.

    Und zum Frühstück? Auf welchem Brot schmeckt Marmelade am besten?

    Rinninger: Auf einem helleren Brot. Aber bitte nicht so viel Marmelade aufs Brot löffeln, dass man vom Brot gar nichts mehr schmeckt.

    Als Brot-Experte essen Sie wahrscheinlich Brot am liebsten pur oder mit Olivenöl?

    Rinninger: Also die aus Italien kommende Tradition, dass man Brot in gutes, frisch gepresstes Olivenöl tunkt, ist einfach schön. So ein frisches Ciabatta mit einer fleischigen Porung in ein hochwertiges, wohlschmeckendes Olivenöl getunkt – wunderbar. Aber auch die bei uns seit langem gepflegte Kombination, auf ein Brot nur etwas Butter zu streichen, ist ideal.

    Woran erkenne ich eigentlich einen guten Bäcker?

    Rinninger: Ich würde sagen, an der Länge der Menschenschlange im und vor dem Laden. Und an Fachverkäuferinnen hinter der Theke.

    Viele kaufen ihr Brot beim Discounter – erhalte ich auch dort gutes Brot?

    Rinninger: Dort kaufen Sie Industrieware. Industriebrot heißt nicht automatisch schlechtes Brot. Aber der Handwerksbäcker schafft nicht nur vor Ort Arbeits- und Ausbildungsplätze, er bezieht vor allem seine Rohstoffe aus der Region. Und gerade, wenn Sie Brot aus Backautomaten kaufen, muss ihnen klar sein, dass das nur aufgewärmte Ware ist, die Wochen alt sein kann.

    Brot ist meiner Einschätzung nach aber doch ein Grundnahrungsmittel, das frisch sein sollte, damit es schmeckt. Außerdem werden die Rohstoffe für die Teige der Industriebrote von überall her transportiert. Doch gerade der Vorteig des Handwerkbäckers, der vor Ort gemacht wird und liegen darf, entwickelt ganz andere Aromen. Und der Handwerkbäcker kann mehr Wasser verwenden.

    Warum ist Wasser wichtig?

    Rinninger: Wasser ist der beste Frischhalter im Brot. Je mehr Wasser im Brot ist, desto frischer ist es. Industriebäcker können aber in der Regel nicht so viel Wasser verwenden, da bei der langen Lagerzeit die Gefahr von Schimmelbildung steigt. Um dem entgegenzuwirken, müssten dann Zusatzstoffe in die Brote.

    Und wie lautet Ihr Urteil bei Backautomaten für zu Hause?

    Rinninger: Backautomaten sind schon wieder auf dem Rückzug. Toll ist aber das Interesse, das viele Menschen am Brotbacken haben. Es gibt längst Rezepte, mit denen Brote auch im herkömmlichen Backofen gut gelingen.

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