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Interview: Was macht ein gutes Spielzeug aus?

Interview

Was macht ein gutes Spielzeug aus?

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    Etwa 15.000 Stunden spielen Kinder bis zu ihrem sechsten Lebensjahr. Aber auch danach hört der Spieltrieb nicht auf, er ist auch bei Erwachsenen noch vorhanden.
    Etwa 15.000 Stunden spielen Kinder bis zu ihrem sechsten Lebensjahr. Aber auch danach hört der Spieltrieb nicht auf, er ist auch bei Erwachsenen noch vorhanden. Foto: Andrea Warnecke, dpa (Symbolbild)

    Weihnachten steht vor der Tür. Viele Eltern kaufen jetzt Geschenke. Welche Kriterien muss ein gutes Spielzeug unbedingt erfüllen?

    Volker Mehringer: Aus dem Bauch heraus fallen mir da vor allem zwei Sachen ein. Das Kind soll am Ende natürlich damit spielen, sonst verfehlt es seinen Zweck. Das ist gar nicht so selten. Und es soll sicher sein.

    Wie erkenne ich denn sicheres Spielzeug?

    Mehringer: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Ich glaube, die persönliche Einschätzung ist wichtig. Was ist es für ein Material? Wie fühlt es sich an? Wie riecht es? Kann man sich irgendwie verletzen? Sind Kleinteile dran, die Kinder unter drei Jahren verschlucken könnten? Das sind die offensichtlichen Dinge, aber es gibt noch so viele Sachen, die man als Laie kaum beurteilen kann. Das muss man leider dazusagen. Es gibt auch nicht von jedem Spielzeug einen Test. Auf Marken, die man schon länger kennt und von denen man weiß, dass sie schon öfter getestet wurden, kann man sich, glaube ich, schon ganz gut verlassen.

    Meist ist die Rollenverteilung klar: Puppen für Mädchen, Autos für Buben. Sind kleine Kinder wirklich schon so sehr in Geschlechterrollen verankert?

    Mehringer: Es gibt zwei Überlegungen. Die eine ist, dass es eine biologische Vorprägung gibt, dass Kinder zu einem bestimmten Spielzeug tendieren. Die andere Überlegung ist die Frage: Wie viel davon ist denn gesellschaftlich geprägt? Und ich glaube, man kann mit Sicherheit sagen, dass man Kinder auch schon früh mit bestimmtem Spielzeug in bestimmte geschlechtsspezifische Richtungen schickt. Das gab es aber schon bei den Griechen, etwa bei Platon, der gesagt hat: Wenn man Jungen auf ihren Beruf als Krieger oder als Baumann vorbereiten will, muss man ihnen entsprechendes Spielzeug geben. Mir fällt aber auf, dass man immer früher damit anfängt, Spielzeug geschlechtsspezifisch zu gestalten. Und die Darstellung ist immer stereotypisierter und an manchen Stellen auch sexualisierter.

    Zum Beispiel?

    Mehringer: Ich habe mal einen interessanten Artikel gelesen, in dem sich eine Forscherin mit dem Körperbild von sogenannten Monster-High-Puppen auseinandergesetzt hat, die wirklich sehr knappe Kleidung tragen und stark geschminkt sind. Teilweise gibt es die Kleidung, die es für die Puppen gibt, auch für die kleinen Kinder zum Anziehen. Fangen wir damit nicht an, Kinder in einem gewissen Alter zu sexualisieren, wo sie doch normalerweise mit dieser Thematik noch überhaupt nichts zu tun haben? Man muss sich mit diesem Thema bewusst auseinandersetzen. Es spricht per se nichts dagegen, dem Kind geschlechtsspezifisches Spielzeug an die Hand zu geben. Aber man sollte sich auch fragen, ob man nicht vielleicht einmal einen Impuls in die andere Richtung setzen sollte.

    Viele Menschen würden wohl einem kleinen Mädchen schon einen Bagger schenken. Aber einem Buben eine Puppe eher nicht.

    Mehringer: Genau. Es hat sich gezeigt, dass es gerade für Jungs viel schwieriger ist als für Mädchen. Sie müssen viel eher damit rechnen, dass sie sowohl von Gleichaltrigen als auch von Erwachsenen komisch angeguckt werden, wenn sie mit Mädchenspielzeug spielen. Bei den Mädchen ist es viel eher akzeptiert, wenn sie sich auch mal ein Jungsspielzeug schnappen.

    Vor kurzem wurde die erste verschleierte Barbie vorgestellt. Kritik gab es genug. Was sagen Sie als Spielzeugforscher dazu?

    Mehringer: Es gab viele Leute, die das total toll fanden, aber auch viele, die sagten, dass da ein falsches Frauenbild vermittelt würde. Spannend an der ganzen Diskussion ist, dass bislang Spielzeug die Gesellschaft noch nicht gut abbildet. Die meisten Spielfiguren haben eine weiße Hautfarbe, sind jung, attraktiv, gut angezogen und haben keine Behinderungen. Alles, was links und rechts vom gesellschaftlichen Normbild ist, findet sich im Spiel nicht wirklich wieder. Da finde ich es interessant, zu fragen: Wie wäre es denn, Spielzeug auch in diese Richtung zu gestalten, die gesellschaftliche Vielfalt abzubilden und den Kindern vor Augen zu führen, wie unterschiedlich die Gesellschaft ist?

    Wie würden die Kinder darauf wohl reagieren?

    Mehringer: Das ist eine total spannende Forschungsfrage. Wir hatten einmal divers gestaltetes Spielzeug in Kindergärten gegeben und geschaut, wie die Kinder damit spielen. Manches, wie etwa die Hautfarbe, ist den Kindern überhaupt nicht aufgefallen. Es war für sie eine Unterscheidung, die gar nicht relevant war.

    Viele Kinder sind ja mittlerweile extrem markenfixiert. Woher kommt das und sollten Eltern da gegensteuern?

    Mehringer: Wir leben in einer Konsumgesellschaft und es komplett unterbinden zu wollen, ist wohl ein Kampf gegen Windmühlen. Kinder entwickeln sehr früh, etwa ab dem Kindergartenalter, ein Markenbewusstsein. Ich habe den Eindruck, dass der Spielzeugmarkt das immer stärker aufgreift, etwa im sich immer weiter verstärkenden Lizenzgeschäft, also wenn es zum Beispiel um Spielzeuge aus „Star Wars“ oder aus „Die Eisprinzessin“ geht.

    Früher spielten Kinder mit Holzeisenbahnen. Heute muss es ein Tablet oder ein Roboter sein. Kann man Kinder auch noch mit einfachen Dingen glücklich machen?

    Mehringer: Klar. Da bin ich mir sicher. Wenn man schaut, wie begeistert Kinder noch immer einem Ball hinterherjagen. Außerdem glaube ich, dass man mit der Gegenüberstellung von Hightech und einfachem Spielzeug vorsichtig sein muss. Hightech versucht ja oft, Spielzeug nachzuahmen. Wenn man sich manche Tablet-Spiele anschaut, dann bedienen die sich ganz einfacher Spielprinzipien, die schon total alt sind. Wirklich neue Spielzeuge gibt es ganz wenige.

    Wenn man klein ist, spielt man eigentlich ständig. Warum hört dieser Spieltrieb irgendwann auf?

    Mehringer: Hört er denn auf? Das würde ich eher verneinen. Vor kurzem war Black Friday und der meistverkaufte Gegenstand war eine Nintendo Switch, eine Spielekonsole. Ich wage zu bezweifeln, dass die nur Kinder gekauft haben. Es waren sicher auch viele Erwachsene. Es gibt auch immer mehr Spielmaßnahmen in Altenheimen, um die Senioren dort zu fördern und fit zu halten. Allerdings wird der Spieltrieb im Laufe des Lebens schon ein wenig zurückgedrängt, weil vieles in den Vordergrund tritt. Das geht los mit der Schule, die viel Zeit vom Alltag eines Kindes in Anspruch nimmt. Ein Kind spielt bis zum sechsten Lebensjahr im Durchschnitt bis zu 15.000 Stunden. Das ist mit deren Hauptbeschäftigung neben Essen und Schlafen.

    Und warum spielen wir so gerne, egal ob nun als Kinder oder als Erwachsene?

    Mehringer: Vor allem aus Spaß an der Sache. Oder aus positiver Emotion. Die Beschäftigung mit einem Spielzeug ist für mich so lohnenswert, dass ich es mache. Man ist dann oft so vertieft, dass man Zeit und Raum um sich herum vergisst. Da kann die Mama zehnmal rufen, dass es Abendessen gibt. Und gleichzeitig findet während des Spielens unglaublich viel Lernen und Entwicklung statt, ohne dass ich das Gefühl habe, dass es so ist. Eine fantastische Kombination. Außerdem regt Spielen die Fantasie an. Das beginnt bei kleinen Kindern, die mit einem leeren Löffel so tun, als würden sie essen. Das ist die Geburtsstunde für alle Formen von Fantasiespielen, etwa, wenn ich später so tue, als wäre ich ein Ritter, eine Prinzessin oder ein Superheld.

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