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Interview: Warum es immer mehr tödliche Badeunfälle gibt

Interview

Warum es immer mehr tödliche Badeunfälle gibt

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    Die Zahl der Ertrunkenen in Bayern stieg seit 1998 kontinuierlich an.
    Die Zahl der Ertrunkenen in Bayern stieg seit 1998 kontinuierlich an. Foto: Patrick Seeger dpa

    Frau Lang, immer wieder sterben Menschen in Badeseen. Der Fall des 14-jährigen Mädchens aus Ingolstadt ist ein aktuelles trauriges Beispiel. Nimmt die Zahl der Menschen, die in Bayern ertrinken, zu?

    Madita Lang: Ja, sie nimmt leider zu. Seit 1998 steigt die Zahl der Ertrunkenen kontinuierlich an. 1998 waren es noch 83 Tote in Bayern, 2015 schon 112.

    Welche Ursachen gibt es für diesen Trend?

    Lang: Das große Problem ist, dass viele Kinder nicht mehr oder sehr spät schwimmen lernen. Viele Hallenbäder schließen, wodurch auch die Möglichkeiten dafür weniger werden. Außerdem werden teilweise Lehrpläne geändert, sodass die Grundschüler keinen Schwimmunterricht mehr haben. Die Verantwortung liegt aber ganz klar bei den Eltern, die dafür sorgen müssen, dass ihr Kind schwimmen kann. Ein weiterer wichtiger Grund ist, dass immer mehr in Freigewässern gebadet wird. Viele gehen an den See oder an Flüsse, was früher nicht der Fall war. Solche Badeorte sind natürlich riskanter, als die üblichen Hallen- oder Freibäder, wo fast immer ein Bademeister vor Ort ist.

    Welche Altersgruppen sind besonders gefährdet? Kinder und ältere Menschen?

    Lang: Ja, das kann man schon so sagen. Kinder, weil sie oft noch nicht schwimmen können, und ältere Menschen, weil sie im Wasser einen Schwächeanfall beziehungsweise einen Herzinfarkt oder Ähnliches bekommen. Wir haben aber natürlich auch andere Fälle.

    Wie sieht es mit Flüchtlingen aus? Manche haben ja in ihren Heimatländern nie schwimmen gelernt?

    Lang: Ja auch bei dieser Gruppe werden wir immer wieder zum Einsatz gerufen. Erstens können viele nicht schwimmen und zweitens kennen viele Flüchtlinge die Gefahr des Wassers nicht und springen unüberlegt in einen Baggersee.

    Merkt man als Passant, dass jemand gerade am Ertrinken ist oder passiert das oft geräuschlos?

    Lang: Es gibt zwei Arten: den Ertrinkungstod und den Badetod. Beim Badetod hat die Person zum Beispiel einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt und geht einfach direkt unter. Das bedeutet, man merkt in dem Moment oft nicht, dass jemand am Sterben ist. Beim Ertrinkungstod ist das anders. In dem Fall kommen Menschen in Not, weil sie zum Beispiel einen Krampf haben und extrem erschöpft sind. Hier schreien die Personen auch um Hilfe, platschen mit den Händen auf das Wasser, oder Ähnliches. Sie versuchen, auf sich aufmerksam zu machen.

    Wie sollte man sich in so einem Fall verhalten? Ins Wasser gehen und den Menschen versuchen zu retten oder zuerst einen Notruf absetzen?

    Lang: Die erste Priorität hat ein Notruf. Diese Menschen haben Todesangst. Selbst wenn man ein gut trainierter Schwimmer ist, kann das sehr gefährlich werden, weil sie um sich schlagen und an allem festklammern. So wird man schnell selbst unter Wasser gedrückt. Erste Priorität hat die eigene Sicherheit. Deswegen sollte man als erstes einen Notruf absetzen und zweitens der Person irgendeinen schwimmenden Gegenstand zuwerfen. Einen Schwimmring, eine Luftmatratze, ein Holz, ganz egal, Hauptsache es schwimmt. Daran kann sich der Mensch in seiner Not dann festklammern, bis Hilfe kommt.

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