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Interview: Umweltminister Glauber: "Wir müssen Landwirten Perspektive geben"

Interview

Umweltminister Glauber: "Wir müssen Landwirten Perspektive geben"

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    Ein Landwirt bringt im Abendlicht das frisch gemähte Gras ein. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber ruft vor allem auch Landwirte auf, sich aktiv in die Diskussion um mehr Artenschutz einzubringen.
    Ein Landwirt bringt im Abendlicht das frisch gemähte Gras ein. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber ruft vor allem auch Landwirte auf, sich aktiv in die Diskussion um mehr Artenschutz einzubringen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Herr Glauber, Sie sind erst seit ein paar Monaten bayerischer Umweltminister und schon stehen Sie im Auge des Orkans. Das erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wirbelt die Agrar- und Umweltpolitik in Bayern kräftig durcheinander. Haben Sie sich das so gewünscht?

    Thorsten Glauber: Es ist für einen Minister immer schön, Herausforderungen angehen zu dürfen. Das Thema Artenschutz ist für alle Bürger sichtbar. Es ist für mich keine Überraschung, dass das Volksbegehren so viel Zustimmung bekommen hat. Jetzt kommt es darauf an, was wir daraus machen.

    Am Mittwoch tritt der „Runde Tisch“ zusammen, um auszuloten, ob man an dem Entwurf des Volksbegehrens noch etwas verbessern kann. Was sind Ihre Vorstellungen?

    Glauber: Meine Vorstellung ist, aus dem Volksbegehren ein „Volksbegehren plus“ zu machen.

    Das heißt?

    Glauber: Das heißt, dass wir uns Artikel für Artikel anschauen sollten, um zu sehen was praxistauglich ist und was passgenau verbessert werden kann.

    Zum Beispiel?

    Glauber: Wir müssen über die Termine reden, an denen Walzen und Mähen möglich und erlaubt sein soll. Die Termine 15. März und 15. Juni sind in vielen Gegenden Bayerns nicht immer praktikabel. Das hängt vom Wetter ab. Deshalb brauchen wir passgenaue Lösungen für die Regionen. Ein weiteres Beispiel ist Artikel 11 zur „Lichtverschmutzung“. Städte sind immer hell, da muss ich über Lichtverschmutzung anders nachdenken als in ländlichen Gegenden. Dort, wo viele Insekten leben, stört jede Lampe deutlich mehr. Das sollten wir versuchen über die Bauleitplanung aufzugreifen.

    „Unser Ziel sollte sein, Streuobstwiesen zu erhalten“

    Ganz konkret: Was machen Sie mit Fußballplätzen im Außenbereich?

    Glauber: Man kann den Sportlern selbstverständlich nicht verbieten,

    Können Sie vielleicht ein weiteres Beispiel nennen. Es geht hier ja auch um viele Details?

    Glauber: Im Gesetzentwurf des Volksbegehrens steht, dass Streuobstwiesen ab 2500 Quadratmeter Größe und ab 50 Metern Entfernung zum Ort zum Biotop erklärt werden. Da sollten wir regeln, wie eine zukünftige Bewirtschaftung dieser Flächen möglich ist. Unser Ziel sollte ja sein, diese Streuobstwiesen zu erhalten. Deshalb müssen wir den Landwirten auch für kommende Generationen eine Bewirtschaftungsperspektive geben. Eine Stilllegung als Biotop ist keine Perspektive.

    Im Gegensatz zur bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) haben Sie die Debatte von Anfang an offensiv geführt. Haben Sie mit Frau Kaniber schon mal über mögliche Kompromisslinien zwischen den Interessen der konventionellen Landwirtschaft und dem Artenschutz gesprochen?

    Glauber: Das ist doch selbstverständlich. Wir sitzen ja im Kabinett nebeneinander. Und wir haben uns auch schon mehrfach zusammengesetzt.

    In einem Punkt haben Sie sich klar auf die Seite des Volksbegehrens gestellt. Auch Sie wollen verpflichtende Gewässerrandstreifen, damit direkt an den Ufern der Flüsse nicht gedüngt und gepflügt werden darf. Eine Verpflichtung wäre eine Abkehr vom Prinzip der Freiwilligkeit, das die CSU bisher gemeinsam mit dem Bauernverband immer hochgehalten hat. Steht uns da ein politischer Systemwechsel bevor?

    Glauber: Gerade am Beispiel der Gewässerrandstreifen zeigt sich, dass das Prinzip der geförderten Freiwilligkeit nicht immer funktioniert. Als letztes von 16 Bundesländern sollte auch Bayern hier eine nachhaltige Lösung finden. Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, Gewässerschutz, Artenschutz und Naturschutz miteinander zu verknüpfen.

    Thorsten Glauber, 48, ist Kommunikationselektroniker und Architekt. Für die Freien Wähler sitzt er seit 2008 im Landtag.
    Thorsten Glauber, 48, ist Kommunikationselektroniker und Architekt. Für die Freien Wähler sitzt er seit 2008 im Landtag. Foto: Armin Weigel, dpa

    Steht eine Abkehr vom Prinzip der Freiwilligkeit bevor?

    Aber für die Landwirte, die ihre Flächen zur Verfügung stellen, gibt es dann kein Geld mehr?

    Glauber: Das sollte nicht das Ergebnis sein. Umso wichtiger ist es, für dieses neue „blaue Netz“ durch Bayern eine entsprechende Förderkulisse zu schaffen.

    Die Initiatoren des Volksbegehrens wollen, was ihren Gesetzentwurf betrifft, keine Abstriche machen. Sehen Sie da überhaupt Spielräume?

    Glauber: Meine Bitte an alle Beteiligten des Runden Tisches ist, sich konstruktiv für das Gelingen eines „Volksbegehren plus“ einzusetzen. Wenn alle mitarbeiten, kann es ein gutes Ergebnis geben.

    Was erwarten Sie sich in diesem Zusammenhang vom Bayerischen Bauernverband? Gibt es aus Ihrer Sicht Möglichkeiten, den Landwirten entgegen zu kommen?

    Glauber: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass sich der Bauernverband aktiv in diesen Gestaltungsprozess einbringt, denn Naturschutz und der Erhalt unserer schönen Kulturlandschaft funktionieren nur gemeinsam mit unseren Bäuerinnen und Bauern.

    Eine Chance, über eine gute Zukunft für die Landwirte zu diskutieren

    Die Interessen vieler Landwirte sind aber nicht unbedingt identisch mit den Interessen des Verbandes.

    Glauber: Ich sehe es als große Chance parallel zum Volksbegehren über eine gute Zukunft für unsere bayerische Landwirtschaft zu diskutieren.

    Also eine Abkehr vom Prinzip Wachsen und Weichen?

    Glauber: Ich würde es nicht so formulieren. Es ist aus meiner Sicht vielmehr die Aufgabe, sich den Wünschen und Forderungen der einzelnen Betriebe mit ihren unterschiedlichen Größen und Ausgangsbedingungen zu stellen.

    Der CSU-Politiker Alois Glück soll den „Runden Tisch“ moderieren. Kennen Sie ihn? Was versprechen Sie sich von ihm?

    Glauber: Ich habe ihn als aktiven Politiker nicht mehr erlebt, aber ich kenne Alois Glück aus wenigen Begegnungen im bayerischen Landtag und ich schätze seine über Parteigrenzen hinweg ausgleichende Art. Er war ja auch immer Vordenker und Mahner in der eigenen Partei.

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