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Interview: Theo Waigel: "Den Stil hat niemand mehr gutgeheißen"

Interview

Theo Waigel: "Den Stil hat niemand mehr gutgeheißen"

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    Der ehemalige CSU-Vorsitzende Theo Waigel und der aktuelle Parteichef Horst Seehofer.
    Der ehemalige CSU-Vorsitzende Theo Waigel und der aktuelle Parteichef Horst Seehofer. Foto: Tobias Hase, dpa (Archiv)

    Herr Waigel, wie muss die CSU mit dem schlechten Wahlergebnis umgehen?

    Theo Waigel: Wir hatten dazu gestern eine sehr gute Debatte im Parteivorstand. Wir haben uns ehrlich die Meinung gesagt, ohne Aggressivität. Es gab auch selbstkritische Töne, angefangen bei Ministerpräsident Markus Söder, der erkannt hat, dass die Rolle als Landesvater eine komplexe ist. Den Stil der vergangenen Wochen und Monate hat niemand mehr gutgeheißen.

    Aber vom Ergebnis her könnte man ja sagen: Nach 37,2 Prozent würden sich andere Parteien die Finger lecken - angefangen bei der Schwesterpartei CDU.

    Waigel: Es stimmt, wir liegen derzeit deutlicher vor der CDU entfernt als früher. Aber es grenzt doch an Galgenhumor, wenn wir uns nun mit solchen Vergleichen, wer gerade schlechter dasteht, beschäftigen. Wir müssen wieder in ganz andere Regionen kommen. Und dazu gehört eine echte Aufbereitung von dem, was schiefgelaufen ist.

    Was ist das denn?

    Waigel: Die Flüchtlingsdebatte hat uns in der Form, wie sie gelaufen ist, nicht geholfen, weil wir eigene Erfolge der CSU selber kleingeredet haben und die Debatte stattdessen zu Streit geführt hat. Wir haben die Zukunftsängste der Bevölkerung nicht gelindert, wie es Aufgabe guter Politik ist. Von einer konservativen Revolution zu reden, war ganz sicher keine gute Idee. Auch deswegen sind wir als Partei derzeit einfach nicht mehr so verankert in den Milieus, in Kirchen, Religion, Universitäten. Aber wenn etwa Kirchen gespalten sind, ist das nicht gut für uns als Partei. Wir tragen schließlich das C in unserem Namen, das ist unsere übergreifende Primäridee. Also können wir nicht in Kategorien von „Freund“ und „Feind“ denken. Und wir dürfen bei der gesamten Fehleranalyse eins nicht vergessen: Unser Abwärtstrend begann nicht in den vergangenen Wochen, sondern bereits bei der Europawahl 2014 und natürlich auch bei der letzten Bundestagswahl.

    Am Ende dieses Wahlkampfes kursierte, vorgetragen von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber, die Erklärung, viele Zugezogenen nach Bayern teilten die Bindung an die CSU nicht mehr.

    Waigel: Die Erklärung überzeugt mich nicht. Es hat doch immer viel Zuwanderung nach Bayern gegeben in den vergangenen Jahrzehnten. Aber früher ist es uns gelungen, diese Menschen zu integrieren. Außerdem kenne ich viele in Schwaben oder anderen Teilen Bayerns Geborene, die uns nicht mehr gewählt haben.

    Vielleicht lag das auch daran, dass immer neuer Streit aus Berlin herüber schwappte, etwa über die Rolle von Verfassungsschutzpräsident Maaßen.

    Waigel: Dazu habe ich eine ganz klare Meinung. Ein Geheimdienstmitarbeiter hat den Mund zu halten und seine Vorgesetzten zu informieren. Es ist ganz sicher nicht seine Aufgabe, Interviews in der Bild-Zeitung zu geben.

    Aber Horst Seehofer hat Maaßen stets geschützt. Viele, auch innerhalb der CSU, machen den Parteichef mit verantwortlich für das schlechte Wahlergebnis. Seehofer will aber nicht zurücktreten.

    Waigel: Jeder muss selbst entscheiden, wie er einen souveränen, selbst verantworteten Abschied von der Politik vollzieht.

    Um die Ergebnisse der Landtagswahl und ihre Folgen geht es auch in unserem Podcast: Jetzt reinhören!

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