Herr Bezzel, man sagt Ihnen ja viele Talente nach. Gehört dazu auch das des Hochstapelns? Oder anders gefragt. Hat man so eine Rolle wie in der neuen Serie "Da is’ ja nix" im Blut, oder mussten Sie sich das mühsam aneignen?
Sebastian Bezzel: (lacht) Natürlich musste ich mir das mühsam aneignen. Was denken Sie! Nein, im Ernst. Der Beruf des Schauspielers ist ja im Grunde immer so eine Art Hochstapelei. Weil man vorgibt, jemand zu sein, der man nicht ist. Allerdings ist das eine offizielle Verabredung: Jeder weiß, dass dies so ist. Und zudem ist das nach Vorstellungsende oder Drehschluss vorbei. Der echte Hochstapler muss die Rolle 24 Stunden, 365 Tage im Jahr abliefern.
In der neuen NDR-Serie sind Sie zusammen mit Ihrer Frau Johanna Christine Gehlen in den Hauptrollen zu sehen. Die Idee ist von Ihnen beiden mitentwickelt. Wie kam es dazu?
Bezzel: Sie ist nicht direkt von uns geschrieben, doch die Idee dazu und die Entwicklungsschritte kamen tatsächlich von uns und Regisseur Matthias Steurer. Wir saßen beim Kaffee bei uns daheim auf der Terrasse und haben uns unterhalten, was man mal so machen könnte. Und dann kam die Idee, weil wir so etwas einfach gerne spielen wollten. Es sollte ein charmantes Hochstaplerpaar sein, keine bösen Betrüger oder so etwas. Denn die Hauptdarsteller bescheißen ja auch Betrüger, die ihr Schwarzgeld am Fiskus vorbeischleusen wollen. Und es sollte auch mit dem Thema "Auf der Flucht sein und aus jeder Situation irgendwie rauszukommen" zu tun haben. Es sollte Situationskomik entstehen.
Sie haben recht. Normalerweise werden Hochstapler im Film ja eher als etwas schmierige Typen dargestellt. Sie gehören eher zu den sympathischen. Warum musste das so sein?
Bezzel: Es gibt ja die Szene, in der ich als Hochstapler Mathias Groller sage: Wir sind keine Betrüger, sondern Erfinder. Mathias fände es toll, wenn all seine Ideen auch funktionieren würden und er ein Global Player wäre. Das wäre ihm lieber, als andere zu betrügen. Aber dann kommt eins zum anderen. Denn das Pärchen ist auch von einer großen Sehnsucht getrieben, in die Society aufzusteigen.
Das Pärchen in der Serie landet auf der Flucht vor Gläubigern in Österbrarup, einem erfundenen Ort. Der Name des Kaffs bleibt einem im Gehirn hängen. Wie kamen Sie darauf?
Bezzel: Unser Drehbuchautor hat den erfunden. Es gibt ja tatsächlich ein Süderbrarup. Überhaupt gibt es einige Brarups in Norddeutschland. Und ich nehme an, unseres war ein Privatgag des Regisseurs und des Autors. Die sind beide Österreicher und haben darum wohl ein Öster reingebracht.
Viele Ihrer Rollen interpretieren Sie mit einem heiteren Unterton. Woher stammt Ihr komisches Talent?
Bezzel: Ja, ich stamme wohl schon aus einer humorvollen Familie. Sowohl meine Oma als auch meine Mutter waren immer für einen trockenen bayerischen Spruch gut. Und ich spiele tatsächlich Komödie, aber der Polizist Eberhofer in den gleichnamigen Krimis hat überhaupt keinen heiteren Unterton. Das ist eine melancholische, fast schon depressive Figur – und da ist das genau das Lustige. Die Komödie entsteht ja oft im Schnitt und aus Situationen heraus. Was überhaupt nicht funktioniert, ist, wenn man versucht, lustig zu spielen. Das geht nicht.
Apropos. In dem Provinzpolizisten Franz Eberhofer haben Sie eine Kultfigur geschaffen. Wann merkt man, dass eine Figur ein Selbstläufer wird?
Bezzel: Ich weigere mich immer noch zu sagen, dass das ein Selbstläufer ist. Das wird vielleicht in den Medien und bei den Fans so gesehen. Aber ich versuche immer wieder, bei den Dreharbeiten neu ranzugehen. Dass wir mit den Filmen einen Nerv des Publikums getroffen haben, hat sich früh gezeigt. "Dampfnudelblues" ist ja eher zufällig ins Kino gekommen. Aber schon da habe ich gemerkt: Das gefällt den Leuten. Spätestens beim dritten Film waren plötzlich Fans bei den Dreharbeiten. Das habe ich so noch nie erlebt. Da war mir klar, dass die Filme doch ganz schön erfolgreich sind.
Ihre Rollen spielen oft in der Provinz. Wenn Sie selbst wählen könnten – lieber Stadt oder Land?
Bezzel: Lieber in der Stadt.
Sie leben ja mit Ihrer Frau und Ihren Kindern tatsächlich auch in Hamburg, der Geburtsstadt Ihrer Frau.
Bezzel: Stimmt. Ich bin in Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen, habe Jahre in München gelebt und dann in Berlin. Und bin jetzt schon wieder seit 13 Jahren in Hamburg.
Was unterscheidet Hamburg von München in Ihrer Wahrnehmung?
Bezzel: Eigentlich gar nicht so viel. Vielleicht die Elbe? (Lacht.) Nein, Hamburg ist etwas lässiger als München, hat mehr Subkultur und durch den Hafen schon eine besondere Note. Aber an München mag ich wahnsinnig gerne dieses Barocke und den Humor. Kurz und gut: Ich mag beide Städte unglaublich gerne. Im Übrigen sind es beides Städte mit viel Geld, da lebt es sich schon einfacher.
Würden Sie sagen: Hamburg forever?
Bezzel: Nein, aber das würde ich nirgendwo sagen. Ich hatte Hamburg nie im Leben auf dem Plan. Ich habe in Berlin gelebt und dort meine Frau kennengelernt. Eigentlich wollte ich dann wieder zurück nach München. Aber es kam anders, und ich habe Hamburg ausprobiert. Einen weiteren Plan habe ich nicht. Ich hoffe, dass ich es mir da, wo ich lebe, schön machen kann. Heimat ist bei mir sowieso eher personenbezogen denn ortsabhängig. Jetzt bleiben wir jedenfalls, bis meine Kinder in der Schule sind, erst einmal in Hamburg.
Sprechen Sie mit Ihren Kindern eigentlich auch bairisch?
Bezzel: Mmhh ja. So ein bisschen. Wenn der Papa besonders lustig oder besonders grantig drauf ist, spricht er bairisch. Wenn ich eine Zeit lang in Hamburg bin, spreche ich eher hochdeutsch, wenn ich zwei Monate in Bayern gedreht habe, sagen die Kinder: Jetzt spricht er wieder bairisch. Griass di und pfiat di können meine Kinder schon.
Haben Sie manchmal Sehnsucht nach Bayern?
Bezzel: Oh je, diese Frage. Ich kann dazu nur sagen: Ich bin oft in Bayern. Das ist das Gute an meinem Job. Und wenn die Sehnsucht zu groß würde, könnte ich jederzeit wieder ein paar Tage in den Süden reisen. Außerdem habe ich noch Verwandtschaft da, eigentlich sehe ich mich sowieso noch halb in Bayern verortet.
Sie haben mal den schönen Satz gesagt: "Ich finde, man kann sich auch mit einer kleinen Wampe wohlfühlen und man selbst sein." Das ist ungewöhnlich in einer Zeit, in der viele aus dem Selbstoptimieren eine Lebensphilosophie machen.
Bezzel: Meine Selbstoptimierungsversuche endeten meist damit, dass ich mich dann total hasse. Allerdings muss ich tatsächlich mit der Wampe aufpassen. Ich finde aber auch, es gibt Kollegen am Set, bei denen ich mich frage: Sind die Schauspieler oder Leistungssportler? Wenn die Konzentration nur noch auf den Waschbrettbauch geht, ist es mir dann doch zu blöd. Aber ich achte natürlich auch auf mich.
Schlussfrage: Können Sie eigentlich Leberkäse noch riechen?
Bezzel: Riechen schon. Ich esse ihn aber eher selten. Bei der Leberkäsjunkie-Kinotour war das echt schwierig. Denn überraschenderweise wurde in jedem Lichtspielhaus Leberkäse aufgetischt. Und irgendwann hatte ich den echt über.
Zur Serie: "Da is’ ja nix" (ab 14. Dezember im NDR Fernsehen und bereits jetzt in der ARD Mediathek) erzählt in sechs Folgen von einem Hochstaplerpaar, das aus einem wirtschaftlich angeschlagenen Dorf in Norddeutschland eine angebliche Geldquelle machen will. Mithilfe eines indischen Ayurveda-Heilbads soll die Region wieder florieren.
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