Herr Söder, Sie wollen Corona-Tests für alle Menschen. Das klingt ja zunächst einmal nach etwas rundum Guten. Die Reaktion war aber im Rest Deutschlands eher verhalten, oder habe ich das falsch mitbekommen?
Markus Söder: Virologen, Patientenschützer und Ärzte haben unser Konzept sehr gelobt. Vor allem von Politikern gab es Zurückhaltung, was ich ehrlich gesagt nicht verstehe. Die Herausforderung bleibt doch. Wer mehr lockert, muss auch mehr testen. Wir haben außer körperlicher Distanz, dem Mund-Nasen-Schutz, Hygienemaßnahmen und den Tests bislang keine wirksame Strategie – und das global. Deshalb haben wir dieses Konzept aufgelegt: Wir bieten gezielt Serientests für betroffene Berufsgruppen an, also für Beschäftigte in Altenheimen, Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und Krankenhäusern. Weiter versuchen wir im staatlichen Bereich, also vor allem bei der Polizei und bei Lehrern und Erziehern, mehr Gewissheit zu haben. Und drittens: Leute mit Symptomen mussten zum Teil zu lange warten. Daher geben wir jetzt eine 24-Stunden-Testgarantie. Und bei den Tests für Menschen ohne Symptome gilt: Sie sind schneller, kostenlos und für jedermann. Ein besserer Service für Gesundheit ist derzeit in Deutschland schwer zu finden.
Aber woran sich die Kritik vor allem entzündet hat, ist, dass ganz normale Massentests vielleicht eher dazu führen, dass ein trügerisches Gefühl von Sicherheit entsteht, weil die Tests gar nicht so zuverlässig sind und die Leute immer wieder getestet werden müssen, was zu erheblichen Kosten führen würde.
Söder: Diese Argumentation ist nicht schlüssig. Wenn man sagt, Tests seien kein wirksamer Beleg, könnte man gleich die gesamte Test-Debatte beenden. Das ist übrigens, was in den USA der eine oder andere diskutiert: Zu viele Tests machen wir nicht, das könnte schlechte Ergebnisse bringen. Ich denke, der Hintergrund der Kritik ist ein ganz anderer: Es sind die Kosten. Bayern ist bereit, die Kosten zu übernehmen. Das Testen ist neben Intensivbetten die einzige medizinische Leistung, die der Staat erbringen kann. Ich möchte das unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht vorenthalten. Vor Wochen forderte jeder Politiker mehr Tests für die Bevölkerung. Was soll daran plötzlich falsch sein?
Wenn wir schon bei den Kosten sind: Wenn sich bei grob zehn Millionen Bayern jeder testen lassen würde, wären wir schon bei einer halben Milliarde Euro. Spielt Geld eigentlich gar keine Rolle mehr bei der Corona-Bekämpfung?
Söder: Natürlich spielt es eine große Rolle – aber nicht die einzige. Zum einen zahlen die Krankenkassen jetzt erweiterte Tests. Anfangs war das ja selbst bei Symptomen eine Herausforderung, nun wird es gemacht. Das heißt, der Großteil wird von den Krankenkassen übernommen. Außerdem wird sich jetzt nicht jeder fünf Mal testen lassen, das ist ja nicht realistisch. Dieses freiwillige Angebot ist ein wichtiges Signal. Denken Sie zurück: Als wir über Schulschließungen geredet haben, wurden wir angegriffen. Danach hat es jeder gemacht. Wir wurden kritisiert, als es um Ausgangsbeschränkungen ging. Danach hat jeder die Kontaktsperre verhängt. Wir haben letzte Woche angeordnet, dass Urlauber aus Hochrisikogebieten ein Attest vorlegen müssen. Auch das haben jetzt nach einer Woche alle Bundesländer gemacht. Ich glaube schon, dass unsere Strategie eine Wirkung hat, auch über Bayern hinaus.
Markus Söder bei "Augsburger Allgemeine Live": Das ganze Gespräch im Video
Warum muss es denn immer so ein Flickenteppich sein? Auch bei den Tests haben wir ja jetzt wieder die Situation, dass viele Bundesländer vielleicht finanziell gar nicht in der Lage sind, das anzubieten …
Söder: Ich habe das Konzept unserer Staatsregierung in der Ministerpräsidentenkonferenz und in den Medien bereits vor zwei Wochen angekündigt. Aber Sie haben recht, der Eindruck des Flickenteppichs könnte entstehen. Weil Bayern so stark betroffen war, mussten wir schnell und konsequent handeln. Das war richtig. Heute haben etliche Bundesländer mehr Neuinfektionen als Bayern. Wir können uns ja nicht immer nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, sondern wir müssen auch schauen, dass wir das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ernst nehmen. Ich finde, wir sollten nicht nur denen, die ständig nach Erleichterung rufen, eine Stimme geben, sondern auch den vielen, vielen besorgten und vorsichtigen Menschen.
Gerade wenn es um den späteren Verlauf von Corona geht, dann spielen diese Tests ja immer eine Rolle. Müssen die Tests dann auch billiger werden?
Söder: Natürlich müssen wir das verbessern. Wir brauchen übrigens auch bei den Antikörpertests verbilligte Testmöglichkeiten. Ich habe die Sorge, dass wir in Deutschland gerade etwas nachlassen. Manch einer ist genervt von Corona oder fühlt sich existenziell herausgefordert, das ist verständlich. Trotzdem dürfen wir nicht nachlassen. Wir müssen die Gesundheitssysteme weiter ausbauen und gleichzeitig Vernunft und Lebensfreude in einer angemessenen Balance halten. Deswegen ist Testen sozusagen das Gegenstück zur Notbremse. Testen ist das Frühwarnsystem.
Man hat den Eindruck, dass der Einfluss von Virologen mittlerweile etwas zurückgegangen ist. Haben wir uns zwischendurch zu sehr von den Virologen beeinflussen lassen?
Söder: Erstens: Wir haben in Bayern immer klug abgewogen. Wir haben nach jeder Erleichterung genau beobachtet, wie sie sich auswirkt. Das hat sich bewährt. Im Großen und Ganzen ist die bayerische Bevölkerung mit diesen Maßnahmen im Einklang. Zweitens: Man sollte Experten nicht pauschal angreifen, ganz im Gegenteil. Wenn Sie krank sind, gehen Sie zum Arzt. Und der gibt Ihnen dann einen Rat. Wenn Sie den Rat dann nicht befolgen, sind Sie selbst schuld. Wir lernen bei Corona täglich dazu, auch dank der Wissenschaftler. Dafür sind wir sehr dankbar.
Wenden wir uns mal den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen zu. Der Staat hat in dieser Krise wahnsinnig viel Vertrauensvorschuss bekommen. Auch die Volksparteien haben auf einmal wieder Werte erreicht, von denen man vor kurzem noch nicht zu träumen gewagt hätte. Wie schnell kann so etwas wieder verschwinden, wenn zum Beispiel im Herbst die erste Pleitewelle durchs Land rast?
Söder: Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind in anderen Ländern noch viel schlimmer. Dort, wo die Corona-Pandemie negiert wurde, sind die Schäden enorm. Ohne die medizinische Vorsorge wären die Schäden bei uns sicher größer. Zu den Umfragewerten: Wir arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen – sowohl medizinisch als auch ökonomisch. Wir haben eine intensive Phase des Überbrückens gestartet. Die Konjunkturpakete müssen jetzt möglichst schnell wirken.
Es gibt Unmut im Bayerischen Landtag über die Beteiligung des Parlaments an all den jüngsten Entscheidungen. Glauben Sie nicht, dass dieses Durchregieren auf Dauer zu viel Frust führt?
Söder: Alle Gesetze werden vom Parlament beschlossen. Natürlich wird der Landtag eingebunden, es wird Woche für Woche ausgiebig über Corona diskutiert. Ich bin deshalb etwas überrascht, auch von der Kritik der SPD. Unser Verfassungssystem sieht vor: Gesetze werden im Parlament beschlossen, für Rechtsverordnungen ist die Exekutive zuständig. Das ist in allen Bundesländern so und auch im Bund, in dem die SPD das offenbar anders beurteilt als in Bayern. Hätten wir zum Beispiel bei der Ausgangsbeschränkung gesagt, jetzt diskutieren wir mal vier Wochen darüber, dann hätte das Leben gefährdet. Die Bayerische Staatsregierung handelt verfassungsmäßig.
Die Kritik heißt auch, dass Ihre Entscheidungen immer einsamer werden. Ist das so?
Söder: Der Koalitionspartner ist immer eingebunden. Wir treffen jede Entscheidung im Kabinett einstimmig mit den Freien Wählern.
Kommen wir noch mal zu den wirtschaftlichen Folgen. Die gesenkte Mehrwertsteuer ist jetzt in Kraft. Wie groß ist Ihre Hoffnung denn inzwischen, dass dies über Dezember hinausgeht?
Söder: Wir wollen alle Maßnahmen so schnell und effizient wie möglich umsetzen. Dann werden wir evaluieren. Und dann werden wir sehen, ob wir über eine Verlängerung der Kurzarbeit und über eine Senkung der Unternehmensteuer nachdenken können. Die Steuersenkung für die Gastronomie wurde bereits bis zum nächsten Sommer beschlossen, damit setzen wir einen wichtigen Impuls für diese Branche.
Und dann wollen Sie ja auch noch was fürs Auto tun …
Söder: Genau. Es ist mir bis heute ein Rätsel, warum die SPD die Kompetenz der betrieblichen Belegschaft, also der Betriebsräte und der IG Metall, so abgelehnt hat. Darüber werden wir noch mal länderübergreifend reden. In Bayern werden wir nach der Steuerschätzung im September überlegen, ob wir einige Projekte beschleunigen können: zum Beispiel bei Hightech und der Digitalisierung an Schulen oder auch im Baubereich.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat jetzt auch sein Herz für die Wirtschaft entdeckt und hat unter anderem gefordert, dass man die Ladenöffnungszeiten neu überdenken und auch mal am Sonntag öffnen solle. Ist das auch Ihre Ansicht?
Söder: Die Wahrheit ist doch, dass es schon jetzt unzählige Einkaufsmöglichkeiten gibt. Und wenn die Menschen jetzt zurückhaltend sind, dann hat das vor allem zwei Gründe. Erstens wird das Online-Angebot verstärkt genutzt, weil manche Kunden wegen Corona noch verunsichert sind. Und zweitens warten viele ab, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. Wir sollten mit der Frage der Sonntagsöffnung keine Spaltung in die Gesellschaft bringen.
Was auch immer wieder vorgebracht wird, ist die Maskenpflicht. Der Handel sagt, das störe die Freude am Einkaufen. In Österreich ist man da ja schon etwas weiter. Aber dass die Maskenpflicht bald fällt, das habe ich von ihnen noch nicht gehört...
Söder: Stimmt.
Es wird also bei der Maskenpflicht im Handel und so weiter bleiben?
Söder: Es bleibt uns bis auf weiteres leider nichts anderes übrig. Wenn wir die wenigen Möglichkeiten, die wir im Kampf gegen Corona haben, nicht nutzen, bringen wir uns nur selbst in Gefahr.
Diese Woche tagt ja auch die Mindestlohn-Kommission. Nun könnte man sagen, dass die, die in der Corona-Zeit so oft beklatscht wurden, davon profitieren würden. Wie sehen sie das denn?
Söder: Eine allgemeine Erhöhung des Mindestlohns ist nicht allein zielführend. Aber es gibt Gruppen, für die wir dringend eine bessere Bezahlung brauchen, zum Beispiel im gesamten Pflegebereich.
Haben Sie eigentlich jemals erwartet, dass Sie so populär werden können?
Söder: Das ist für mich in der ganzen Zeit kein Maßstab gewesen. Es gibt keine Blaupause für das, was uns passiert ist. Am Anfang haben wir uns Sorgen gemacht, ob wir diesen Test bestehen. Wenn Sie am Morgen steigende Zahlen von Todesfällen und Neuinfektionen bekommen mit einer Kurve, die eindeutig an Italien erinnert. Und wenn Sie am Abend erfahren, was an Material alles fehlt und was an Krankenhäuser nicht geliefert wurde, dann sind das Tage, an denen Sie über alles nachdenken, aber nicht über Popularität.
Einer der Sätze, die sie gerne zitieren ist, dass man niemanden daran hindern darf, klüger zu werden. Wenn sie zurückdenken an den Markus Söder vor zwei Jahren, vor zehn Jahren - hätte er diese Krise genauso gemeistert oder entwickelt man sich sehr?
Söder: Man muss im Amt reifen und Herausforderungen bestehen. Wobei das nie allein geht, sondern nur im Team in der Staatsregierung und mit der Bevölkerung. Zu meiner Anfangszeit als Ministerpräsident 2018 haben wir Fehler gemacht, auch ich persönlich haben manche Situation falsch eingeschätzt. Wenn man sich jahrelang zu stark mit Vorgängen in der eigenen Partei beschäftigt, geht manchmal der Blick verloren für das, was sich in einem Land und in einer Gesellschaft verändert hat. Wir haben daraus gelernt.
Mir ist ein Bild sehr haften geblieben. Als sie den Lockdown für Bayern verkündet haben - ein Land, das für seine Freiheitsliebe bekannt ist - da sahen sie sehr nachdenklich aus. In solchen Situationen muss man sich ja sehr oft selbst beraten. Aber täuscht der Eindruck, oder war Angela Merkel eine extrem wichtige Ratgeberin in dieser Zeit?
Söder: Angela Merkel gibt mit ihrer Krisenerfahrung wichtigen Rat. Sie hat mir am Anfang gesagt, ich solle etwas beherzigen, was ich anscheinend noch nicht so oft in meinem Leben gemacht hätte, nämlich das Zitat anzuwenden: „In der Ruhe liegt die Kraft“. Das habe ich beherzigt. Ich bin ihr auch dankbar, dass sie nach wie vor auf der Seite derer steht, die davor warnen, dass Corona jederzeit mit Macht zurückkehren kann. Man kann viel von ihr lernen.
Friedrich Merz war zwischendurch länger fort - und war auch an Corona erkrankt - , hat sich aber jetzt zurückgemeldet und seine Liebe für Schwarz-Grün entdeckt. Wenig überraschend hält er sich auch für den geeigneten Mann, um Schwarz-Grün umzusetzen. Sehen sie das auch so?
Söder: Fakt ist, das im nächsten Jahr Bundestagswahl ist. Fakt ist auch, dass die Grünen der Hauptherausforderer der Union sein dürften. Es ist ein bisschen zu vorschnell zu sagen, wir machen jetzt Schwarz-Grün. Es wird einen sehr ambitionierten Wettbewerb geben, wer die Nummer eins ist in Deutschland und wer den Kanzler stellen kann oder die Kanzlerin. Deswegen sollten wir nicht über Bündnisse spekulieren, sondern aus eigener Kraft einen Politikansatz entwickeln, der über das hinausgeht. Es gibt keinen Anlass, jetzt Schwarz-Grün zu propagieren. Es wäre auch ein Fehler zu sagen, um die Großstädte und Umweltpolitik sollen sich die Mitbewerber kümmern, wir kümmern uns um andere Zielgruppen. Es muss Auftrag der Union sein, ein politisches Angebot zu entwickeln für eine liberale Demokratie und gegen die AfD. Und für eine moderne, digitalisierte Republik, die einen Technologiesprung macht. Und für eine ökologische, die es schafft, modernes Wirtschaftswachstum und Klimaschutz zu verbinden. Das ist noch eine Denksportaufgabe für uns alle.
Höre ich da heraus, Schwarz-Grün ist okay, solange es nicht Grün-Schwarz ist?
Söder: So einfach ist das nicht. In Baden-Württemberg sieht man, dass Grün-Schwarz für die CDU eine echte Herausforderung. Aber es ist jetzt nicht die Zeit, über Koalitionen zu spekulieren. Es gibt so viele Parteien, die sich um Mehrheiten bewerben. Wähler sind grundsätzlich skeptisch, wenn sie den Eindruck haben, Parteien könnten quasi vorher eine Regierung und gleich dazu noch eine Kabinettsliste ausmauscheln. Wir alle haben im Moment nur den Auftrag, die Corona-Krise zu meistern. Aufgabe der Union für die Bundestagswahl wird es sein, eine klare Strategie für sich festzulegen. Wir stehen für eine moderne, weltoffene und gleichzeitig bodenständige Gesellschaft. Es ergibt keinen Sinn, sich profilieren zu wollen, indem man sich schon jetzt auf irgendeinen Partner festlegt. Was passiert, wenn der Partner am Ende gar nicht will?
Verstehen sie diejenigen die sagen, wenn die CDU nächstes Jahr bei 40 Prozent liegt, dann kann sie die Kanzlerkandidatur nicht der CSU überlassen?
Söder: Über die Kanzlerkandidatur entscheiden in der Union traditionell beide Parteien gleichberechtigt. Unabhängig davon ist jetzt nicht der Zeitpunkt, darüber zu spekulieren. Das wirkt wie eine Fußballmannschaft, die nach einer 2:0-Führung zur Halbzeit sagt, wir stellen das Spielen ein und reden bereits über die nächste Saison. Wir haben schon oft erlebt, dass sich bei Bundestagswahlen alles verändert. Die jetzigen Umfragewerte für die gesamte Union sind der großen Zustimmung zu einer Bundeskanzlerin geschuldet, die dann nicht mehr da sein wird. Diese Werte werden auch nicht so einfach auf andere Personen übertragbar sein. Einfach zu glauben, das geht endlos so weiter, wäre ein großer Fehler. Wir sollten den Wählerinnen und Wählern mehr Respekt entgegenbringen und noch mehr Hineinhorchen in die Bevölkerung. Wir haben in Bayern erlebt, dass der Grundsatz „mia san mia und wir entscheiden, wie wir wollen“ einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Und das zurecht.
Ich weiß, sie sind die Fragen leid und es ist zu früh dafür, aber nach dem ursprünglichen Grundsatz „Mein Platz ist in Bayern“ hört sich das alles nicht mehr an...
Söder: Mein Platz ist in Bayern, daran hat sich nichts geändert. Sehen Sie, Menschen sind besorgt, fragen sich, ob sie wieder in den Urlaub fahren können oder haben Angst um ihren Arbeitsplatz. Das halbe Land ist unsicher, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Wir müssen über so viele Schicksale nachdenken. Es wäre wichtiger, darüber zu reden, wie wir den Menschen helfen können. Und nicht darüber, wer was wird.
Ist die Polarisierung unserer Gesellschaft eigentlich die größte politische Herausforderung der nächsten Jahre?
Söder: Ja, der Antagonismus wächst. Im Internet und in Whatsapp-Gruppen kursieren zum Teil völlig abseitige Ideen. Beispiel Impfpflicht: Wir werden niemanden zwingen, sich zu impfen. Aber zu behaupten, Impfen sei dazu da, Menschen mit einem Chip zu versehen und Überwachungssysteme zu etablieren, ist gelinde gesagt Quatsch. Diese aggressive Art zu diskutieren macht Sorge. Das hat aber natürlich auch damit zu tun, dass bestimmte Gruppen versuchen, diese Diskussionen zu kapern und daraus politisches Kapital zu schlagen.
Wäre es nicht viel schöner für sie zu sagen wie Franz Josef Strauß „es ist mir egal, wer unter mir Kanzler wird“?
Söder: Dinge ändern sich. Zu Zeiten von Franz Josef Strauß war die Welt eine andere. Wir sind heute in jeder Beziehung vernetzt, nicht nur bei Corona, auch beim Klimawandel und in vielen anderen Fragen. Wir erreichen nur dann etwas, wenn wir mehr auf Zusammenarbeit setzen. Ich verbinde das mit einem afrikanischen Sprichwort, das mir gut gefällt: „Wenn du schnell gehen willst, dann geh allein. Wenn du weit gehen willst, dann geh gemeinsam.“ Das heißt für Deutschland auch: Wenn wir weit gehen wollen, müssen wir gemeinsam gehen.
Wo werden sie diesen Sommer Urlaub machen?
Söder: Wir werden ein paar Tage in Bayern Urlaub machen, vielleicht auch noch ein paar Tagesausflüge. Und dann habe ich mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther ausgemacht, dass wir uns im August am Wattenmeer treffen. So eine Wattwanderung ist immer etwas Spannendes.
Die Fragen stellte Gregor Peter Schmitz; protokolliert wurde das Interview von Holger Sabinsky-Wolf.
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