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Interview: Landsbergerin zum Streit mit Woelki: "Treffen hat mir die Augen geöffnet"

Interview

Landsbergerin zum Streit mit Woelki: "Treffen hat mir die Augen geöffnet"

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    Die Landsbergerin Viola Kohlberger ist Mitglied des Synodalen Wegs.
    Die Landsbergerin Viola Kohlberger ist Mitglied des Synodalen Wegs. Foto: Robert Kiderle

    Frau Kohlberger, Sie sind Mitglied des Synodalen Wegs – dem Reformprozess zwischen deutschen Bischöfen und engagierten Katholiken. In einem Instagramvideo erzählen Sie von einem unangenehmen Gespräch, das Sie kürzlich mit Kardinal Rainer Maria Woelki bei der Synodalkonferenz in Frankfurt hatten. Können Sie das Aufeinandertreffen mit dem Kölner Erzbischof schildern?

    Viola Kohlberger: Im Kern ging es darum, dass ich in einem Redebeitrag im Plenum auf ihn und andere Menschen Bezug genommen habe, die nach den neuesten Entscheidungen aus Rom weiterhin ihr Bischofsamt ausüben dürfen. Ich sagte, dass ich im Vorfeld der Versammlung nicht gewusst habe, wie ich dort den Menschen begegnen solle, die sich mehr für den Schutz des Systems als für den Schutz der Menschen einsetzen würden.

    Wie ging es dann weiter?

    Kohlberger: Am Tag darauf sprach mich Rainer Maria Woelki auf diesen Redebeitrag an und darauf, dass ich ihn seiner Meinung nach aus reiner Emotionalität und ohne Grundlage beschuldigen würde. Alle Gutachten und sogar der Heilige Vater in Rom hätten bestätigt, dass er sich nichts vorzuwerfen habe (auf jüngste Entscheidung des Vatikans bleiben Woelki und der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, denen Missbrauchsvertuschung vorgeworfen wurde, im Amt, Anm. der Redaktion).

    Ich versuchte dagegen zu argumentieren, beispielsweise durch den Verweis auf seinen Umgang mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs, den ich stark kritisiere. Er warf mir vor, dass meine emotionalisierten Posts in den Sozialen Medien die Menschen aufmischen würden und der Grund dafür seien, weshalb Menschen aus der Kirche austreten würden.

    Wie fühlten Sie sich im Anschluss daran?

    Kohlberger: Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was gerade passiert war. Dann hatte ich direkt das Gefühl, dass es nicht in Ordnung war, wie das Gespräch verlaufen ist – und dass das nicht an mir liegt. Ich habe dann den anderen jungen Synodalen geschrieben und mich ihnen anvertraut.

    "Ich ermutige andere, Missstände ebenfalls öffentlich anzusprechen"

    Was hat Sie dazu bewegt, die Geschehnisse im Internet öffentlich zu machen?

    Kohlberger: Ich beschäftige mich im Rahmen des Synodalen Weges viel mit dem Thema Machtmissbrauch und fühle mich dazu sprachfähig. Andere, die vielleicht ähnliche Ereignisse erlebt haben, wollte ich dazu ermutigen, Missstände ebenfalls öffentlich anzusprechen.

    Welche Reaktionen bekommen Sie auf Ihr Instagram-Video?

    Kohlberger: Das Video wird sehr viel geteilt und hat knapp 10.000 Aufrufe. Auch Doris Reisinger (Theologin, Buchautorin und selbst Missbrauchsopfer, Anm. der Redaktion) hat es auf Twitter verlinkt, darüber habe ich mich gefreut. Ich bekomme insgesamt viel Solidarität und Unterstützung zum Beispiel aus den katholischen Jugendverbänden. Das ist unglaublich bestärkend. Ich bekomme aber auch viele schlimme Kommentare, die ich inzwischen nicht mehr lese. Meine Freundinnen und Freunde helfen mir, indem sie die schlimmsten Kommentare melden.

    "Das Treffen mit Kardinal Woelki hat mir die Augen geöffnet"

    Sie sind weiterhin ein Mitglied des Synodalen Wegs. Wie beeinflusst das Aufeinandertreffen mit Kardinal Woelki ihr weiteres Engagement?

    Kohlberger: Es hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet. Der Zusammenstoß ist ein gutes Beispiel dafür, wie auch auf der Synodalversammlung Macht ausgespielt und missbraucht werden kann.

    Der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller sprach von einer „Form des Psychoterrors“: „Diese bischöflichen Herren kennen keine Gnade und keinen Respekt“…

    Kohlberger: ...das verdeutlicht, woran wir arbeiten müssen. Ich fühle mich insgesamt aber in meinem Engagement bekräftigt und motiviert.

    Auf Anfrage unserer Redaktion hat das Erzbistum Köln eine Stellungnahme zu Ihrem Video abgegeben. Demnach bedauere der Kardinal sehr, dass bei Ihnen im Verlauf des Gesprächs der Eindruck entstanden ist, dass er Druck ausgeübt habe. Es sei zentral miteinander im Gespräch zu bleiben, „wenn man einen gemeinsamen Weg in die Zukunft finden wolle“, heißt es im Statement. Was halten Sie von der Stellungnahme?

    Kohlberger: Wenn Rainer Maria Woelki seine Entschuldigung ernst gemeint hat, nehme ich sie an.

    Zur Person: Viola Kohlberger, 29, ist in Landsberg am Lech geboren. Sie ist promovierte Theologin, ehrenamtliche Diözesanvorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg in Augsburg und Mitglied des Synodalen Weges.

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