Sie standen fast 15 Jahre an der Spitze der bayerischen Denkmalpflege – was hat sich seither geändert, auch in der Wertschätzung der Denkmalpflege in Öffentlichkeit und Politik?
Greipl: Die Denkmalpflege wird heute sicherlich mehr wahrgenommen, als dies vor 20 Jahren der Fall war. Dies ist auch ein Verdienst der Bürger, denn diese haben um ihre Denkmäler gekämpft, selbst wenn die Situation ausweglos erschien. Auch wir als Fachbehörde haben in vielen Schlachten um den Erhalt von Denkmälern gekämpft: die Mainbrücke im unterfränkischen Ochsenfurt oder auch Gut Kaltenbrunn am Tegernsee, um nur zwei beispielhaft zu nennen.
Sie gehen kurz nach dem Wechsel an der Spitze des für die Denkmalpflege zuständigen Ministeriums. Was erhoffen Sie sich von diesem Wechsel? Welche Forderungen stellen Sie an die neue Staatsregierung?
Greipl: In diesem Jahr feierte das Denkmalschutzgesetz seinen 40. Geburtstag. Es ist in Kraft, aber es hat auch einige Zähne verloren. Als Generalkonservator war es immer meine Aufgabe, mich für den Erhalt von Denkmälern einzusetzen – für diese Sache zu kämpfen, auch wenn es kräftig Gegenwind gab. Unsere Denkmäler prägen das Gesicht Bayerns.
Als einfacher Bürger wünsche ich mir das, was sich sicherlich viele in Bayern auch wünschen: unsere Denkmäler sind einzigartige Zeugnisse, für die es auch die entsprechende politische Unterstützung geben sollte. Dies ist mein erster Wunsch. Mein zweiter Wunsch: Politische Unterstützung sollte es für die Denkmäler gerade dann geben, wenn sich eine Privatperson für den Erhalt eines Denkmals einsetzt. Aufgrund der drastischen finanziellen Kürzungen von vor über 20 Jahren fehlt das Geld aber hinten und vorne.
Sie beklagen seit Jahren die aus Ihrer Sicht drastische Unterfinanzierung der Denkmalpflege. Hat sich daran etwas verändert, vielleicht sogar verbessert?
Greipl: Der Kulturstaat Bayern – als solchen definiert ihn die Bayerische Verfassung im Artikel 3 – schaut dem schleichenden Verlust des kulturellen Erbes, dazu gehört auch die Landschaft, für meinen Geschmack ziemlich gelassen zu. Dabei ist die Lage schon jetzt dramatisch: Mehr als 3000 Denkmäler in Bayern stehen leer und sind vom Verfall bedroht, Ortskerne veröden. Kulturlandschaften werden immer noch weiter zerstört.
Der Instandsetzungsrückstau bei den Denkmälern im Privateigentum beträgt, vorsichtig geschätzt, zwei Milliarden Euro. Dazu kommt ein Instandhaltungsrückstau bei staatlichen Kulturbauten, wieder vorsichtig geschätzt, in Höhe von einer Milliarde Euro. Eines der merkwürdigsten Erlebnisse in meinen 14 Jahren war, dass der für den Denkmalschutz zuständige Staatsminister den Kongresssaal des Deutschen Museums in München, ein bedeutendes Denkmal, unwidersprochen als „olles Ding“ bezeichnete, das schon längst weg gehöre. Was wollen Sie da noch sagen? (dpa)