Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Interview: Freie-Wähler-Chef: „Die Gymnasien gehen kaputt“

Interview

Freie-Wähler-Chef: „Die Gymnasien gehen kaputt“

    • |
    Wie geht es weiter mit den Gymnasien in Bayern?
    Wie geht es weiter mit den Gymnasien in Bayern? Foto: Foto: Armin Weigel/dpa

    Herr Aiwanger, warum wollen Sie eine Wahlfreiheit zwischen dem acht- und neunjährigen Gymnasium?

    Die Gymnasien gehen kaputt, weil viele nicht mehr aufs Gymnasium gehen. Gerade auf dem Land. Der häufige Nachmittagsunterricht in Verbindung mit dem weiten Schulweg halten immer mehr Jugendliche davon ab. Wir haben schon jetzt deutlich rückläufige Anmeldezahlen – unabhängig von der demografischen Entwicklung.

    Würde es nicht reichen, den Lehrplan für das G8 fit zu machen und Inhalte zu kürzen?

    Im neunjährigen Gymnasium sind von der Kultusministerkonferenz 30 Stunden Unterricht pro Woche vorgegeben, im achtjährigen sind es einige Stunden mehr. Und deshalb kommt man im G8 mit dem Unterricht zwei- bis dreimal in der Woche in den Nachmittag hinein, was für viele ein K.-o.-Kriterium ist. Selbst der schlauste Schüler, der den Stoff packt und keine Probleme hat, muss am Nachmittag in den Unterricht und kann weder Freizeit noch Verein oder Ehrenamt genießen. Damit bleibt auch die soziale Komponente auf der Strecke. Und mit 17 wird der Jugendliche dann auf die Universität gescheucht, ohne zu wissen, was er studieren soll. Mit einem neunjährigen Gymnasium hätten wir diese Schwierigkeiten nicht.

    Gibt es weitere Kriterien, die für eine Wahlfreiheit sprechen?

    Selbstverständlich. Wir haben seit der Einführung des G8 einen dramatischen Einbruch bei den sogenannten Mint-Berufen, also Naturwissenschaftlern oder Ingenieuren. Fächer wie Mathematik, Physik oder Chemie werden von den Schülern immer häufiger abgewählt. Deshalb wären auch Leistungskurse wieder zu überlegen.

    Die Tür wird nicht mehr ganz zugehen

    Glauben Sie denn, dass die CSU bei einem Scheitern des Volksbegehrens an ihren Reformplänen festhält?

    Die Gefahr besteht, dass sie viel von den heutigen Ideen wieder einsammelt. Aber ich glaube auch, dass sie die von uns aufgestoßene Tür nicht mehr ganz zubekommt. Dennoch, da bin ich mir sicher, wird es dann im Großen und Ganzen beim achtjährigen Gymnasium bleiben.

    Was sind denn neben der Reform des Gymnasiums weitere Schwerpunktthemen der Freien Wähler?

    Die Energiepolitik. Wir fordern, ernsthaft über Alternativen zur Stromtrasse vom Norden in den Süden, die Milliarden kostet, nachzudenken. Wir sagen: Wir brauchen diese Trasse nicht und setzen auf die Gastechnik und auf die Methanisierung, also die Umwandlung von Strom in Gas.

    Das bedeutet konkret?

    Die Trasse wird unnötig, wenn in Bayern zwei große oder entsprechend viele kleine Gaskraftwerke entstehen. Doch der Ansatz, über Alternativen zur Trasse nachzudenken, fehlt mir völlig.

    Gaskraftwerke statt Kernkraftwerke

    Warum wird dennoch an der Trasse festgehalten?

    Weil es darum geht, die Monopolstrukturen aus der Atomzeit zu verfestigen. Die Lobbyisten bestimmen die Energiepolitik. Die Energie muss wieder in staatliche Hand genommen werden, wenn es die Privaten nicht hinkriegen. Der Freistaat Bayern muss eben ein, zwei große Gaskraftwerke dort hinstellen, wo heute die Kernkraftwerke sind. Aber es ist doch Unsinn, den Strom aus Niedersachsen über milliardenschwere Leitungen nach Bayern zu transportieren oder den Kohlestrom aus Sachsen-Anhalt zu holen. Dafür hat doch auch die Bevölkerung keinerlei Verständnis.

    Gymnasium, Energiepolitik – wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

    Wir wollen den Tourismus in Bayern voranbringen. Ich fahre in einigen Tagen ins oberbayerische Sudelfeld, wo es um die umstrittenen Schneekanonen geht. In diesem Fall sind die Freien Wähler ganz anderer Meinung als die Grünen. Die sehen in jedem kleinen Speichersee, aus dem das Wasser für die Beschneiung der Skipisten genommen wird, ein Problem. Wenn es jedoch ein Tümpel für Frösche wäre, würden ihn die Grünen einweihen. Wir wollen den Tourismus in Bayern stärken, weil wir mit den Skigebieten in Österreich konkurrieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden