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Interview: Anton Hofreiter: "Politik ist doch kein Bauerntheater"

Interview

Anton Hofreiter: "Politik ist doch kein Bauerntheater"

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    Anton Hofreiter ist Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag.
    Anton Hofreiter ist Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag. Foto: Fred Schöllhorn

    Anton Hofreiter lächelt selten. Er kommt aus Sauerlach. Das liegt bei München. Und so könnte man seine dauerernste Miene einfach als bayerisches Grantlertum abtun. Aber so einfach ist das nicht. Denn obwohl er bei den Grünen ist, denen Kritiker ja mitunter eine gewisse Freudlosigkeit nachsagen, ist Hofreiter kein Politiker der Kategorie „Zeigefingerheber“. Im Fernsehen mag das bisweilen anders wirken – aber der Mann hat Humor.

    Und manchmal zeigt er das sogar. Zum Beispiel, wenn er spontan das Talkshow-Verhalten eines Parteikollegen parodiert. Oder wenn er sich über die Umgangsformen des CSU-Chefs während der gescheiterten schwarz-grünen Koalitionsgespräche echauffiert.

    Anton Hofreiter spart sich laute Töne gegen die Koalition

    Die Politik betrachtet der promovierte Botaniker, der über Parteigrenzen hinweg „Toni“ genannt wird, aber eher sachlich. Erst recht, seit er Fraktionschef der Grünen im Bundestag ist und damit für die ganze Partei spricht. Er weiß, dass man bei ihm nun etwas genauer hinhört. „Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, und manchmal überrascht es mich schon noch, was da so alles hineininterpretiert wird“, sagt er beim Besuch unserer Redaktion.

    Hofreiter trinkt Tee statt Kaffee und widersteht zunächst den Häppchen, die vor ihm auf einem Tablett liegen. Er schaut ernst. Ein Zeichen dafür, dass er sich konzentriert. Sagt er selbst. Wir sprechen über die Affäre Edathy. Der Oppositionspolitiker spart sich laute Töne gegen die Koalition. Ihm geht es nicht mehr um die Frage, wer wann was über die Ermittlungen gegen den SPD-Abgeordneten wusste. Hofreiter fürchtet einen Schaden für die Demokratie: „Wenn der Eindruck entsteht, dass der Fall eines Politikers von den Ermittlern anders gehandhabt wird als der eines Normalbürgers, dann ist das gefährlich.“

    Über die Beteuerungen von SPD-Politikern und Ermittlern, sie hätten rechtlich einwandfrei gehandelt, sagt Hofreiter: „Sie haben das wahrscheinlich geschickt dargestellt.“ Er zögert und dreht den Kronkorken einer Wasserflasche in seinen großen Händen. Von einer Lüge will er auf Nachfrage nicht sprechen. „Lügen sagt man nicht, das ist unparlamentarisch“, antwortet er – die Goldwaage immer im Hinterkopf.

    Hofreiter: Koalition mit der CSU eher unwahrscheinlich

    Hofreiter ist keiner, der in politischen Lagern denkt. Das betont er immer wieder. Und es scheint zu stimmen. Jedenfalls gibt es in seiner oberbayerischen Heimat, wo der Grüne ein paar Jahre im Gemeinderat saß, sogar den ein oder anderen CSU-Politiker, der gut über ihn redet. „Die Einstellung, alles doof zu finden, was von der anderen Seite kommt, die ist out. So hat man das vielleicht in den 70ern gemacht“, sagt Hofreiter.

    Er ist sicher, die Bürger mögen keinen solchen Politikstil. Im Bundestag will er deshalb „konstruktiv Opposition machen“ und auf die „Inhalte schauen, nicht auf die Farbenlehre“. Kann ja nicht schaden, wenn man über künftige Bündnis-Optionen nachdenkt.

    Eine Koalition mit der CSU ist jedoch eher unwahrscheinlich. Zumindest solange Horst Seehofer die Partei steuert. Hofreiter ärgert sich über die „unernsthafte Art“ des bayerischen Regierungschefs. Er nimmt jetzt doch ein paar von den Häppchen auf dem Tisch. „Manchmal frage ich mich schon: Ist dem überhaupt bewusst, dass er wirklich Ministerpräsident ist? Der findet das alles lustig, aber Politik ist doch kein Bauerntheater“, sagt der Grüne. Er entfernt sich jetzt phonetisch immer weiter vom Hochdeutschen, spricht breites Bayerisch. Man kann sich gut vorstellen, dass der 44-Jährige im privaten Gespräch kein Blatt vor den Mund nimmt.

    Hofreiter: Er klingt nach Hoffnung, ein bisschen auch nach Resignation

    Aber das hier ist eben nicht privat, Hofreiter sitzt hier schließlich mit Journalisten zusammen. Er findet schnell wieder in seine Rolle und sagt über Seehofers Politik jetzt Sätze wie „Das nutzt sich ab“ oder „Irgendwann landet man bei Versprechen, die sich gegenseitig ausschließen. Und spätestens dann wird es problematisch.“ Das klingt nach Hoffnung. Und ein bisschen auch nach Resignation. Denn auf die Frage, warum die Seehofer-CSU trotz ihres nicht unbedingt geradlinigen Kurses große Wahlerfolge erzielt, hat auch Hofreiter keine Antwort. Oppermann: Ziercke-Anruf kein Fehler

    Er spricht lieber über Sachthemen. Über die Energiewende zum Beispiel. Das grüne Herzensanliegen. Den Entwurf des neuen Superministers Sigmar Gabriel nennt er „ziemlich armselig“ und hält ein flammendes Plädoyer für Gaskraftwerke, die nur dann laufen sollen, wenn die erneuerbaren Energien nicht genügend Strom liefern. Dass der Staat dafür Geld ausgeben müsste, findet Hofreiter völlig in Ordnung.

    Auf der Zielgeraden unseres Gesprächs geht es dann noch um die Pkw-Maut auf deutschen Straßen. Ein Heimspiel für den langjährigen Verkehrspolitiker, der nicht daran glaubt, dass dieses Lieblingsprojekt der CSU in naher Zukunft realisiert wird. „Das ganze Ministerium ist gespannt, wie der Dobrindt das mit der Maut hinkriegen will“, sagt Hofreiter trocken. Und er lächelt.

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