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Ingolstadt: Tödliche Entenjagd: Jagdherr belastet toten Freund

Ingolstadt

Tödliche Entenjagd: Jagdherr belastet toten Freund

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    Während einer Entenjagd kentert ein Boot und zwei Männer ertrinken. Der Angeklagte belastet jetzt seinen toten Freund. (Symbolbild)
    Während einer Entenjagd kentert ein Boot und zwei Männer ertrinken. Der Angeklagte belastet jetzt seinen toten Freund. (Symbolbild) Foto: Thorsten Jordan

    „Das waren meine Freunde, darum geht mir das alles immer noch so nah“, sagt der 70-jährige Angeklagte dem Richter. Der Mann soll den tödlichen Unfall bei der Entenjagd an Silvester 2013 auf einem Teich bei Geisenfeld (Landkreis Pfaffenhofen) verschuldet haben.

    Das Teichgut ist seit vier Generationen in Familienbesitz: Fischzucht im großen Stil, drumherum ausgedehnte Waldungen – eine herrliche Idylle. Um den Ertrag zu erhöhen, veranstaltet er auch Jagden, schildert der Gutsherr.

    Wie an Silvester 2013: Die Jagdgesellschaft teilt sich auf. Zwei Jägerinnen – darunter die Frau des Angeklagten – und drei Jäger wollen von so genannten Schwimmständen im Wasser auf Enten schießen, die übrigen vom Ufer aus. Die Schwimmstände in dem 850 Meter langen Teich sollen mit einem Aluminiumboot angefahren werden. Gesteuert wird es von einem Jäger, der sich auf dem Gut gerade als Teichwirt ausbilden lässt.

    Boot geht bei Entenjagd unter: Zwei Männer ertrinken

    Urplötzlich geht das Boot unter. Während die Frauen und der Bootsführer schwimmend die rund 50 Meter bis zum Ufer schaffen, versinken die beiden Jäger (33 und 70 Jahre). Der Ältere kann nach einer Viertelstunde leblos aus dem drei Grad kalten Wasser gezogen und reanimiert werden. Er stirbt aber drei Tage später an den Folgen. Der 33-Jährige taucht nicht mehr auf. Polizeitaucher bergen seine Leiche Tage später vom Grund.

    Der Fall beschäftigte bereits im Dezember 2014 das Amtsgericht Pfaffenhofen. Der Teichgutbesitzer und Jagdherr wurde wegen fahrlässiger Tötung und gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr zu knapp 20 000 Euro (140 Tagessätze) Geldstrafe verurteilt. Der damals mit angeklagte Bootsführer akzeptierte in der Beweisaufnahme überraschend doch den Strafbefehl über 100 Tagessätze, gegen den er Einspruch eingelegt hatte.

    Nicht ohne Grund: Ein Gutachter hatte zuvor dem Pfaffenhofener Richter erklärt, dass das kleine Aluminiumboot mit fünf Menschen überladen war. Maximal drei hätten darin Platz nehmen dürfen, so der Sachverständige.

    Der Jagdherr streitet seine Schuld ab

    Der Jagdherr ist sich heute wie damals keiner Schuld bewusst. Beim Auftakt des Berufungsverfahrens gestern am Landgericht Ingolstadt gab er eine neue Darstellung, die sich deutlich unterscheidet von jener in der ersten Instanz. Der Mann sagt nun, die gesamte Verantwortung habe bei seinem „besten Freund“, dem ums Leben gekommenen 70-Jährigen, gelegen. Der habe unbedingt mit einigen Bekannten auf diese Jagd wollen, alles organisiert und sei auch für die Sicherheit zuständig gewesen.

    Er habe sogar darauf hingewiesen, dass Schwimmwesten vorhanden seien, sagt der Gutsherr. Aber ausgerechnet sein alter Jagdgefährte habe ihn vor den anderen ausgelacht: „Das Wasser ist eiskalt, da helfen die nix – da bist nach vier Minuten spätestens sowieso hin!“, habe der Tierarzt gescherzt. Außerdem seien alle dick eingekleidet gewesen und hätten die Gewehre und viel Munition dabei gehabt. Mit Schwimmwesten wäre es noch enger geworden und überdies würden die ja auch beim Schießen behindern, „darum wollte niemand eine haben“, sagt der Angeklagte.

    Das Gericht hegt große Zweifel an dieser Version. Auch, weil ein Mitarbeiter des Teichgutes in erster Instanz gesagt hatte, dass man in der Regel ein größeres Boot nahm, wenn mehr als drei Menschen befördert werden sollten. Dieses Boot habe aber ein Leck gehabt.

    Angeklagter belastet seinen toten Freund

    Staatsanwalt Nicolas Kaczynski glaubt dem Angeklagten kein Wort: „Sie versuchen hier, auf dem Rücken ihres sehr guten Freundes die ganze Verantwortung abzuladen“, hielt er dem Angeklagten vor. Tiefe Betroffenheit sehe anders aus. Auf weitere Nachfrage des Anklagevertreters räumte der 70-Jährige ein, dass jeder der bis zu 14 Teilnehmer an den Jagden mindestens 900 Euro berappen müsse. Im Jahr nach dem Unglücksfall hat der Mann sieben Jagden durchgeführt. So viele wie noch nie in einem Jahr.

    Bei einer Verurteilung droht dem Gutsherrn und Waidmann auch der Entzug von Jagdschein und Waffenbesitzkarte. Letztere musste er bereits einmal – für die Dauer von rund acht Jahren – abgeben. Damals war ihm wiederholt Laxheit im Umgang mit Jagdwaffen nachgewiesen worden. Das Urteil wird am 23. Februar erwartet.

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