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Ingolstadt: Rattengift-Prozess: Angeklagter streitet Vorwürfe ab

Ingolstadt

Rattengift-Prozess: Angeklagter streitet Vorwürfe ab

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    Ein Landwirt steht in Ingolstadt vor Gericht, weil er seine Eltern und seine Freundin vergiftet haben soll.
    Ein Landwirt steht in Ingolstadt vor Gericht, weil er seine Eltern und seine Freundin vergiftet haben soll. Foto: Pixxite Media, dpa

    Ein schwerer Verdacht lastet auf dem Mann, der mit einem signalroten Hemd in den Gerichtssaal am Ingolstädter Landgericht kommt. Stimmt es, was Staatsanwältin Sandra von Dahl dem 53-Jährigen vorwirft, dann hat er in den vergangenen Jahren versucht, nicht nur seine Lebensgefährtin mit Rattengift zu töten, sondern auch seine Eltern. Alle drei überlebten, wenn auch schwer verletzt. Doch der Landwirt streitet alles ab. Wieso, lässt er über seine Verteidigerin Alexandra Gutmeyr fragen, hätte er seine Eltern, „welche ich über alles liebe“, töten sollen?

    Aber ein harmonisches Miteinander gab es in der Familie offenbar schon lange nicht mehr, wie die ersten Zeugen beim Prozessauftakt am Donnerstag schilderten. Vor allem gingen sich die beiden Kinder des 77 und 80 Jahre alten Ehepaars so gut wie möglich aus dem Weg. Auf der einen Seite ist da der Sohn. Er wohnt direkt im Haus neben dem der Eltern, den Hof in der 4800-Seelen-Gemeinde vor den Toren Ingolstadts hatten sie ihm vor Jahren überschrieben. Seit seiner Scheidung wohnten immer mal wieder Lebensgefährtinnen bei ihm. Trotz der räumlichen Nähe war der Kontakt zwischen Eltern und Sohn – zumindest in den vergangenen Jahren – wohl aufs Nötigste beschränkt. Eine Lebensgefährtin schilderte, dass sie erst nach einem Dreivierteljahr den Eltern offiziell vorgestellt worden sei. Auch danach blieb sie auf Distanz. „Ich habe noch nie eine Familie kennengelernt, die so geldgierig und neidisch aufeinander war“, sagte sie am Donnerstag als Zeugin.

    Auf der anderen Seite ist da die Tochter. Sie wohnt im selben Ort, von den Eltern hat sie einst ein Grundstück bekommen. Während die Tochter ihre Eltern regelmäßig besucht habe, habe sich ihr Kontakt zum Bruder seit vielen Jahren auf ein „Hallo“ und „Tschüss“ beschränkt, so schilderte es einer ihrer Söhne. Bei Feiern seien die beiden Teile der Familie stets getrennt gesessen. Einen offenen Streit hat es aber offenbar nie gegeben.

    Ende 2016 waren die Eltern, beide noch recht rüstig, dann krank geworden. Der Senior bekam plötzlich starkes Nasenbluten und wurde rund um Weihnachten 2016 in der Uniklinik Regensburg behandelt. Seine Frau behielten die Ärzte auch gleich dort, sie blutete aus den Mundwinkeln. Schon bald kam der Verdacht auf, dass Rattengift der Auslöser für ihre lebensgefährlichen Erkrankungen gewesen sein könnte. Doch wie sollten sie sich vergiftet haben? Sind die beiden womöglich mit auf dem Hof ausgelegten Ködern in Berührung gekommen? Wollten sie sich gar selbst umbringen, obwohl sie doch so lebensfroh waren? Die Tochter und ihre Familie stellten sich viele Fragen und schalteten dann doch die Polizei ein. Die Ermittler entdeckten schließlich zwei verdächtige Bestellungen des Angeklagten.

    Rattengift aus China

    Im Herbst zuvor hatte er sich Rattengift aus China liefern lassen. Hat er es seinen Eltern ins Essen oder in Getränke gemischt? Wollte er sie damit töten? Sich so sein Erbe sichern? Die Lieferung des Rattengifts bestritt der 53-Jährige vor Gericht nicht. Allerdings habe er es nur aus allgemeinem Interesse an Doping bestellt, so seine Version. Denn die betreffende Substanz werde angeblich in diesem Bereich eingesetzt. Kaum war das Gift geliefert, habe er es ausgepackt und sofort entsorgt. Jeder, der gewollt habe, hätte Zugriff auf die Mülltonnen gehabt, beteuerte er. Wieso also zum Beispiel nicht auch seine Schwester? Die, so lässt es der Angeklagte über seine Anwältin erklären, hätte jedenfalls allen Grund für einen Mord gehabt, für den der Bruder ins Gefängnis müsse. Immerhin wäre sie dann Alleinerbin geworden. Nur weil er einmal „eine Dummheit“ gemacht habe (Brandstiftung), sei er jetzt für alle „der perfekte Täter“. Bereits im Frühjahr 2015 hatte die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten schwere innere Blutungen erlitten. Offenbar ausgelöst durch Rattengift. Sie soll heute aussagen.

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