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Ingolstadt: Im Prozess um tödlichen Jagdausflug an Silvester fließen Tränen

Ingolstadt

Im Prozess um tödlichen Jagdausflug an Silvester fließen Tränen

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    Bei einem Unfall waren an Silvester 2013 zwei Jäger ums Leben gekommen, als ein Schiff kenterte. Jetzt steht ein 71-Jähriger vor Gericht.
    Bei einem Unfall waren an Silvester 2013 zwei Jäger ums Leben gekommen, als ein Schiff kenterte. Jetzt steht ein 71-Jähriger vor Gericht. Foto: Silke Federsel, dpa

    Ein Gutachter hat in erster Instanz am Amtsgericht Pfaffenhofen gesagt, das kleine Aluminiumboot hätte höchstens drei Erwachsene aufnehmen dürfen, keinesfalls aber fünf. Deshalb sei ganz klar Überladung die Ursache für den Unfall bei der Entenjagd am Silvestertag 2013. Bei dem Unglück auf einem Fischweiher des Teichgutes Einberg bei Geisenfeld (Landkreis

    Der Gutsherr, 71, sitzt nun in der Berufungsverhandlung am Landgericht Ingolstadt auf der Anklagebank, weil er die Jagd auf seinem Gelände veranstaltet und das Boot gestellt hat. Darin saßen drei Männer und zwei Frauen, darunter auch die Ehefrau, 55, des Angeklagten. Alles Jäger. Sie sollten auf schwimmende Plattformen im Wasser verteilt werden, um von dort aus Enten zu schießen.

    Zwei Jäger sterben bei Entenjagd an Silvester

    An Bord habe erst ausgelassene Stimmung geherrscht. Aber als das dünne Eis an den Bootswänden gescheuert habe, habe es ein bedrohliches Geräusch gegeben. „Da wurde es mir doch ein wenig unheimlich“, sagte eine 29 Jahre alte Jägerin aus Bergkirchen bei Dachau dem Gericht. Auch der Frau des Angeklagten sei mulmig geworden. Dann wird es makaber: Der 70-jährige Jäger aus Geisenfeld, der direkt vor ihr saß, habe sie ausgelacht und zum Spaß laut das Vaterunser gesprochen – Sekunden später sei das Boot über den Bug nach unten weggetaucht „und wir waren alle im Wasser“, schilderte die Zeugin.

    Der 70-Jährige ging unter, wurde etwa eine Viertelstunde später leblos aus dem Wasser gefischt und verstarb drei Tage später im Krankenhaus. Die Leiche des 33-Jährigen wurde drei Tage später von Tauchern geborgen. Neben den Frauen konnte sich der Bootsführer, 38, retten. Dieser Mann hat während der Beweisaufnahme in erster Instanz einen Strafbefehl über 100 Tagessätze doch noch akzeptiert.

    Der Eigentümer des Teichgutes ist sich nach wie vor keiner Schuld bewusst. Der Mann wurde in erster Instanz zu knapp 20.000 Euro (140 Tagessätze) Geldstrafe verurteilt. Wie schon beim Prozessauftakt erhob er auch gestern Vorwürfe: Ein Beamter der Wasserschutzpolizei Beilngries habe bei seinen Ermittlungen „alles unterlassen und nichts kontrolliert“, was die wahre Ursache hätte ans Tageslicht bringen können. Und der besagte Sachverständige des TÜV habe sein Gutachten „absichtlich bösartig“ gegen ihn formuliert, behauptet der Mann.

    Emotionen ganz anderer Art gab es im Zeugenstand. Da berichtete ein 62 Jahre alter Jäger von den dramatischen Rettungs- und Wiederbelebungsversuchen an dem 70-Jährigen, der auch sein Freund war. Der Zeuge kämpfte immer wieder mit den Tränen und rang um Fassung, als er die Szenen schilderte.

    Will der angeklagte Gutsherr die Schuld auf einen toten Jäger abwälzen?

    Von Weinkrämpfen geschüttelt wurde auch die Ehefrau des Angeklagten bei ihrem Auftritt im Zeugenstand. „Unser ganzes Leben ist anders! Wir schauen jeden Tag auf diese Unglücksstelle, aber wir müssen dortbleiben und können nicht weggehen“, erzählte sie. Der Unfall sei eine „wahnsinnige“ Belastung, „ich bin depressiv geworden“, sagte sie Richter Konrad Riedel.

    Der hatte viele Nachfragen. Unter anderem jene, wer zu dieser Jagd eingeladen habe. „Mein Mann und ich“, sagte die Zeugin. Der Angeklagte hatte am ersten Prozesstag behauptet, der ums Leben gekommene 70-jährige Jäger und „beste Freund“ habe die Organisation übernommen und sei auch für die Sicherheit zuständig gewesen. Oberstaatsanwalt Nicolas Kaczynski glaubt ihm kein Wort. Er wirft dem Gutsherren vor, alles auf seinen toten Freund abwälzen zu wollen.

    Die vermutlich alles entscheidende Frage in diesem Verfahren betrifft die Tauglichkeit des nach dem Unglück beschlagnahmten Bootes. Können fünf Erwachsene samt Waffen und Munition sicher damit durch dünnes Eis fahren? Diese Frage hat der Gutachter in erster Instanz bereits klar mit Nein beantwortet. Am Dienstag wird ein anderer Sachverständiger seine Einschätzung dazu abgeben.

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