"Ja", sagt der Angeklagte und nickt. Nur dieses eine, kleine Wort - ansonsten zeigt er keinerlei Regung. Dabei hat seine Anwältin vor dem Ingolstädter Schwurgericht gerade sein Geständnis vorgelesen. Das Geständnis, dass er vor einem Jahr der zwölfjährigen Franziska auf einem Fahrradweg auflauerte, dass er sie in seinem Auto vergewaltigte, dass er so lange auf ihren Kopf einschlug, bis das Kind tot war, und dass er ihre Leiche schließlich in einen Weiher warf.
"Ja", sagt der Angeklagte, als ihn der Richter am Mittwoch vor dem Ingolstädter Schwurgericht fragt, ob das stimmt. Kein Wort des Bedauerns oder der Reue - auch in der Erklärung der Verteidigung nicht. Kein Wort an Franziskas Familie.
Ab und zu dreht sich der von Kopf bis Fuß in schwarz gekleidete 27-Jährige zu seinen Verteidigern um und spricht mit ihnen - ansonsten sitzt er regungslos auf seinem Stuhl und starrt in gebeugter Haltung auf seine Hände. Sein Oberarm ist tätowiert.
Es sind grauenvolle Details, die der Angeklagte über die Erklärung seiner Verteidigung einräumt: Demnach sei er am 15. Februar 2014 mit seinem Auto ziellos durch die Gegend gefahren. Er habe am Skatepark Nassenfels geparkt und laute Musik gehört. Dabei seien ihm Franziska und ihre Freundinnen aufgefallen. Als die Mädchen das Gelände verließen, sei er hinterhergefahren und habe sie an einem Radweg abgepasst.
Franziska-Prozess: Angeklagter wollte Mädchen erdrosseln
Dort habe er gegen 17.30 Uhr Franziska aufgefordert, in sein Auto zu steigen, was sie auch gemacht habe. An einem Waldweg habe er angehalten und sexuelle Handlungen an dem Mädchen vollzogen - "ohne Gegenwehr, aber erkennbar ohne ihr Einverständnis", heißt es in der Erklärung. Zur Vertuschung dieser Tat "beschloss der Angeklagte sodann, die Geschädigte zu töten".
Der Mordfall Franziska
Der Fall Franziska begann im Februar 2014: Am Nachmittag des 16. Februar entdeckten Angler die Leiche eines Mädchens in einem Weiher bei Neuburg-Zell.
Bei dem Mädchen handelte es sich um die zwölfjährige Franziska aus Möckenlohe. Ihre Eltern hatten sie bereits am Tag zuvor vermisst gemeldet, weil sie von einem Ausflug mit Freundinnen nicht zurückgekehrt war.
Der mutmaßliche Täter war schnell ermittelt: Noch in der Nacht desselben Tages fasste die Neuburger Polizei den verdächtigen Stefan B. nach einer wilden Verfolgungsjagd.
Der damals 26 Jahre alte Stefan B. soll Franziska auf dem Nachhauseweg von Nassenfels auf dem Radweg abgefangen, sexuell missbraucht und mit einem Holzscheit erschlagen haben.
Bereits unmittelbar nach seiner Festnahme, als ihn die Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontierte, hatte Stefan B. ein Teilgeständnis abgelegt. Darin hat er grundsätzlich zugegeben, Franziska umgebracht zu haben.
Wie er das getan hat, wie der Ablauf der Ereignisse am Tattag im Einzelnen war, was sein Motiv war und wo er letztlich das Mädchen getötet hat – darüber schwieg sich Stefan B. seither beharrlich aus.
Der Prozess gegen Stefan B. sollte eigentlich im Januar 2015 beginnen. Doch bei einer Attacke eines Mithäftlings wurde der bis dahin in der JVA Kaisheim untergebrachte mutmaßliche Täter schwer verletzt. Er musste mit 17 Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Ab Februar 2015 wurde dann verhandelt. Die Anklage lautet - neben einer Reihe weiterer Straftaten - Mord.
Stefan B. soll 2013 eine 21-jährige Bekannte vergewaltigt haben und über soziale Netzwerke im Internet sexuelle Kontakte zu mehreren Mädchen unter 14 Jahren gesucht und gepflegt haben. Außerdem soll er sich im Januar 2014 an einem weiteren 13-jährigen Mädchen vergangen haben.
Stefan B. räumte am zweiten Verhandlungstag die Tat ein.
Das Urteil im Prozess soll nach 20 Verhandlungstagen Ende Mai verkündet werden.
Er habe zunächst versucht, das Kind mit seinem Gürtel zu erdrosseln. "Der Tod trat dadurch jedoch nicht ein." Darum habe der junge Mann sie mit dem Kopf auf ein verkohltes Holzstück gelegt und sie mit einem anderen Holzstück erschlagen. "Er verbrachte das tote Mädchen und die Holzstücke in den Weiher."
Diese Tat hatte schon im Vorfeld des Prozesses, in dem der Angeklagte sich auch noch wegen Vergewaltigung einer jungen Frau und Missbrauch eines weiteren Mädchens verantworten muss, unglaubliche Wut ausgelöst - nicht nur bei einem Zellengenossen, der den Angeklagten in der Untersuchungshaft niederstach, und bei einem Familienangehörigen, der ihn vor dem Prozess bedrohte.
Auch seine Verteidiger sahen sich "Anfeindungen" ausgesetzt, wie Anwalt Adam Ahmed zu Beginn der Verhandlung sagt. Das nimmt er zum Anlass, eine Erklärung zu verlesen. "Wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit von diesem, dem Verfahren zu Grunde liegenden Geschehen", sagt er und spricht Franziskas Familie sein Mitgefühl aus. Allerdings habe der Angeklagte einen "selbstverständlichen Anspruch" auf ein faires Verfahren. AZ/dpa