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Konzert in München: Ina Müller in der Olympiahalle: Warum eigentlich ist sie ein Star?

Konzert in München

Ina Müller in der Olympiahalle: Warum eigentlich ist sie ein Star?

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    Ina Müller füllt inzwischen große Hallen.
    Ina Müller füllt inzwischen große Hallen.

    Nach der Show: verlässt ein Paar Mitte 40 die Halle. Murrt er: „Die Musik – schon gut. Aber das Gerede zwischendrin …“ Sagt sie: „Das macht’s doch aus! Sonst könnt’ ich ja gleich zu Hause ’ne CD hören. Und verglichen mit ’nem Essen in einem etwas teureren Restaurant ist das doch viel besser. Da nimmt man viel mehr mit.“ Sagt er: erst mal nichts mehr; nickt nur nachdenklich.

    Vor der Show: ist die 46-Jährige aus der Nähe von Cuxhaven jedenfalls im Lauf der vergangenen fünf Jahre zu einer eigenen Marke im deutschen Unterhaltungsgeschäft geworden. Ihre Platten seit „Weiblich, ledig, 40“ erreichten mindestens Goldstatus, zuletzt stieg „Das wär dein Lied gewesen“ sogar bis auf Platz zwei der Hitparaden. Ihre Fernsehshow „Inas Nacht“ wurde mit Preisen überhäuft und schaffte es aus der Sparte beim NDR ins Samstagsprogramm der ARD. Müller moderiert große Fernsehabende (wohl doch nicht „Wetten, dass …?“, demnächst aber etwa die Echo-Verleihung), schreibt Bücher, führt in Filmen durch ihre norddeutsche Heimat; und auf ihren Touren werden die Hallen stetig größer, sodass die Bigbox in Kempten kürzlich restlos ausverkauft war und in München an diesem Freitag selbst die Olympiahalle mit gut 5000 Zuschauern bei vollständiger Bestuhlung sehr ordentlich gefüllt ist. Aus Ina Müller ist also ein Star geworden. Aber warum?

    Beziehungen und Sex, das Älterwerden und Sex

    Während der Show: rührt sie schwungvoll ihre inzwischen typische Mixtur an. Zu gefälligen Pop-Arrangements raunt und röhrt sie über, im großzügigen Raum dazwischen witzelt sie über: Beziehungen und Sex, das Älterwerden und Sex – und mischt noch ein bisschen Kulturpessimismus dazu, ach ja, die zwischenmenschliche Entfremdung durch iPhones und Facebook. Ihr Vortrag ist mitunter kokett – wenn sie sich etwa als Zeichen des Alterns nicht mehr selbst zum Singen aufs Klavier schwingt, sondern sich von einem Helfer wie ein Paket draufschieben lässt –, vor allem aber zotig. Alternde Männer sehen da aus, „als hätten sie eine Bombe verschluckt und unten hängt die Lunte raus“. Dass Kühe an Rinderwahn erkranken, wird verständlich, wenn sie bedenkt, „mir würde zweimal täglich an den Nippeln rumgespielt, aber ich würde nur einmal im Jahr gebumst“. Ja, es wird ziemlich frivol und sehr explizit mit Ina – und zumindest die Hälfte der Zuschauer jauchzt darüber reichlich vergnügt.

    Ist das das Rezept: eine Retourkutsche auf die Comedy eines Mario Barth, vermengt mit Songs wie von einer schnoddrigen Helene Fischer? Und: Ist es noch diesseits der Peinlichkeit, ein Reggae-Liedchen darüber, wo all die einfachen Männer hin seien („nicht ganz so helle, aber echt gut im Bett“), mit Bob Marleys tragischem „No woman, no cry“ zu kreuzen? Zeugt es nicht von Defizit, wenn der Party-Knüller des Abends ein Cover von Robbie Williams’ „Let me entertain you“ ist? Oder ist alles wurscht, solange alles leidlich frisch, sehr fröhlich und sehr Frau bleibt?

    Der intensivste Moment des Abends freilich hat davon nichts. Da besingt Ina Müller Trennungstrauer in „Fast drüber weg“. Und plötzlich wird sie greifbarer als bei all dem Offenbarungsgeplauder über ihren verhältnismäßig sehr jungen Freund oder dicker werdende Füße. Aber der darin aufscheinende Schmerz scheint zu ernst für einen ansonsten ach so leichtfüßigen Abend – und bleibt Ausrutscher. Am Schluss jedenfalls geht Ina Müller ab, im Bademantel, wie Udo Jürgens. Ein Witz.

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